Lone Star Funds: Globaler Schnäppchenjäger

Ein Geierfonds für drei Kontinente
Der US-Investor Lone Star Funds gehört zu den Großen der Private Equity-Branche: Eigenen Angaben zufolge konnten die Lone Star-Manager seit der Gründung 1995 rund 23 Mrd. USD an Kapital auftreiben. Die Mittel stammen von Pensionsfonds, Universitäten, Stiftungen, Banken sowie Family Offices und werden global investiert – in Nordamerika, Europa und Asien. Diesem Ansatz tragen auch Menge und Verteilung der Niederlassungen Rechnung. Neben dem Hauptsitz der Gesellschaft im texanischen Dallas werden Büros in Brüssel, Dublin, Frankfurt, London und Luxemburg sowie in Seoul, Taipeh und Tokio geführt. Regionale Unterschiede in der Investmentstrategie gibt es nicht: Auf allen Kontinenten stehen bevorzugt notleidende Kredite, in Schieflage geratene Firmen oder Immobilienwerte auf der Einkaufsliste. In Asien übernahm Lone Star beispielsweise die Tokyo Star Bank (2001) und die Korea Exchange Bank (2003), in den USA u. a. die Supermarktkette Bruno’s (2004) und ein Bündel festverzinslicher Wertpapiere von Merrill Lynch (Sommer 2008). Für dieses Paket an Collateralised Debt Obligations (CDOs) mit einem Nominalbetrag von 30,6 Mrd. USD zahlten die Texaner 22 Cent je Dollar Nennwert – insgesamt 6,7 Mrd. USD.

Am Anfang zwei Flops
Bis 2002 war Lone Star hierzulande nur Branchenkennern ein Begriff, mit der Abgabe eines Gebots für die Bankgesellschaft Berlin rückten die Texaner in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit. Der Berliner Senat blies den Veräußerungsprozess damals jedoch ab – die Gebote waren zu niedrig. Im Jahr 2004 bemühte sich die Fondsgesellschaft vergeblich, der WestLB ihren 31%-Anteil am Touristikkonzern TUI abzukaufen. Ein Jahr später aber übernahm Lone Star von der NordLB die Mitteleuropäische Handelsbank und verschaffte sich als erster US-Finanzinvestor eine Banklizenz in Deutschland. Ebenfalls im Jahr 2005 kaufte Lone Star der Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften die Allgemeine Hypothekenbank Rheinboden (AHBR) ab. Diese hatte sich mit Zinsgeschäften verhoben und stand kurz vor der Pleite. Die neuen Herren entließen fast 200 Mitarbeiter, strukturierten die Bank um und richteten sie neu aus. Unter dem heutigen Namen Corealcredit hat sich die AHBR als Spezialbank für gewerbliche Immobilienfinanzierung positioniert und schreibt Gewinne. Im Frühjahr 2008 verkaufte die Deutsche Post ein Paket aus rund 1.300 überwiegend deutschen Immobilien für eine Mrd. Euro an den US-Investor. Ins grelle Licht der Öffentlichkeit gerieten aber zwei andere Investments.

Ruppiges Vorgehen
Die Hypo Real Estate hatte 2004 ein Portfolio aus überwiegend notleidenden Krediten im Nennwert von 3,6 Mrd. Euro mit einem Preisabschlag an Lone Star veräußert. Dieses Paket bestand ursprünglich aus 4.200 Immobiliendarlehen mit 1.700 Kunden. In dem gemeinsamen Beitrag „Die Story: Und plötzlich ist das Haus weg“ berichteten WDR und SWR über diesen Deal und die Folgen, auch andere Massenmedien griffen den Fall auf. Lone Star wurde u. a. vorgeworfen, neben notleidenden auch gesunde Kredite fällig zu stellen. Die Betroffenen mussten entweder ungünstigere Konditionen akzeptieren oder den Kredit sofort zurückzahlen. Sei dies nicht möglich gewesen, habe Lone Star schon nach kurzer Zeit Vollstreckungsmaßnahmen wie eine Zwangsversteigerung beantragt, berichteten die TV-Sender. Ein großes Medienecho zog auch die Geschichte einer Fahrradfabrik in Thüringen auf sich: Ende 2005 hat Lone Star die Biria AG übernommen und wollte im Sommer 2007 deren Tochtergesellschaft Bike-Systems in Nordhausen schließen, weil das Werk nicht rentabel sei. Aufträge und Material wurden an den Konkurrenten MiFa AG veräußert. Daraufhin besetzten die Mitarbeiter das Werk und organisierten eine Kampagne gegen die Schließung und für die Produktion eines „Strike Bike“. Genützt hat die Aktion indes wenig, im November 2007 wurden die Produktionsanlagen des Fahrradwerkes nach Ungarn verkauft.

