BEG ist Hauptaktionärin
Ventegis Capital ging 2001 – das Platzen der Börsenblase beschäftigte noch den deutschen Kapitalmarkt – aus der Verschmelzung der Berliner Effektenbeteiligungsgesellschaft AG mit der (seit 1996 börsennotierten) Cybermind AG hervor. Beide Gesellschaften waren bereits im Bereich Private Equity/Venture Capital tätig. Ventegis-Hauptaktionärin mit 94% der Anteile (Rest: Streubesitz) ist die ebenfalls börsennotierte Berliner Effektengesellschaft AG (BEG), die damals Muttergesellschaft der Berliner Effektenbeteiligungsgesellschaft, der Berliner Freiverkehr AG (heute: Tradegate AG) und der Berliner Effektenbank AG (heute: Quirin Bank AG) war.
Diese Herkunft und Verknüpfungen spiegeln sich bis heute in den beteiligten Personen wider. Vor seinem Wechsel an die Spitze von Ventegis im Mai 2001 war Karsten Haesen, heutiger Alleinvorstand der Gesellschaft, Projektleiter Corporate Finance bei der Berliner Effektenbank. Vorstandssprecher der BEG ist Holger Timm, zugleich auch bei Tradegate im Vorstand. Im Ventegis-Aufsichtsrat sitzt Klaus Gerd Kleversaat, zugleich Vorstand der Quirin Bank. Den Aufsichtsratsvorsitz bei Ventegis hat Prof. Dr. Jörg Franke inne, der die gleiche Position auch bei der BEG bekleidet. Franke ist vielen noch bekannt durch seine frühere Funktion an der Spitze der Deutschen Terminbörse.
Fokus auf Renditepotenziale
Ventegis selbst hat zwei Standbeine: das eigentliche Finanzierungs- und Beteiligungsgeschäft sowie das Beratungsgeschäft. In ersterem fungiert die Gesellschaft sowohl als Lead- als auch als Co-Investor. Dabei bevorzugt Ventegis Konsortien, die aus renditeorientierten und strategischen Investoren bestehen. In erster Linie schaut Ventegis bei der Suche nach Beteiligungsmöglichkeiten auf das Renditepotenzial der Investments. Frühphasenfinanzierungen (Early Stage) bilden den Schwerpunkt, Finanzierungen in der Gründungs- und der Expansionsphase sind ebenfalls möglich. Geografischer Schwerpunkt ist Deutschland.
Lukrative Nische „Beratung“
Daneben werden im Geschäftsfeld „Financial Advisory“ Beratungsleistungen rund um das Thema „Wertpapier“ angeboten – z. B. im Zusammenhang mit Listings im Börsen-Freiverkehr, Private Placements, strukturierten Finanzierungen etc. „Das ist eine Nische, die sehr gute Zukunftsaussichten bietet“, betont Vorstand Karsten Haesen. „Wir haben viele Anfragen.“ Nachdem 2006 in diesem Geschäftsfeld rund 400.000 Euro umgesetzt wurden, war es in den ersten fünf Monaten 2007 bereits ca. eine Mio. Euro. Im vergangenen Jahr wurde beispielsweise das Listing der Luxemburger Modelagentur Elite am Frankfurter Entry Standard „eingefädelt“. „Unsere Klientel sind hier in erster Linie ausländische Firmen, denen eine Notierung an der US-Börse zu kostspielig ist und die, soweit sie auch in Mitteleuropa tätig sind, eine Erstnotiz in Frankfurt in Erwägung ziehen“, sagt Haesen.
Vorsprung mit innovativen Technologien
Bei seinen eigenen Beteiligungen achtet Ventegis insbesondere auf die Qualität des Managements sowie das Unternehmenskonzept, das eine Technologieführerschaft beinhalten sollte. Zudem sollte das Produkt oder die Dienstleistung einen klaren Kundennutzen erkennen und der jeweilige Markt ein überdurchschnittliches Wachstum erwarten lassen. Der Investmentprozess von der Vorprüfung über die Due Diligence bis zum Closing dauert in der Regel drei bis sechs Monate. „Unsere Branchenschwerpunkte sind Informations- und Kommunikationstechnologie, industrielle Technologien sowie Life Science“, erklärt Haesen.
