Für die zu diesem Zwecke aufgesetzten Anlagevehikel – so genannte Family Offices – wächst der Druck, signifikante Teile des betreuten Vermögens in Realkapital anzulegen. Schließlich können herkömmliche Anlageformen angesichts niedriger Zinsen, eines schwachen Euros und einer steigenden Inflationsgefahr eine nachhaltige Vermögenserhaltung nur noch bedingt gewährleisten. Neben Immobilien, Aktien und Private Equity-Fonds rücken somit gerade bei unternehmerisch geprägten Family Offices direkte Firmenengagements verstärkt in den Fokus.
Illustre Beispiele sind die Brüder Strünggmann, die nach dem Verkauf des Generikaherstellers Hexal über ihre Beteiligungsvehikel Santo Holding und Athos Service als aktive Investoren auf dem deutschen M&A-Markt auftreten. Heute halten diese u.a. größere Anteile an Firmen im Biotech- und Gesundheitsbereich sowie an Banken und Immobilienunternehmen. Ähnlich agiert etwa Lutz Helmig, der Gründer der Helios Kliniken, der mit seinem Family Office Aton jüngst einen 48%igen Anteil der Stuttgarter Privatbank Ellwanger & Geiger übernommen hat. Neben den bekannten Family Offices mit Milliarden-Vermögen sind in den letzten Jahren ebenfalls weniger prominente Familien und Privatpersonen dazu übergegangen, in Unternehmen zu investieren. Lincoln International geht davon aus, dass sich bei dieser Investorengruppe die Nachfrage nach direkten Unternehmensbeteiligung deutlich erhöhen wird: Einerseits geraten die Geschäftsmodelle einiger klassischer Private Equity-Investoren in Zeiten der Finanzmarktkrise erheblich unter Druck. Andererseits suchen Family Offices zunehmend proaktiv und mit neu eingestellten, erfahrenen Beteiligungsmanagern nach passenden Investitionsmöglichkeiten mit einem Unternehmenswert bis zu 250 Mio. EUR. Was bedeutet dies konkret für die Mid Cap Private Equity-Industrie?
Family Offices konzentrieren sich meist auf Branchen, die ein positives Image haben oder aber gesellschaftliches Prestige versprechen – wie etwa Healthcare, erneuerbare Energien oder Finanzdienstleistungen. Zudem sind sie dann willkommene Investoren, wenn Verkäufer ihre Unternehmen auf einen neuen Eigentümer mit einem langfristigen Anlagehorizont übertragen oder einen Co-Gesellschafter in Form von Minderheitsanteilen einwerben möchten. Denn Family Offices sind beim Thema Corporate Governance in der Regel pragmatischer und weniger fordernd als Finanzinvestoren. Dagegen meiden wohlhabende Familien und Privatinvestoren Engagements mit überdurchschnittlich hohen unternehmerischen Risiken und in sehr zyklischen Branchen. Schließlich will man weder in der Öffentlichkeit mit negativen Firmenmeldungen in Verbindung gebracht werden, noch sich in die Abhängigkeiten eines illoyalen Managements begeben. Family Offices werden die M&A-Aktivität im Mid Cap-Segment in der Zukunft deutlich stärker prägen als heute.
Zum Autor
Dr. Michael R. Drill ist Vorstandsvorsitzender der Lincoln International AG (www.lincolninternational.com), einer auf M&A-Beratung spezialisierten Investmentbank mit weltweit etwa 270 Mitarbeitern. Im deutschsprachigen Raum hat Lincoln International mit etwa 45 Mitarbeitern im Jahr 2012 bereits 12 M&A-Deals erfolgreich abgeschlossen.