Die Step by Step-Finanzierung ist für deutsche Start-ups nach wie vor sinnvoll

Erfahrene Unternehmer wie auch Venture Capital-Investoren wissen, wie schwer und aufwendig es werden kann, eine Anschlussfinanzierung abzuschließen. Dennoch gibt es zwei gute Gründe, warum nach der Finanzierungsrunde sehr bald die nächste folgt: Erstens scheuen die Investoren das hohe Risiko der ganz frühen Entwicklungsphase. Die Erfahrung hat gezeigt, dass große Finanzierungsrunden die Effizienz in Start-ups verringern können. Gleichzeitig ist es so, dass sich manch ein Investor ein Scheitern nicht ehrlich eingestehen will und dazu neigt, schlechtem Geld gutes hinterherzuwerfen. Außerdem erzwingen Folgefinanzierungen mit neuen Investoren eine willkommene und neue Evaluierung des Konzepts.

Zweitens fallen die Unternehmensbewertungen zu bescheiden aus, um eine große Finanzierungsrunde für die Gründer attraktiv zu gestalten: Die Gründer müssten in der Regel mehr Anteile hergeben, als ihnen recht ist. Benötigt ein Medizintechnikunternehmen z.B. 5 Mio. EUR und vier Jahre Entwicklungszeit bis zur CE-Zulassung, bewerten Investoren das Unternehmen aufgrund der frühen Phase und der hohen Risiken aus dem Management und dem Entwicklungsprojekt mit vielleicht 1 Mio. EUR (Pre-Money), sodass dem Gründer nach der Runde lediglich ca. 18% seiner Unternehmensanteile bleiben würden. Bei einer weiteren Runde für die Markteinführung würde er unvermeidlich unter 10% abrutschen.

In der Tat lagen die Unternehmensbewertungen der vom High-Tech Gründerfonds anfinanzierten Unternehmen in der ersten Anschlussfinanzierung (der sogenannten A-Runde, die der Seed-Runde folgt) bei durchschnittlich 2,9 Mio. EUR; in der B-Runde konnten die Unternehmen im Schnitt 4,7 Mio. EUR und in der C-Runde 5,4 Mio. EUR Pre-Money-Bewertung erreichen. Die Durchschnittsgrößen ergeben sich aus immerhin ca. 300 Runden innerhalb der letzten fünf Jahre. Bewertungen, wie sie für Dropbox (4 Mrd. USD), Path (250 Mio. USD) oder Pinterest (1 Mrd. USD) in den Staaten gezahlt werden, kommen im deutschen Markt für Early Stage-Beteiligungen leider nicht vor.

Erreicht das Unternehmen lediglich die durchschnittlichen Unternehmensbewertungen und verteilen wir die 5 Mio. EUR auf eine Seed-Runde von 500.000 EUR, bei der der Gründer 15% hergibt, und drei gleich große Runden von 1,5 Mio. EUR, bei denen in der A-Runde ca. ein Drittel, in der B-Runde ein Viertel und in der C-Runde ein Fünftel der Anteile hergegeben werden müssen, bleiben dem Gründer unter Berücksichtigung der Verwässerung der A-, B- und C-Investoren immerhin noch ca. 30%, bei überdurchschnittlichen, noch immer realistischen Bewertungen ca. 40% der Anteile. Allerdings ist die schrittweise Finanzierung für Gründer und Investoren in der Tat aufwendiger. Sie schützt aber Anteile der Gründer vor Verwässerung und trägt zum Wohle und zur weiteren Wertentwicklung des Unternehmens bei.

Fazit:

Nur wenn also Gründer Investoren finden, die bereit sind, sehr hohe Bewertungen zu zahlen, macht es Sinn, auch die Finanzierungsrunde größer ausfallen zu lassen. Ansonsten bleibt die sukzessive Finanzierung „Step by Step“ der richtige Weg ohne griffige Alternative.

Zum Autor
Dr. Michael Brandkamp ist Geschäftsführer der High-Tech Gründerfonds Management GmbH (www.high-tech-gruenderfonds.de) mit Sitz in Bonn. Vor dem Aufbau des High-Tech Gründerfonds verantwortete er als Abteilungsdirektor innerhalb der KfW Bankengruppe den Bereich Innovationsfinanzierungen und Beteiligungen.