Momentan hat Ventegis sieben Beteiligungen im Portfolio. Für die Sulfurcell GmbH wurde im Februar 2007 eine dritte Finanzierungsrunde abgeschlossen; eine vierte in der Größenordnung von 140 Mio. Euro ist noch für dieses Jahr geplant. Für einen Teil davon will Haesen mit externen Investoren einen „Single Investment Fund“ auflegen. Für den seit 2002 im Portfolio befindlichen Solarzellenhersteller, an dem Ventegis mit 9,2% beteiligt ist, sieht er eine glänzende Zukunft.
Medizintechnik ist gefragt
Ein weiteres bemerkenswertes Investment ist die CAS innovations AG in Erlangen, einem der Zentren der Medizintechnik in Deutschland. CAS ist spezialisiert auf computerunterstützte Chirurgie und interventionelle Radiologie. Während die Beteiligungshöhe bei allen anderen Investments unter 20% liegt, hält Ventegis hier 27,5%. „Wir sind hier besonders zuversichtlich, dass der Wert des Unternehmens deutlich steigen wird“, sagt Haesen. „Überhaupt sind wir für die Medizintechnik in Deutschland sehr positiv gestimmt und suchen nach weiteren Beteiligungen.“ Mit der Vita 34 International AG, Leipzig, die Nabelschnurblut zu späteren Therapiezwecken einlagert, ist Ventegis ebenfalls schon im Bereich Life Science engagiert.
Bei der Nanda Technologies GmbH (Ventegis-Anteil 11,0% avisiert) handelt es sich um eine im Dezember 2006 vereinbarte Seed-Finanzierung. Zum Investoren-Konsortium gehören der High-Tech Gründerfonds und der Seedfonds Bayern.
Exit-Szenario wird frühzeitig fixiert
Die durchschnittliche Haltezeit einer Beteiligung liegt bei ca. fünf Jahren. Bereits zu Beginn – also bei Vertragsabschluss – wird gemeinsam mit dem Management des jeweiligen Unternehmens das Exit-Szenario fixiert. Pro Jahr sind in der Regel ein Exit sowie ein bis zwei Neuinvestments geplant, so dass das Portfolio in den nächsten Jahren auf ca. zwölf bis 13 Unternehmen wachsen dürfte. Haesen: „Wir wollen jährlich rund 2 Mio. Euro investieren.“ Die Investitionssumme je Beteiligung soll sich zwischen 0,5 und 1,5 Mio. Euro bewegen.
Dass Beteiligungen in der Regel unter 20% angestrebt werden, hat einen einfachen Grund: Die Ventegis-Mutter BEG bilanziert nach IFRS, d. h. bei Beteiligungen über 20% würde sich der – in den Anfangsphasen der Unternehmen meist negative – Ergebnisbeitrag in der BEG-Bilanz niederschlagen.
Mit seinem Team – dazu gehören drei weitere Investmentspezialisten – berät Haesen die Portfoliounternehmen beispielsweise bei gesellschaftsrechtlichen Fragen. „Wir begleiten die Firmen sehr intensiv.“ Dazu zählen die Unterstützung in der Gründungsphase ebenso wie später bei der Strukturierung von Anschlussfinanzierungen oder der Durchführung von Exits.
Fazit:
Ventegis fährt als kleiner Spieler im deutschen Venture Capital-Markt eine klar fokussierte Strategie mit Minderheitsbeteiligungen und zusätzlichem Beratungsgeschäft. Investments in den Bereichen Life Science und Solartechnik bieten gute Perspektiven. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die börsennotierte Beteiligungsgesellschaft ihr Portfolio gut abrunden und ertragreiche Exits vollziehen kann.
Bernd Frank