Zu den Entscheidungskriterien der Durchführung eines Investments zählen neben dem Wachstumspotenzial des Zielunternehmens, Marktstärke und Innovationsgrad der Produkte vor allem aber auch die Umsatzentwicklung und ein möglichst niedriges Rendite-Risikoverhältnis. Besonders im Bereich der Later Stage-Finanzierung ist zur Erhöhung des Unternehmenswertes vor dem Exit die Gewinnsteigerung oberste Handlungsmaxime.
Die Hebelwirkung des Einkaufs
Ein häufig ungehobener Schatz zur Ergebnisverbesserung liegt nicht wie zu oft vermutet ausschließlich in den Tiefen der Absatzkanäle, sondern auch direkt im Herzen der Unternehmen: im Einkauf. Begründet in einer der simpelsten ökonomischen Wahrheiten, Gewinn gleich Erlös minus Kosten, kann eine monetäre Optimierung der Beschaffungskanäle enorme gewinnsteigernde Wirkungen entfalten, und dies bei gleichbleibendem Umsatz. Die Verkleinerung des Subtrahenden der Gleichung, der in produzierenden Unternehmen zum größten Anteil aus Beschaffungskosten besteht, steigert folglich den Gewinn um jeden gesparten Euro. Der Aufwand für Materialbeschaffung und indirekte Produktionsmittel umfasst im Maschinenbau durchschnittlich 50% bis 60% der gesamten Kostenbelastung. Löhne verzehren zum Vergleich nur etwa 30%. Zielgerichtete Projekte zur Beschaffungsoptimierung senken die Einkaufskosten eines produzierenden mittelständischen Unternehmens innerhalb weniger Monate in der Regel um bis zu 7%. Die Auswirkungen auf das Jahresergebnis sind enorm. Zur Erzielung einer ähnlich hohen Gewinnsteigerung müsste der Vertrieb vergleichsweise nahezu Unmögliches leisten und den Umsatz um etwa 50% steigern (bei einer angenommenen Umsatzrendite von 5% und einem optimierbaren Anteil des Einkaufsvolumens in Höhe von 60%). Bei längerfristigen Betrachtungen des Einkaufs sind weitere Effekte möglich.
Maßnahmen zur Optimierung
Doch wie kann die gewinnsteigernde Hebelwirkung in Form einer Beschaffungskostensenkung entfaltet werden? Der Maßnahmenkatalog ist vielfältig. Nach einer Analyse und Aufbereitung sämtlicher einkaufsrelevanten Datensätze legen strukturierte Benchmarking-Maßnahmen monetäre Verbesserungspotenziale offen. Der kontinuierliche Vergleich sichert attraktive Preisniveaus. Wertanalytische und fertigungsprozessseitige Betrachtungen zeigen Möglichkeiten der Herstellkostensenkung gekaufter Produkte.
Ein zentrales Tool des Beschaffungsmanagements ist die Preisverhandlung. Das Lieferantengespräch entscheidet über sämtliche Facetten der Kooperation. Neben der Beziehungspflege strategischer Partnerschaften, ist es Zeugungsakt für neue Geschäftsbeziehungen und Auslöser der Ersparnisgenerierung. Der kreative Spielraum zur inhaltlichen Ausgestaltung der kommunikativen Interaktion ist vielfältig. Das kooperative Gespräch als Chance für wechselseitige Verbesserungen, die Frontalverhandlung zur Formung von definierten Zielzuständen, Lieferantentage oder Live-Auktionen sind nur Beispiele vielzähliger Möglichkeiten. Dabei bilden die Kunst des richtigen Wortes, Überzeugungskraft und Verhandlungsgeschick den Werkzeugkasten des Verhandlungsführers.
Global-Sourcing-Strategien in Form von Zukäufen in osteuropäischen oder asiatischen Beschaffungsmärkten erzeugen Ersparnispotenziale im zweistelligen Prozentbereich. Make or Buy-Analysen legen den Grundstein für den richtigen Mix aus Eigenfertigung und Fremdbezug und damit für Ersparnisse bei der Neuausrichtung fehlplatzierter Produkte. Im Falle von Auslagerungen bis dato selbst produzierter Teile werden zudem freie Kapazitäten für neue Kundenaufträge geschaffen. Die Konsolidierung von Lieferanten und Teilespektren verspricht nicht nur Konditionsverbesserungen durch Volumenerhöhungen, sondern kürzt überdies den Aufwand der Lieferantenpflege erheblich.
Lieferzeitenverkürzungen, Losgrößenoptimierungen, Standardisierungsmaßnahmen oder die Implementierung eines effizienten Vertragswesens für Lieferabrufe und quantitative Forecasts erzeugen monetäre Verbesserungen und zeitlichen Zugewinn. Der Abbau von häufig zu hohen Lagerbeständen, die Installation von Konsignationslägern, IT-gestützten Belieferungssystemen oder die systematische Verbesserung der Zahlungsbedingungen setzen gebundenes Kapital frei. Gezielte Schulungen und Qualifikationsmaßnahmen der Einkäufer sichern langfristige Erfolge.
2012 – Das Jahr des Einkaufs
Nach den Verlusten der Krise schreiben viele Unternehmen wieder schwarze Zahlen. Die Auftragsbücher mittelständischer Unternehmen füllen sich stetig. Unabhängige Studien belegen dies, wie etwa die Auswertung der Finanzverhältnisse durch den Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) oder der steigende ifo-Geschäftsklimaindex. Die allgemeine Stimmung ist gut, doch wie lange bleibt Sie es? Bei Nachrichten über die Euro-Krise und wackelnde Schuldenstaaten denken Unternehmer im stillen Kämmerlein über eine Kehrtwende des Aufschwungs nach. Viele erwarten den Rückgang im zweiten Halbjahr 2012. Damit ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt zur Reaktion. Mittelständische Unternehmen, die aus der letzten Wirtschaftskrise gelernt haben, handeln jetzt. Bedarfsmengen werden geprüft, Rahmen- und Mengenkontrakte mit Lieferanten möglichst flexibel gestaltet. Lagerbestände werden kontinuierlich an die Auftragslage angepasst. Die Realisierungsmöglichkeiten von Effekten aus Rohstoffpreisveränderungen werden frühzeitig erkannt. Durch Preisverhandlungen und den zahlreichen weiteren Möglichkeiten zur Optimierung der Beschaffungsseite lässt sich schon jetzt ein monetärer Puffer schaffen.
Fazit
In einem Zeitraum von nur sechs Monaten kann ein durchschnittliches Unternehmen mit 40 Mio. EUR Jahresumsatz je nach Branche und individueller Situation ein Ersparnispotenzial von bis zu 1 Mio. EUR mittels einer ganzheitlichen Beschaffungskostenoptimierung umsetzen – ein echter Renditesprung. Nehmen Sie Anlauf und betrachten Sie den Einkauf, denn: ein Euro gespart ist ein Euro verdient.
Zu den Autoren
Marc Kloepfel ist Geschäftsführer der Einkaufsberatung Kloepfel Consulting, Marcus Konrad ist Senior Consultant.