Klauseln zum Einstieg
Ausgangspunkt ist zunächst die Einstiegsbewertung, die sich stets „Post Money“, also als Summe des vereinbarten Unternehmenswerts vor der Finanzierungsrunde und des Investments, seine vollständige Leistung unterstellt, versteht. Sie muss gegen einen Missgriff geschützt werden, da gerade in frühen Phasen eine klassische Unternehmensbewertung nicht möglich ist. Dies geschieht über die „Anti-Dilution“ oder Verwässerungsschutzregelung. Hier verbirgt sich die erste Begriffsunschärfe. Denn tatsächlich geht es bei einer Regelung, die vorsieht, dass ein Investor im Falle einer Folgefinanzierungsrunde zu einer niedrigeren Bewertung (Down Round) dadurch geschützt werden soll, dass er selbst so zu stellen ist, als sei er zu dieser eingestiegen, nicht um Verwässerungs-, sondern um Bewertungsschutz. Der Verwässerungsschutz, sprich der Schutz gegen eine Verringerung der eigenen Beteiligungsquote durch die Beteiligung weiterer Investoren über eine Kapitalerhöhung, erfolgt über das gesetzlich gewährleistete Bezugsrecht eines Gesellschafters, also das Recht, bei einer Folgefinanzierungsrunde (allerdings zu deren Konditionen!) teilnehmen zu dürfen. Für den „Anti-Dilution“-Schutz gibt es verschiedene Spielformen, etwa den vollen Verwässerungsschutz (Full Ratchet) oder den Durchschnitt beider Bewertungen, bei Einstieg und in der Down Round (Average), meist unter Berücksichtigung der unterschiedlich hohen Investments (Weighted Average).
Garantien und Schlüsselpersonen
Zweitens erwarten Investoren, dass Gründer für die Richtigkeit ihrer Angaben zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft durch Garantien (Representations and Warranties) einstehen. Hier geht es um die Inhalte solcher Garantien, insbesondere zu Schutzrechten (Intellectual Property Rights), die Ausgestaltung von Haftungsmindest- und -höchstgrenzen und die Form der Wiedergutmachung eines Schadens (finanzieller Ausgleich oder Ausgleich durch Anteilsübertragung seitens der Gründer bzw. durch „kompensierende Kapitalerhöhung“ zu nominal, die dann zulasten aller Altgesellschafter geht).
Drittens geht es um die Bindung des Gründerteams und der Know-how-Träger an das Unternehmen. Denn primär gründet sich das Venture Capital-Investment auf das Vertrauen in die Persönlichkeiten des Gründerteams. Diese Bindung wird über sogenannte Vesting-Regeln erreicht. Gemeint ist hiermit, dass Gründern ihre Anteile nur dann und in dem Umfang unentziehbar zustehen sollen, wenn und soweit sie über eine bestimmte Zeitdauer, die meist den Investment-Horizont von drei bis fünf Jahren abdeckt, für die Gesellschaft tätig bleiben. Hier wird üblicherweise zwischen den Gründen des Ausscheidens differenziert. Hat der Gründer sie nicht zu vertreten, ist er ein „Good Leaver“, wenn doch, ein „Bad Leaver“. Ist ein Teil ihrer Anteile einem solchen Vesting nicht ausgesetzt, spricht man von „Pre-vested“-Anteilen. Bei einem vorzeitigen Exit wird meist ein vollständiges Anwachsen vorgesehen (Accelerated Vesting).
Typische Klauseln für den Ausstieg
Spiegelbildlich verhält es sich beim Ausstieg. Hier werden die Investoren zunächst den Zeitpunkt bestimmen wollen. Ohne ihre Zustimmung kann niemand aussteigen. Die Anteile sind nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter übertragbar oder „vinkuliert“, also „gefesselt“. Wenn ein anderer Gesellschafter einen potenziellen Käufer gefunden hat, so werden primär die Investoren diese Ausstiegsmöglichkeit in Anspruch nehmen wollen und nutzen, wenn sich dies rentiert (sogenanntes Tag oder auch Take Along-Recht, also Mitveräußerungsrecht). Da ein potenzieller Käufer meist zumindest die Mehrheit erwerben will, muss es einen Hebel geben, die Mitgesellschafter zu einem Verkauf auf Verlangen der Investoren zu zwingen. Dies sieht das „Drag Along“-Recht vor. Von ganz wesentlicher Bedeutung ist aber schließlich das Liquidationspräferenzrecht (englisch gleichbedeutend Liquidation Preference). Auch hier gibt der Begriff nicht genau den Inhalt wieder. Denn die Erlöspräferenz der Investoren soll ihnen nicht nur bei Auflösung und Liquidation der Gesellschaft, sondern in allen Fällen eines „Exits“, also gerade auch bei einem Anteils- oder Vermögensverkauf (Share oder Asset Deal) zustehen. Hier wird der gesamte Erlös kaskadenartig verteilt. Zunächst beanspruchen die Investoren ihr Investment, gegebenenfalls verzinst, aus dem Gesamterlös, ehe der restliche Erlös auf einer letzten Ebene quotal nach Anteilen verteilt wird. Für Gründer, aber auch Investoren der ersten „Seed“-Runde, wie typischerweise auch Business Angels, ist diese Regelung problematisch, weil alle späteren Investoren wiederum dieses Vorrecht für sich beanspruchen (Last in, First out oder Lifo-Prinzip). Abhilfe gegen allzu große Ungerechtigkeiten durch die hiermit bewirkte Doppelbegünstigung (Double Dipping) kann eine Anrechnung der Liquidationspräferenz auf der letzten Verteilungsebene nach Anteilen, die Einführung einer weiteren nachrangigen Präferenzebene auch für Gründer in bestimmter Höhe (meist beteiligen sie sich ja nicht finanziell) oder das Entfallen der Liquidationspräferenz bei Überschreiten bestimmter Bewertungsschwellen im Fall eines Exits schaffen.
Fazit:
Dies alles in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, ist dem Verhandeln vorbehalten. Die Unsicherheiten einer Prognose und der Einstiegsbewertung lösen sich aufgrund der beschriebenen Regelungsmechanismen häufig auf.
Zum Autor
Dr. Wolfgang Weitnauer, M.C.L., ist Rechtsanwalt und Gründungsgesellschafter von Weitnauer Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater (www.weitnauer.net). Seine Schwerpunkte sind Unternehmensfinanzierung und -beteiligungen, Unternehmensrestrukturierungen und M&A.