Investoren fordern IP-Übertragung
Spätestens, wenn Investoren sich an einem Start-up beteiligen, muss die betriebsnotwendige IP in die Gesellschaft eingebracht werden. Denn die Investoren wollen die notwendigen Rechte in der Gesellschaft gebündelt sehen; eine fortbestehende Inhaberschaft der Gründer an dem geistigen Eigentum (Intellectual Property bzw. IP) und die daraus folgenden Konsequenzen wie Erpressungspotenzial der Gründer oder Lizenzgebühren sind nicht hinnehmbar. Die Gründer haben daher typischerweise im Seed-Beteiligungsvertrag zu garantieren, dass die Gesellschaft Inhaber der gesamten betriebsnotwendigen IP ist und müssen sich verpflichten, sämtliche gewerblichen Schutzrechte und Urheberrechte, die im Tätigkeitsbereich der Gesellschaft entstanden sind oder entstehen, auf die Gesellschaft zu übertragen. Sofern die Investoren im Rahmen der Due Diligence feststellen, dass die Inhaberschaft an der IP ganz oder teilweise noch bei den Gründern liegt, werden sie verlangen, dass die IP mit gesonderten Übertragungsverträgen unentgeltlich auf die Gesellschaft übertragen wird. Das ist vollkommen legitim und in der rechtlichen Umsetzung denkbar einfach. Die steuerlichen Folgen können jedoch dramatisch sein.
Problematik beim Wechsel von der GbR zur GmbH
Die Gründer beginnen die Umsetzung ihrer Geschäftsidee typischerweise in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR); die Gründung einer Kapitalgesellschaft (in der Regel GmbH) erfolgt, wenn erste Fortschritte greifbar werden. Die IP muss dann aus dieser GbR in die Kapitalgesellschaft übertragen werden. Dieser Schritt ist steuerlich unproblematisch, wenn sie zu einem Zeitpunkt vorgenommen wird, zu dem noch eine niedrige Bewertung der IP begründet werden kann. Sie kann aber fatale Folgen haben, wenn der IP bereits ein hoher Wert zukommt. Die Übertragung von der GbR auf die Kapitalgesellschaft ist nämlich eine steuerpflichtige Betriebsaufgabe der GbR gemäß § 16 III EStG, weil und wenn die GmbH mithilfe dieser IP den bisherigen Betrieb der GbR fortführt. Sofern gleichzeitig bzw. in zeitlichem Zusammenhang mit der Geschäftsaufgabe durch die GbR anhand des Einstiegs der Investoren eine Bewertung des (ursprünglich von der GbR betriebenen) Geschäftsmodells des Start-ups (und damit der unterliegenden IP) offenkundig wird, ist die Aufgabe des Geschäfts auf Basis dieser Bewertung zu versteuern. Beteiligt sich also ein Investor auf Grundlage einer Bewertung von 1 Mio. EUR, so wäre von den Gründern der – natürlich gar nicht realisierte – „Aufgabegewinn“ in Höhe von 1 Mio. EUR zu versteuern. Die Steuerfolgen einer unachtsamen Einbringung der IP in die GmbH können also schon bei überschaubarer Bewertung ruinös sein. Zu betonen ist allerdings, dass die beschriebene Problematik nach richtiger Auffassung nicht besteht, wenn die Investoren Geschäftsanteile zum Nominalbetrag übernehmen und das eigentliche Investment in Form von Nachrangdarlehen erfolgt (HTGF-Modell). Denn eine konkrete Bewertung lässt sich bei dieser Form des Investments nicht ableiten.
Kaufpreisansprüche als Verlustvortrag
Am besten ist es, die Kapitalgesellschaft zu einem frühen Zeitpunkt zu gründen; diese sollte die von der GbR geschaffene IP zu einem vernünftigen Kaufpreis erwerben (Anschaffungskosten plus angemessenen Aufschlag). Die Kaufpreisansprüche werden von den Gründern steuerlich häufig mit anderweitigen Aufwendungen oder Verlustvorträgen verrechnet werden können. Eine anschließende Einlage der Kaufpreisansprüche in die Kapitalrücklage der GmbH (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) ist möglich und im Regelfall sinnvoll. Dabei ist darauf zu achten, dass die GmbH ausreichend kapitalisiert ist, um eine Werthaltigkeit der einzulegenden Kaufpreisansprüche begründen zu können.
Sacheinlage als steuerneutrales Hilfsmittel
Nicht selten sind aber Fälle, in denen sich erst im Moment des geplanten Beitritts der Investoren herausstellt, dass die IP noch in der GbR liegt, während die GmbH schon gegründet ist und möglicherweise ihre Geschäfte bereits aufgenommen hat. Schlüssel zur Vermeidung der potenziell ruinösen Steuerfolge ist § 20 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Hiernach kann der bisher von der GbR geführte Betrieb steuerneutral im Wege der Sacheinlage gegen Gewährung neuer Anteile in die neue GmbH eingebracht werden; die Buchwerte können fortgeführt werden. Der hierfür erforderliche rechtstechnische Aufwand mit Sachkapitalerhöhungsbeschluss, Einbringungsvertrag und gegebenenfalls kurzem Bewertungsgutachten ist überschaubar. In der Bestimmung des Nennbetrags der für die Sacheinlage auszugebenden Geschäftsanteile sind die Gesellschafter frei. Der den Nominalwert der ausgegebenen Anteile übersteigende Wert kann in die Rücklage der Gesellschaft (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) eingelegt werden. Zu beachten ist freilich, dass die entstehenden Geschäftsanteile sieben Jahre ab Einbringung „gesperrt“ sind, sodass im Fall einer Veräußerung der Geschäftsanteile vor Ablauf von sieben Jahren die zum Zeitpunkt der Einbringung bestehenden stillen Reserven rückwirkend für das Jahr der Einbringung zu versteuern sind (§ 22 I UmwStG).
Fazit:
Die Sacheinlage der IP gegen Gewährung neuer Anteile ist ein Reparaturmechanismus, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Bei Weitem vorzugswürdig ist aber die möglichst frühzeitige Einbringung der IP zu einer angemessenen niedrigen Bewertung.
Zum Autor:
Dr. Erik Ehmann ist seit 2006 Rechtsanwalt bei der Kanzlei Weitnauer in München (www.weitnauer.net) und beschäftigt sich mit den Schwerpunkten Gesellschaftsrecht, M&A, Arbeitsrecht sowie Zivilprozess.