Bekannt ist die Marke Tengelmann vor allem als international tätiger Handelskonzern, zu dem u.a. der Baumarkt OBI, der Discounter KiK und die Supermarktketten Kaiser’s und Tengelmann gehören. Mit dem Start des Onlineshops plus.de im Jahr 2001 machte der Konzern die ersten Schritte in Richtung E-Commerce. Seit 2009 entwickelt sich die Tengelmann-Gruppe mit Hauptsitz in Mülheim an der Ruhr durch Investments in bereits existierende E-Business-Unternehmen endgültig zum E-Commerce-Pionier unter den großen Einzelhandelsketten.
E-Commerce unverzichtbar für die Zukunft
Der Impuls zur Gründung einer spezialisierten Beteiligungsgesellschaft ging vom geschäftsführenden Gesellschafter der Tengelmann-Gruppe Karl-Erivan W. Haub aus. Haub erkannte frühzeitig die signifikante Bedeutung, die E-Commerce für das Konsumverhalten der Menschen hat – mit Folgen vor allem für den stationären Handel, der seit mehr als 140 Jahren das Kerngeschäft der Tengelmann-Gruppe darstellt. Daher gründete er 2001 den Onlineshop plus.de, damals noch als Online-Vertriebskanal des stationären Lebensmitteldiscounters Plus. Mit der Gründung der Tengelmann E-Commerce GmbH als 100%ige Tochter des Konzerns erfolgte 2009 die konsequente Weiterentwicklung dieses Geschäftsmodells. Die Tochtergesellschaft bündelt alle Geschäftsfelder rund um das Thema E-Commerce, dazu zählen neben der Plus Online GmbH (plus.de) die Tengelmann E-Commerce Beteiligungs GmbH sowie die Tengelmann New Media GmbH, die auch als Dienstleister für die operativen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften tätig ist. Auf der Website wird diese Spannbreite mit den Geschäftsfeldern Full Service E-Commerce-Dienstleistungen, Venture Capital und Beteiligungen sowie Think Tank und Inkubator für die Tengelmann-Gruppe beschrieben.
Start-ups profitieren von Konzernstrukturen
Neben Know-how in den Bereichen Finanzierung und Management bietet Tengelmann den Portfoliounternehmen auch umfangreiche Infrastrukturservices. Grundsätzlich verfolgt das Team um Christian Winter, Geschäftsführer der Tengelmann E-Commerce Beteiligungs GmbH, die Philosophie, dass jede Beteiligung selbst für ihr eigenes Geschäft verantwortlich ist. „Da wir aber neben Tengelmann New Media auch über Strukturen eines Großunternehmens verfügen, bestehen zahlreiche Optionen, die unsere Beteiligungen bei Bedarf nutzen können – z.B. unsere Rahmenverträge, zahlreiche Shared Services, großes E-Commerce Know-how und exzellente Hausjuristen“, zählt Winter einige wichtige Merkmale auf, die sich die Start-ups beim Ausbau ihrer Marktpositionen in Deutschland und Europa zunutze machen können.
„Funding your ideas“
„Passend zu unserem Leitsatz ‚Funding your ideas‘ beteiligen wir uns an schnell wachsenden jungen Unternehmen, unser Investitionsfokus liegt auf E-Commerce- und Social Commerce-Konzepten, Marktplätzen sowie Internet- und Web Enabling-Technologien“, erklärt Winter. Die Beteiligungsgesellschaft sieht sich primär als Wachstumsfinanzierer für Start-ups, die die ersten Hürden bereits erfolgreich genommen haben. Auch Investments im Later Stage-Bereich seien möglich, wohingegen Secondary Deals nicht zum Fokus der Investitionsstrategie gehörten. Winter: „Denkbar sind demnächst auch Engagements im Seed-Bereich, um frühzeitig interessante Geschäftsmodelle zu begleiten.“
Beteiligungsstrategie
Die Anforderungen von Tengelmann an potenzielle Beteiligungen seien unterschiedlich und unter anderem abhängig von der Geschäftsidee und dem Businessplan, erklärt Winter. „Wichtig ist, dass das Gründerteam zu uns passt und über operative Exzellenz verfügt, um die gemeinsam verabschiedeten Planungen zu erreichen. Wir beteiligen uns an Unternehmen, deren Entwicklungsmöglichkeiten wir als sehr interessant einstufen, mit einem möglichst hohen Anteil“, so Winter. Die bisherigen Investments von Tengelmann E-Commerce liegen nach veröffentlichten Angaben je nach Unternehmen zwischen 10 und 49,9%. Generell limitiert sich Tengelmann E-Commerce dabei nicht auf bestimmte Regionen oder Länder. „Die Unternehmensgruppe ist schon seit Langem international geprägt und derzeit in 15 Ländern aktiv. Aufgrund der jahrelangen Erfahrungen können wir unseren Beteiligungen im Rahmen ihrer Expansionspläne bei Bedarf auch mit Rat und Tat zur Seite stehen“, ist sich Winter sicher. Gerne investiere man als Lead- oder als Co-Investor aber auch zusammen mit anderen. „Voraussetzung ist jedoch, dass die jeweiligen Partner zu uns passen“, so Winter. Eine Mehrheitsposition gehe man vor allem dann ein, wenn ein dauerhaftes Engagement bei einem Unternehmen angestrebt wird. Ziel sei es, gibt Winter bekannt, auch im Jahr 2011 bis zu zehn neue Investments zu tätigen: „Schon heute sind wir einer der aktivsten Player in diesem Bereich, und diese Position wollen wir auch mittelfristig ausbauen.“ Spannend bleibt abzuwarten, wann der „E-Commerce-Inkubator“ von Tengelmann selbst die ersten Ausgründungen generiert.
