VC Magazin: Frühphaseninvestoren haben es in den letzten Monaten nicht leicht gehabt, Kapital für neue Fonds einzusammeln. Welche Erwartungen stellen Limited Partner derzeit an die Fondsmanager?
Schreck: Viele LPs haben mit der Finanzkrise ihre Allokationsstrategie auf den Prüfstand gestellt, darunter musste der Venture Capital-Bereich teilweise leiden. Wichtiger denn je ist es daher, ein klar differenziertes Fondsprodukt anzubieten und seine Alleinstellung gegenüber Wettbewerbern herauszustellen. Dazu gehört auch der Nachweis, dass man mit der Investmentstrategie Geld verdienen und Renditen erzielen kann. Ich denke, das wird den Fondsmanagern zunehmend leichter fallen: In den kommenden Monaten wird es vermehrt Exits geben, sodass der Erfolg der Anlageklasse leichter validiert werden kann.
Flatz: In der Tat sind erst wieder Realisierungen von Investments nötig, damit die LPs neue Commitments geben können. Die anstehenden Exits beäuge ich aber durchaus kritisch, viele davon werden nämlich Secondaries sein und somit innerhalb der Branche bleiben. Wir haben aktuell eine Fundraising-Runde erfolgreich abgeschlossen. Großen Erfolg hatten wir dabei bei Staatsfonds aus der Golfregion und aus Asien, gerade Umwelttechnologien sind dort zurzeit gefragt. Entscheidend für unseren Fundraising-Erfolg war außerdem, sich in der Investmentstrategie weg vom klassischen Venture Capital-Modell zu bewegen und mehr auf Growth Investments zu setzen. Das fordern unsere Investoren ganz deutlich ein, weil sie das Risiko im Frühphasenbereich als zu hoch und die Renditen im europäischen Raum im Vergleich dazu als zu gering einschätzen.
Terhart: Diesen Trend gibt es, aber es muss doch möglich sein, Venture Capital auch mit inländischem Kapital zu finanzieren. Die S-Refit hat die KfW und die Sparkassen vor Ort als Partner, unsere Zusammenarbeit hat sich bewährt.
Dreesbach: Wir haben ebenfalls gerade ein letztendlich erfolgreiches Fundraising abgeschlossen und die Erfahrung gemacht, dass es momentan fast schon verlorene Zeit ist, institutionelle Investoren wie Banken oder Versicherungen anzusprechen. Im Gegenteil: Je schlechter die finanziellen Zeiten sind, desto eher sollte man die Investoren ansprechen, die normalerweise nicht in die Assetklasse investieren. 60% der LPs für unseren aktuellen Fonds sind Family Offices – dahinter stehen oftmals Unternehmer und ihre Familien, die wissen, dass in jeder Situation unternehmerische Chancen liegen, und die deshalb auf Unternehmensbeteiligungen setzen. Die Performance, die ein Fondsmanager aufzuweisen hat, zählt im Übrigen viel weniger: Jeder sucht zurzeit Gründe dafür, warum er nicht investiert, da hat uns unser guter Track Record nichts genützt.
VC Magazin: Welche Rolle spielt der European Investment Fund (EIF) als Investor in deutsche Venture Capital-Fonds?
Dreesbach: Der EIF ist bei uns im aktuellen Fonds zum ersten Mal als Investor an Bord. Besonders angetan waren wir von der hohen Professionalität: Die Verantwortlichen kommunizierten mit uns von Anfang an sehr transparent, der Entscheidungsprozess und die Due Diligence liefen sehr gut strukturiert ab.
Schreck: Bei uns ist der EIF in einem Fonds als LP engagiert. Auch wenn sich seine Rolle derzeit auch auf andere Investitionsphasen verbreitert, ist er nach wie vor ein wichtiger Investor für die europäische Venture Capital-Industrie.
VC Magazin: Welche Bedeutung kommt Unternehmen und Großkonzernen für das Fundraising zu?
Flatz: Wir haben bislang nur wenige Gespräche mit den sogenannten Corporates geführt. Wir sind eine Kooperation mit BP eingegangen, die über ihren Venture Capital-Arm Alternative Energy Ventures investieren. Zwischen uns besteht ein reger Austausch; die Beziehung ist meines Erachtens nach sehr fruchtbar für beide Seiten.
Terhart: Die Hürde für eine solche Kooperation liegt bei allen Beteiligten meist sehr hoch. Die Unternehmen sind insgesamt sehr zurückhaltend bei dem Gedanken, Innovationen über Venture Capital zu fördern statt in der eigenen Forschung und Entwicklung. Auch als Fondsmanager muss man abwägen, ob man so eine Zusammenarbeit eingehen möchte, u.a. wegen zu beachtender Kautelen und Ähnlichem.
Schreck: Ich erwarte, dass Corporates in Zukunft eine größere Rolle als Kapitalgeber für Venture Capital-Fonds spielen werden. Das Interesse dürfte hier von der Rendite herrühren und vom Zugang zu neuen Technologien und Produkten, den sich die Unternehmen von Venture Capital-Investments versprechen. Exits an diese Unternehmen sind dagegen wenig planbar. Jedoch können solche Aussichten die Entwicklung von Portfoliounternehmen deutlich beschleunigen, z.B. wenn in der Biotech-Branche ein Unternehmen um einen einzigen Wirkstoff herum aufgebaut wird.
VC Magazin: Wie kann sich die deutsche Venture Capital-Industrie besser organisieren, um die eigenen Interessen nach außen hin klarer zu vertreten und einen weiteren Shakeout unter den Gesellschaften zu verhindern?
Terhart: In den vergangenen Monaten konnte man tatsächlich eine gewisse Konsolidierung auf dem Markt beobachten, die sich auch beim deutschen Branchenverband BVK niederschlug. Deshalb braucht die Branche allerdings nicht gleich eine neue Organisation. Vielmehr sollten die hiesigen Venture Capital-Gesellschaften bereit sein, mehr Kreativität zu zeigen, auch einmal neue Geschäftsmodelle auszuprobieren und dadurch neue Wege einzuschlagen.
Flatz: Wichtig ist meiner Ansicht nach, den volkswirtschaftlichen Nutzen unserer Tätigkeit deutlicher herauszustellen, als das bisher geschehen ist. Dass wir diejenigen sind, die durch unser Beteiligungskapital Innovationen erst möglich machen, kommt in der öffentlichen Debatte leider oft zu kurz.
VC Magazin: Vielen Dank für Ihre Beiträge!
Protokolliert von Susanne Harrer
Zu den Panel-Teilnehmern
Werner Dreesbach ist Managing Partner des Secondary-Investors Cipio Partners. Dr. Alois Flatz ist Partner der Londoner Beteiligungsgesellschaft zouk ventures. Hans Schreck ist General Partner beim Venture Capital-Investor TVM Capital. Dr. Peter Terhart leitet als Vorstand die Beteiligungsgesellschaft S-Refit und ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Das Panel moderierten Oliver Gajek, Vorstand von Munich Network, und Curt Winnen, Geschäftsführer des Unternehmernetzwerks.