Vernetzt: der Deutschland-Chef
Zumindest optisch steht das hiesige Führungspersonal ganz im Gegensatz zu diesem rabiaten Vorgehen. Deutschland-Chef Karsten von Köller, der stramm auf den 70. Geburtstag zugeht, tritt mit strengem Scheitel, vornehm in feinem Zwirn und mit zurückhaltendem Lächeln auf. „Er ist der Typ des klassischen, konservativen Bankers. Die BaFin kennt ihn, der Verband kennt ihn, er ist glaubwürdig“, zitierte die Financial Times Deutschland einen Banker, der häufiger mit von Köller zusammengearbeitet habe. Seinem US-Arbeitgeber nutzt von Köller besonders aufgrund seiner Vita. Der promovierte Jurist gilt als bestens verdrahtet in der heimischen Bankenszene – er saß fast 20 Jahre lang in Vorständen verschiedener Immobilienbanken. Am Anfang bei der Commerzbank-Tochter Rheinhyp, zum Schluss als Chef bei Europas größtem Immobilienfinanzierer Eurohypo, wo er Ende 2003 ausschied. Dem Verband Deutscher Hypothekenbanken stand er etliche Jahre als Präsident vor. Im Anschluss an seine Zeit bei Eurohypo stieg er bei Lone Star ein, um das Deutschland-Geschäft aufzubauen.

Die Geschichte der IKB
In der jüngeren Vergangenheit machte der US-Investor hierzulande durch die Übernahme der krisengeschüttelten Mittelstandsbank IKB von sich reden. Ursprünglich wollte der Mehrheitseigner, die KfW-Bankengruppe, 800 Mio. Euro erlösen – am Ende einigten sich beide Seiten auf einen „niedrigen dreistelligen Millionenbetrag“ der zwischen 100 und 115 Mio. Euro liegen soll. Obwohl die Staatsbank das Düsseldorfer Institut schon mit rund neun Mrd. Euro gestützt hatte, verpflichtete sie sich, weitere Risiken in Höhe von 1,3 Mrd. Euro zu übernehmen. Verschiedenen Berichten zufolge will Lone Star weiteres Eigenkapital in die IKB einbringen, um das Institut wieder am Markt zu etablieren. „Ich denke, dass wir noch zwei volle Jahre brauchen werden, dann sollte das Geschäft wieder in der Gewinnzone sein“, sagte Lone Star-Geschäftsführer von Köller gegenüber dem Handelsblatt. Zu den Maßnahmen, die das Institut wieder auf Kurs bringen sollen, gehören u. a. der Austausch der Führungsriege, die Klage gegen frühere Vorstände auf Rückzahlung ihrer Tantiemen sowie die Reduktion des Neugeschäfts.

Fazit:
Die US-Private Equity-Gesellschaft Lone Star Funds hat für sich eine lukrative Nische entdeckt: notleidende Kredite und krisengeschüttelte Unternehmen. Da sich deren Eigentümer häufig zu fast jedem Preis von dem „Giftmüll“ in ihren Bilanzen trennen wollen, ergeben sich oftmals günstige Einstiegspreise. Für ihre Kapitalgeber scheinen die Lone Star-Manager gute Renditen erwirtschaftet zu haben: Die beiden jüngsten Fonds brachten es zusammen auf rund 10 Mrd. USD. In der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise sollten sich mit diesem Geld attraktive Schnäppchen erwerben lassen.

Torsten Paßmann

Steckbrief Lone Star Funds
Standorte: Brüssel, Dallas, Dublin, Frankfurt, Hamilton, London, Luxemburg, Seoul, Taipeh, Tokio
Gründungsjahr: 1995
Region: Asien, Europa, Nordamerika
Investitionsschwerpunkte: notleidende Kredite, Firmen und Immobilienwerte
Bisherige Fonds: Brazos, Lone Star Opportunity, Lone Star II, III, IV und V

Infokasten: Auffälliges Missverhältnis
Während viele Investments von Lone Star kritisch von der Medienöffentlichkeit beäugt werden, wird die eigene Medienarbeit als überflüssiges Übel angesehen. Die verantwortliche internationale PR-Agentur schmettert regelmäßig Interviewanfragen ab, auch für dieses Portrait wollte sich Lone Star auf Anfrage nicht äußern. Ein paar spärliche Informationen werden auf der Website aber doch preisgegeben: So konnte etwa der Fonds Lone Star IV „über 4,2 Mrd. USD von rund 45 Investoren“ einsammeln und „über 500.000 Assets in rund 160 Transaktionen“ erwerben. Auf der Einkaufsliste standen Schuldurkunden, Unternehmen und Immobilien. Weitere Details: Fehlanzeige.