Belastbare Daten liegen nicht vor
Anfang 2006 hat BAND folgende Näherungswerte, die auf Umfragen bei den Netzwerken und den bei BAND gelisteten Business Angels basieren, genannt: „Es gibt in Deutschland etwa 1.000 in Netzwerken organisierte Business Angels, diese halten ein Beteiligungsportfolio von 4,4 Beteiligungen mit einer Durchschnittsinvestition von 100.000 Euro pro Deal. Geht man von durchschnittlich einer Beteiligung pro Jahr aus, so ergibt das eine Jahresinvestitionssumme von 100 Mio. Euro.“ Das wäre, verglichen mit den Volumina für Seed-Finanzierungen durch VC-Gesellschaften, die der BVK in seinen Jahresstatistiken für 2004 und 2005 ausgewiesen hat – 22 und 6,6 Mio. Euro – eine gewaltige Summe.
Dennoch macht BAND-Vorstand Dr. Ute Günther kein Hehl daraus, dass auch ihr keine konkreten Daten darüber vorliegen, wie viele Business Angels in Deutschland aktiv sind und wie hoch die investierten Summen sind: „Die in den bekannten Netzwerken gelisteten Business Angels stellen nur die Spitze des Eisberges dar. Wir haben gelernt, dass Business Angels ganz unterschiedlich agieren: Es gibt den Typus, der zwar in keinem Netzwerk organisiert ist, aber doch gelegentliche informelle Kontakte schätzt, vor allem um durch Syndizierungen sein Risiko zu minimieren. Ein weiterer Typus nutzt ausschließlich sein privates Netzwerk, um seiner Investitionstätigkeit nachzugehen. Der letzte Typus schließlich arbeitet komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“ Um Licht in dieses Dunkel zu bringen, strebt BAND für das kommende Jahr die Durchführung einer wissenschaftlichen Untersuchung des Themas an, an deren Finanzierung derzeit gearbeitet wird.
Trendbarometer zeigt Aufwärtstrend
Mit dem Business Angels Panel, das seit 2002 auf Initiative von BAND, den „VDI nachrichten“, der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung Vallendar vierteljährlich durchgeführt wird, verfügt die Branche aber zumindest über ein Trendbarometer – auch wenn dessen Aussagen nicht als repräsentativ im Sinne statistischer Erhebungen gelten können. Die Daten werden durch Befragung eines Kreises von mehr als 40 erfahrenen Business Angels erhoben, bei deren Auswahl auf regionale Ausgewogenheit geachtet wird. Die jüngste Erhebung zum dritten Quartal 2006 spiegelt eine sehr positive Grundstimmung der Business Angels in Deutschland wider: Die Geschäftslage wird so gut wie noch nie in der Geschichte des Panels eingestuft. Auch die Einschätzung der Geschäftsaussichten bewegt sich im Bereich der besten bisher genannten Bewertungen (siehe unten stehende Grafik).
Der Vergleich der Exit-Bilanzen von 2005 und der ersten drei Quartale in diesem Jahr zeigt ebenfalls eine steigende Tendenz: Während im Gesamtjahr 2005 den 18 erfolgreichen Verkäufen noch zehn Abschreibungen gegenüberstanden, kam es in diesem Jahr bereits zu 28 erfolgreichen Veräußerungen bei lediglich drei Abschreibungen (siehe oben stehende Grafik). Als besonders positiv hebt Ute Günther nicht nur die sechs Börsengänge hervor, an denen die Teilnehmer des Panels in diesem Jahr beteiligt waren, sondern auch die drei Verkäufe an Finanzinvestoren: „Das ist ein ermutigendes Signal, denn bisher gab es kaum Verkäufe an Venture Capital-Gesellschaften, da diese die Unternehmensbewertungen der Business Angels für zu hoch hielten. Hier scheint sich eine Änderung anzubahnen.“
Der Deutsche Business Angels Tag 2006
Am 13. November war es wieder so weit: Die deutsche Business Angels-Szene traf sich zum Business Angels Tag, der in diesem Jahr in Wolfsburg stattfand. Rund 400 Teilnehmer und 80 Aussteller bevölkerten den MobileLifeCampus, eine Bilanz, die sich sehen lassen kann: Als die Veranstaltung 2001 das erste Mal durchgeführt wurde, zählte das ausrichtende Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. (BAND) gerade einmal 100 Teilnehmer und 20 Aussteller. Diese positive Entwicklung wird auch dadurch unterstrichen, dass sich erstmals mehr als 100 junge Unternehmen für einen der zwölf Präsentationsplätze auf der netzwerkübergreifenden Matching-Veranstaltung im Rahmen des Business Angels Tages beworben hatten. Zur guten Stimmung trugen auch die gerade veröffentlichten Ergebnisse des Business Angels Panels zum dritten Quartal 2006 bei, die eine stark verbesserte Exitbilanz und eine sehr positive Bewertung der Geschäftslage ergeben hatten.
Dennoch war nicht alles eitel Sonnenschein: So trübe, wie das Wetter am 13. November war, sind die Aussichten, die die von der Bundesregierung geplante Unternehmensteuerreform für Business Angels mit sich bringt. Darauf wies BAND-Vorstand Dr. Roland Kirchhof hin: Während Privatinvestoren bisher bei einer Veräußerung ihrer Unternehmensanteile nach dem Halbeinkünfteverfahren besteuert wurden (Hälfte des Einkommenssteuersatzes von maximal 42% plus Solidaritätszuschlag), müssen sie zukünftig mit einer Abgeltungssteuer in Höhe von 25% des Verkaufserlöses plus Solidaritätszuschlag rechnen. Anders als in vergleichbaren europäischen Ländern, in denen Veräußerungsgewinne ganz oder teilweise steuerfrei sind, werde die volkswirtschaftliche Bedeutung des Engagements von Business Angels in Deutschland nicht ausreichend gewürdigt, so Kirchhof weiter. Die Wesentlichkeitsgrenze für Veräußerungsgewinne sei von 25% auf 10% und 2001 schließlich auf 1% des Unternehmenswertes gesunken – hier hätte man sich nach dem Wortlaut der Koalitionsvereinbarung vor einem Jahr zumindest eine Rückkehr zur 10%-Marke bei der Steuerfreigrenze erhofft.
Von diesen trüben Aussichten ließ sich aber zumindest ein Business Angel an diesem Tag die gute Laune nicht verderben: Eckard Wohlgehagen, Mitglied im „Business Angel Netzwerk Süd Ost Niedersachsen“ (BANSON e.V.), wurde auf Vorschlag von sechs Unternehmen, an denen er sich mit Kapital und Know-how beteiligt hat, als „Business Angel des Jahres“ mit der „Goldenen Nase 2006“ ausgezeichnet. Der nächste Deutsche Business Angels Tag wird am 8. Oktober 2007 in Halle im Bundesland Sachsen-Anhalt stattfinden.
Bernd Luxa