Technical Due Diligence und der Einfluss auf Beteiligungsverträge

Technische Risiken

Ziel einer Technical Due Diligence (TDD) ist es, die technischen Risiken, die im Hightech-Bereich besonders stark ausgeprägt sind, zu bewerten. Hierbei werden u.a. folgende Aspekte analysiert:

  • Entwicklungsstand der Technologie: Wie weit ist die technologische Entwicklung fortgeschritten, welche Entwicklungsschritte und Budgets sind zur Realisierung einer marktfähigen Lösung erforderlich? Wie ist der Zeitbedarf, welches sind die kritischen Entwicklungen, an denen das Vorhaben scheitern könnte? Erfahrungswerte und Untersuchungen zeigen, dass die Initiatoren Entwicklungszeit, Entwicklungskosten und die Risiken meist unterschätzen oder im Businessplan bzw. in den Verhandlungen zu optimistisch darstellen.
  • Vorteile der Technologie im Vergleich zu Wettbewerbslösungen: Welche Leistungsfähigkeit, Alleinstellungsmerkmale und eindeutig bewertbare Vorteile besitzt die Technologie, und sind diese Vorteile auch aus Sicht der Kunden vorhanden?
  • Fertigung: Umsetzbarkeit der Technologie in die Großserie, erforderliche Fertigungskapazitäten, Zustand und Leistungsfähigkeit bestehender Fertigungsanlagen.
  • Besondere Risiken: z.B. Akzeptanzhürden der Technologie bei Kunden, erforderliche Zulassungen, Genehmigungen.

Fragen des geistigen Eigentums

Die Bewertung der IP-Situation ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil der TDD. Hier sind u.a. folgende Fragen zu untersuchen: Ist die Technologie geschützt, d.h. sind Patente vorhanden und rechtskräftig? Wer sind die Inhaber der Patente – das Unternehmen oder die Initiatoren? Welche Schutzrechte besitzen die Initiatoren oder Schlüsselpersonen darüber hinaus? Wie sind die Ansprüche formuliert, und wie ist der Schutzrechtsumfang hinsichtlich geografischer Ausdehnung und Anspruchsbreite zu beurteilen? Bestehen Umgehungsmöglichkeiten, und können die Schutzrechte angegriffen werden oder werden sie verletzt? Besteht „Freedom to Operate“? Wie hoch sind die Erteilungschancen von Patentanmeldungen? Welche Schutzrechtsstrategie verfolgt das Zielunternehmen? Wie ist das Patentumfeld zu bewerten? Zu welchen Konditionen können die Schutzrechte im Falle eines Ausfalls des Zielunternehmens verwertet werden?

Bedeutung der TDD für den Beteiligungsvertrag

Vorausgesetzt, dass die Verhandlungen nicht abgebrochen werden, stärkt die genaue Kenntnis technischer oder patentbezogener Risiken und Defizite zunächst einmal die Verhandlungsposition des Beteiligungsgebers. Die Ergebnisse der TDD fließen dann in die Ausgestaltung der Beteiligungsvertrages ein, z.B.:

  • Die ermittelten erforderlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung und Produktionsaufbau beeinflussen das Beteiligungsvolumen.
  • Die Vorteile der Technologie sowie die IP-Situation gehen in die Unternehmensbewertung und damit auch in die Beteiligungskonditionen ein.
  • Aus dem Forschungs- und Entwicklungsplan lassen sich Meilensteine für die Auszahlung von Finanzierungstranchen ableiten. Alternativ könnten Ausstiegs- bzw. Rückabwicklungsoptionen für den Beteiligungsgeber vereinbart werden, wenn kritische Entwicklungsmeilensteine nicht erfüllt werden.
  • Der Beteiligungsvertrag sollte sicherstellen, dass die Rechte an der Technologie und deren Verwertung auch im Eigentum des Unternehmens sind, an dem man beteiligt ist. Hierzu ist die genaue Kenntnis dieser Rechte eine unabdingbare Voraussetzung. Eine wie auch immer geartete Zusicherung oder eine Lizenzvergabe der Initiatoren ersetzt dabei die wirksame und unentgeltliche Übertragung der relevanten Schutzrechte nicht.

Notwendigkeit externer Kompetenz

Auch wenn sich viele Venture Capital- oder Private Equity-Gesellschaften auf bestimmte Technologiegebiete spezialisiert und dort erhebliches Wissen aufgebaut haben, ist es ratsam, externe Spezialisten in die TDD einzubinden, da die technischen Fragestellungen sehr unterschiedlich und sehr spezifisch sind. Die Komplexität und das Risiko von Fehlentscheidungen ist zu hoch, um auf diese Expertise verzichten zu können. Hinzu kommt eine mögliche Haftung von Managementgesellschaften und Organen von Beteiligungsgesellschaften. Diese sind gut beraten, wenn sie die TDD als Baustein eines strukturierten Beteiligungsprozesses und Risikomanagementsystems nach „allen Regeln der Kunst und dem Stand der Technik“ durchführen und die größtmögliche Expertise einfließen lassen. Auch gelingt der Nachweis einer kompetenten Prüfung durch ein fundiertes externes Gutachten eher als durch eine interne Abschätzung.

Fazit:

Die Ergebnisse der TDD liefern nicht nur eine wichtige Grundlage zur Risikoabschätzung. Sie beeinflussen auch die Beteiligungsverhandlungen und die Ausgestaltung des Beteiligungsvertrages. Aufgrund der Komplexität und kritischen Bedeutung der TDD sollten externe Spezialisten eingebunden werden. Hierdurch können die Qualität der Prüfung und die Rechtssicherheit erhöht werden.    

Zu den Autoren
Prof. Dr. Udo Wupperfeld (li.) ist Professor an der Hochschule Pforzheim und Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Technologiebewertung und Innovationsberatung (TIB). Michael See ist Leiter des Bereichs Gutachten und Analysen beim TIB. Das Transferzentrum hat seinen Sitz in Mannheim und bewertet Technologien, Innovationen, Märkte und Patente für Venture Capital-Gesellschaften, Kreditinstitute, Technologiebeteiligungsgesellschaften sowie Unternehmen.