Bio-Kraftstoff aus Stroh

Zielstrebige Forschung

Das Projekt zum Bau der Anlage wurde 2010 von der damaligen Süd-Chemie (www.sud-chemie.de), heute Clariant, initiiert und konnte nach nur einjähriger Bauzeit vollendet werden. Insgesamt umfasst die Anlage ein Investitionsvolumen von rund 28 Mio. EUR und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Bayerischen Staatsregierung mit jeweils 5 Mio. EUR gefördert. Bioethanol wird aus zucker- oder stärkehaltigen Pflanzenbestandteilen hergestellt; wegen der Konkurrenz zu Nahrungsmitteln ist dieses Verfahren in den letzten Jahren jedoch zunehmend in Diskussion geraten. Die Verwendung von Agrarreststoffen wie Weizenstroh oder Maisstroh war zwar schon länger in den Blick der Forschung geraten, aufgrund der schweren Aufspaltbarkeit dieses lignozellulosehaltigen Materials jedoch nur begrenzt von Erfolg gekrönt gewesen. Mit dem unter der Leitung von Prof. Dr. Andre Koltermann entwickelten „sunliquid-Verfahren“ ist es Clariant nun gelungen, Lignozellulose besonders gewinnträchtig aufzuspalten.

Neues, effizientes Verfahren  

Wurden für die Herstellung von 1t Bioethanol der ersten Generation ca. 3t Weizen und 1t Erdgas benötigt, stellt Clariant die gleiche Menge Bioethanol aus ca. 4-5t Stroh oder sog. „Energiepflanzen“ her. Auch die CO2-Einsparung des neuen Bioethanols gegenüber Benzin ist signifikant höher und mit 95% nahezu klimaneutral. Dadurch, dass Clariant das Zellulose-Ethanol aus Agrarreststoffen gewinnt, tritt zudem keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelversorgung auf – ein Kerndiskussionspunkt der früheren Entwicklung des Ethanol-Kraftstoffes ist somit aufgelöst. Die Vorteile des Clariant-Verfahrens und dessen wirtschaftliche und technologische Bedeutung beschrieb Clariant-CEO Dr. Hariolf Kottmann bei der Einweihungsfeier dabei so: „Es ist sicher nicht übertrieben, von einem Paradigmenwechsel zu sprechen. Und nirgendwo anders ist der Übergang von einer erdöl- zu einer bio-basierten Wirtschaft sichtbarer als in der chemischen Industrie.“

Politik gefordert

Auch Bundesministerin Schavan zeigte sich von der neuen Technologie überzeugt: „Diese Anlage zeigt sehr eindrucksvoll, dass traditionell aus Erdöl hergestellte Produkte gleichwertig aus Biomasse produziert werden können. Damit leistet die Anlage einen wichtigen Beitrag im Sinne einer nachhaltigen Bio-Ökonomie.“ Wirtschaftsminister Zeil ergänzte: „Wenn mit der sunliquid-Technologie hier der Durchbruch gelingt, eröffnet dies Perspektiven für Arbeitsplätze und Einkommen insbesondere im ländlichen Raum. Und global gesehen haben wir mit der Verwertung agrarischer Reststoffe kein ‚Tank-oder-Teller-Problem’“. Gleichzeitig appellierte Kottmann an die Politik, bei der neuen Generation des Bioethanols für stabile Rahmenbedingungen zu sorgen und aus den Fehlern bei der Einführung des Biokraftstoffs E10 zu lernen.   

Weitere Schritte folgen

Die Demonstrationsanlage in Straubing steht nun zur Begehung bereit und soll jährlich bis zu 1.000t Zellulose-Ethanol aus etwa 4.500t Weizenstroh herstellen. Wie Kottmann erklärte, werden dort auf 2.500 qm Grundfläche alle Prozessschritte dargestellt, die später in einer industriellen Anlage zum Einsatz kommen sollen. Eben eine solche Anlage soll als nächstes Referenzobjekt gebaut werden und eine Zellulose-Ethanol-Ausbeute von 50.000t pro Jahr erbringen. Kottmann betonte auch die Rolle weiterer Aufklärungsarbeit: „Nur wenn die Bevölkerung den Umweltnutzen von klimafreundlichen Biokraftstoffen erkennt, wird Bioethanol der zweiten Generation Erfolg haben.“