Lukrative Beteiligungen
Seit ihrer Gründung ist die Beteiligungsgesellschaft von Tengelmann bereits neun Investments eingegangen. Besonders erfolgreich war dabei die Beteiligung an brands4friends. Der Shopping-Club wurde kürzlich für rund 150 Mio. EUR an eBay verkauft. Im Zuge der Akquisition übernahm eBay ebenfalls eine Minderheitsbeteiligung an brands4friends Japan, an der sich Tengelmann im Rahmen der letzten Wachstumsfinanzierung direkt beteiligt hatte und an der auch weiterhin einige Gesellschaftsanteile gehalten werden. Brands4friends Japan ist die bisher einzige Beteiligung von Tengelmann im Ausland, dies wird aber bestimmt nicht so bleiben, weiß Winter: „Einige unserer Beteiligungen wie zalando.de oder youtailor.de sind bereits in mehreren europäischen Ländern mit großem Erfolg vertreten.“
Kein „klassischer“ VC
Die Tengelmann E-Commerce Beteiligungs GmbH unterscheide sich von anderen Investoren dadurch, dass sie nicht fondsfinanziert ist, unterstreicht Winter: „Wir haben mit unserem Exit bei brands4friends gezeigt, dass wir sehr schnell und flexibel sind, wenn es darum geht, eine Beteiligung zu verkaufen, schließlich waren wir weniger als ein Jahr engagiert. Wir prüfen mögliche Exits genauso sorgfältig wie unsere Mitinvestoren und wie es jeder andere Venture Capitalist auch tun würde. Im Gegensatz zu fondsfinanzierten Gesellschaften müssen wir aber nicht einfach irgendwann zu irgendeinem Preis verkaufen, um unseren Fonds zurückzuzahlen, sondern können unsere Anteile bei interessanten Beteiligungen sogar aufstocken. Unser Anlagehorizont ist daher flexibler.“ Das für die Investments zur Verfügung stehende Gesamtbudget wird dabei von den Gesellschaftern der E-Commerce Beteiligungs GmbH jeweils im Rahmen der Jahresplanung vorab festgelegt.
Fazit:
Wenn ein Start-up aus dem Bereich E-Commerce alle Hürden genommen hat und in das Portfolio der Tengelmann E-Commerce Beteiligungs GmbH aufgenommen wurde, führt der Konzernhintergrund der Gesellschaft zu zwei wesentlichen Vorteilen. Einerseits ist ein Zugriff auf die Ressourcen des renommierten Handelsunternehmens Tengelmann möglich, andererseits besteht keine zeitliche Limitierung für ein Engagement. Der vor Kurzem erfolgte Verkauf von brands4Friends an eBay hat dabei aber auch aufgezeigt, dass trotz der Anbindung an einen Konzern so schnell gedacht und gehandelt wird wie bei unabhängigen Venture Capital-Gesellschaften.
Max Eckhard
redaktion (at) vc-magazin.de
Kurzprofil Tengelmann E-Commerce Beteiligungs GmbH
Typ: Venture Capital-Gesellschaft
Standort: Mülheim an der Ruhr
Gründung: 2009
Zahl der Investment Professionals: 4
Verwaltetes Kapital: k.A.
www.e-tengelmann.de
Portfoliounternehmen (Stand 31.12.2010)
Unternehmen // Standort // Branche
Baby-Markt.de // Dortmund // Baby und Kleinkind
Bigfoot // Berlin // Fashion
brands4friends // Berlin // Fashion
brands4friends Japan // Tokio // Fashion
Otto Gourmet // Heinsberg // Food
supreme new media // Köln // Technologie
Stylight // München // Fashion
YouTailor // Wien/Berlin // Fashion
Zalando // Berlin // Fashion
Quelle: Unternehmensangaben