Die Gefahr ist vorbei, die Herausforderung bleibt
Im Juni des vergangenen Jahres dürfte kaum jemandem klar gewesen sein, daß der Dotcom-Boom bereits wieder vorbei war. Das Internet schien zu diesem Zeitpunkt vielen neuen Wettbewerbern zu ermöglichen, in kurzer Zeit etablierten Unternehmen Marktanteile abzujagen. Diese Gefahr ist zwar vorerst gebannt. Die Herausforderung durch den beschleunigten technologischen Wandel bleibt für die Unternehmen der Old Economy jedoch bestehen. Gleichzeitig tun sich große, bürokratische Einheiten immer schwer, auf schnelle Veränderungen adäquat zu reagieren und die Möglichkeiten neuer Technologien zu erfassen und auszunutzen. Es fehlt ihnen häufig die Beweglichkeit, um ihre vorhandenen Stärken und Assets effektiv anzupassen und sich neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Starke Partner
Diesen Schwierigkeiten ihrer Kunden begegnen die Boston Consulting Group und Goldman Sachs immer wieder bei ihren weltweiten Aktivitäten. Mitte letzten Jahres erkannten sie in den Problemen der Kunden für sich selbst eine neue Geschäfts- und Investitionsmöglichkeit. Gemeinsam mit der bei IT-Investments führenden Risikokapitalgesellschaft General Atlantic Partners wurde iFormation mit einem Startkapital von 300 Mio. US-$ gegründet. Das Gemeinschaftsunternehmen kooperiert mit den weltweit größten Unternehmen (Global 2000), um auf Grundlage ihrer vorhandenen Stärken neue Geschäfte zu entwickeln. „Das nächste Kapitel der New Economy werden jene Konzerne schreiben, die ihre traditionellen Aktivitäten und Stärken erfolgreich mit den neuen Technologien und Geschäftskonzepten integrieren“, sagt Philipp Kobus, im Londoner Büro von iFormation für den deutschen Markt verantwortlich.
Das Kerngeschäft voranbringen
Der Focus von iFormation liegt im Kerngeschäft der Global 2000. Die Stärken der Unternehmen im Offline-Geschäft werden mit fundiertem Technologie-Know-how kombiniert, und die Partner bringen ihre globale Präsenz und umfangreiche Ressourcen zur Wertsteigerung des Gemeinschaftsunternehmens ein. iFormation sieht sich als operativer Partner, der alle Phasen der Entwicklung des neuen Geschäftsbereichs aktiv begleitet. „Durch deutliche Veränderung der Geschäftskonfiguration und den Zugang zu dem reichen Ressourcen-Netzwerk unserer Gründungspartner bringen wir diese Geschäfte auf einen ganz neuen Wachstumspfad“, erklärt Kobus die Geschäftsstrategie.
Umfassende Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit umfaßt unter anderem die Definition des Geschäftsmodells, die Herstellung wichtiger Geschäftsbeziehungen, die Rekrutierung des Personals und die laufende Unterstützung des Managements bei Strategie und Marketing. Nicht zuletzt aber stellen die Partner von iFormation einen erheblichen Teil des notwendigen Kapitals des Gemeinschaftsunternehmens zur Verfügung. Nach Aussage von David Pecaut, dem Präsidenten von iFormation, will man in den nächsten Jahren jährlich 500 bis 800 Mio. US-$ in fünf bis acht Beteiligungen investieren. Nach einem erfolgreichen Aufbau des Geschäfts dürfte ein Exit für die Investoren vor allem über eine Börseneinführung oder eine wieder vollständige Übernahme durch das Partnerunternehmen erfolgen.
Erstes Joint Venture mit First Data
Im vergangenen Oktober wurde gemeinsam mit First Data Corp., einem führenden Anbieter von Dienstleistungen im Zahlungsverkehr, eONE Global, das erste Joint Venture dieser Art gegründet. iFormation beteiligt sich mit 160 Mio. US-$ in bar, First Data bringt bestehendes Geschäft und Beteiligungen sowie einen Baranteil von 80 Mio. US-$ ein. Das neue Unternehmen soll innovative technologiegestützte Zahlungsverkehrssysteme entwickeln und besteht aus drei operativen Einheiten.
Elektronischer Zahlungsverkehr für Unternehmen und Behörden
GovONE Solutions bietet Systeme für den elektronischen Zahlungsverkehr zwischen Unternehmen und Steuerbehörden an. Bereits 2 Mio. Steuerzahler wickeln jährlich 36 Mio. Steuerzahlungen mit einem Volumen von rund 1 Bio. US-$ über die Tochter von First Data ab, die damit einen Umsatz von 75 Mio. US-$ und einen Vorsteuergewinn von 19 Mio. US-$ erzielt. Über SurePay sollen Unternehmen den Zahlungsverkehr ihrer Internetmarktplätze abwickeln. Den Kunden wird eine komplette Infrastruktur für Ge-schäfte über das Internet angeboten. Schließlich entwickelt eONE Global noch Zahlungstechnologien für den Handel über Mobilfunk.
Weitere Investments stehen bevor
Mit Site59 besteht bereits ein zweites Joint Venture. Partner von iFormation sind in diesem Fall führende Unternehmen der Reisebranche. Über weitere Partnerschaften steht man in konkreten Verhandlungen. Der Einstieg in den europäischen Markt soll noch in diesem Jahr erfolgen, bis zum Jahresende sollen ein bis zwei Transaktionen abgeschlossen sein. In naher Zukunft wird das Deutschlandgeschäft dann von einem eigenen Büro vor Ort betreut werden.
Fazit:
Risikokapitalgeber wie iFormation dürften am Anfang eines neuen Trends stehen. Weitere, ähnliche Gruppen sind bereits entstanden, beispielsweise eVolution, ein Gemeinschaftsunternehmen von Bain, Kleiner Perkins und Texas Pacific, das sich allerdings mehr auf die Frühphasenfinanzierung konzentriert. Für die neuen Kapitalgeber ergeben sich aus der Zusammenarbeit mit der Großindustrie vielfältige Geschäftsmöglichleiten und attraktive Renditechancen. Aber auch für die Partnerunternehmen aus der Großindustrie ist der Nutzen offensichtlich. Sie können das umfangreiche Know-how der iFormation-Partner nutzen und in einer separaten Einheit neue Geschäfte aufbauen. So können sie das Risiko eines neuen Geschäftsfeldes besser managen und gleichzeitig den Focus auf ihrem Kerngeschäft beibehalten.
Erfolgsfaktoren von iFormation:
Partnerschaft mit Großunternehmen
Umfangreiches Netzwerk der Partner
Konzentration auf wenige, große Investments