Wege finden statt Gründe suchen

Liebe Leserinnen und Leser,

für die Akteure sind es dramatische Zahlen: Von 2008 bis 2010 haben deutsche Venture Capital-Gesellschaften deutlich mehr Geld in junge Unternehmen investiert, als sie an neuen Mitteln einsammeln konnten. Der Markt scheint auszutrocknen, denn das Defizit beträgt über 600 Mio. EUR, wie Dr. Michael Brand­kamp vom High-Tech Gründerfonds während des ersten German.Venture.Day aufzeigte. Das Fundrai­sing gestaltet sich aber grundsätzlich schwierig. Nach einem bereits schwachen Vorjahr mit 1,07 Mrd. EUR sank 2010 das von hiesigen Beteiligungsgesellschaften neu eingeworbene Kapital um 13% auf 927 Mio. EUR. Einen niedrigeren Wert gab es zuletzt 1996.

Die aktuelle Nachrichtenlage zeigt aber, dass die Dramatik im Fundraising andernorts eine vergleichsweise kleine Herausforderung ist. Erst überrollte ein Tsunami die japanische Küste und fräste sich kilometertief ins Landes­innere, anschließend stand ein Atomkraftwerk am Rande des Super-GAU (der bis Redaktionsschluss zum Glück nicht eingetreten ist). Die Horrorbilder aus Japan und die hohen Opferzahlen zeigen, dass sich auch entwickelte Industrieländer schnell in Katastrophengebiete verwandeln können. Dieser Maß­stab lässt hierzulande viele Schwierigkeiten zu Scheinriesen schrumpfen, obwohl sie weiterhin ihre Daseinsberechtigung haben.

Andererseits darf der Verweis auf die Notlage in Japan nicht dazu führen, dass Probleme klein geredet oder Diskussionen abgewürgt werden. Denn wer etwas nicht will, sucht Gründe – wer etwas will, findet Wege. Wie der Branchenverband BVK am Rande der SuperReturn 2011 mitgeteilt hat, arbeiten 39 Fonds daran, das Fundraisingniveau wieder in bekannte Höhen zu tragen: Das kumulierte Volumen soll bei 4,21 Mrd. EUR liegen (siehe S. 26–28). Nach langer Zeit der Ruhe verbessert sich auch die Exit-Situation wieder, sind sich die Experten für die frühe Phase und für den Mittelstand/Buyouts sicher. „Gute Multiples auf breiter Front“ heißt es aus der einen Ecke (siehe S. 30–31), „die IPO-Fantasie hat sich wieder in den Köpfen der Marktteilnehmer festgesetzt“ aus der anderen (siehe S. 36–37). Lösungsorientiert gehen auch die Vertreter der Biotechnologie die Kapitalsuche an (siehe Beiträge S. 12–16  und 34–35), um mit neuen Finanzierungsansätzen mehr Kapitaleffizienz zu erreichen.

Ich wünsche Ihnen eine gewinnbringende Lektüre

Ihr

torsten.passmann( at )vc-magazin.de