Öffentliche Fördermittel
Fördermittel sind als verlorener Zuschuss eigenkapitalneutral und eröffnen somit die Möglichkeit, die Verwässerungsproblematik abzumildern. Neben zahlreichen regionalen Förderprogrammen und solchen auf EU-Ebene sind auf Bundesebene folgende Programme hervorzuheben:
• KMU-innovativ, mit dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung ein speziell auf kleine und mittlere Unternehmen (nach EU-Definition) zugeschnittenes Förderprogramm anbietet;
• das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, mit dem sowohl Einzel- als auch Kooperationsprojekte im Bereich Forschung und Entwicklung gefördert werden.
Voraussetzung ist, dass es ein förderfähiges Vorhaben gibt, das zur Wachstumsstrategie des Start-ups passt. Die maximale Förderhöhe hängt sowohl vom Programm als auch vom geförderten Vorhaben ab. In der Regel übernimmt der Fördermittelgeber nur den „zweiten Euro“, d.h. die Hälfte der erforderlichen Mittel für das Förderprojekt muss als sogenannte Gegenfinanzierung durch das Unternehmen bzw. dessen Investoren abgebildet werden.
Nur teilweise Mehraufwand
Allerdings sind mit der öffentlichen Förderung regelmäßig auch gewisse Nachteile verbunden. So verursachen die Antragstellung und die mit den Förderprogrammen verbundenen Berichtspflichten administrativen und zeitlichen Aufwand. Dieser Mehraufwand kann unter Umständen zu einer Ablenkung vom eigentlichen Kerngeschäft des Unternehmens führen. Tatsächlich wird dies aber relativiert durch die hier vorgeschlagene „Zweitverwertung“ der erstellten Unterlagen. So gleichen Anträge auf öffentliche Förderung ihrem Inhalt nach dem Inhalt eines Geschäftsplans. Antrag und Businessplan können daher parallel geschrieben werden, was Zeit spart. Der administrative Berichtsaufwand nach der Zuwendungsentscheidung fällt nicht ins Gewicht wegen der auch gegenüber den Investoren bestehenden Berichtspflichten. Auch insofern empfiehlt sich ein Abstimmen der Berichtszeiten und -inhalte. Problematischer ist für das Start-up die Gefahr einer Finanzierungslücke, falls die beantragten Fördermittel nicht bewilligt werden. Daher sollte im Wege der vertraglichen Gestaltung eine Alternativfinanzierung durch den Venture-Investor im Beteiligungsvertrag vorgesehen werden, etwa durch ein gestaffeltes Investment in zwei Stufen, wobei die zweite Stufe davon abhängt, ob die öffentlichen Finanzierungsmittel bewilligt oder versagt werden.
Zahlreiche Vorteile
Die Einbeziehung öffentlicher Fördermittel bietet zahlreiche Vorteile. Aus der Abmilderung des Verwässerungseffekts resultiert eine höhere Beteiligung der Gründer am Unternehmen und damit auch am Unternehmenserfolg, was sich wiederum positiv auf die Motivation des Gründerteams auswirken sollte. Für den Investor kommt hinzu, dass die Fördermittel gewissermaßen als Hebel für sein eigenes Investment wirken. Sein Risiko sinkt, weil sein Anfangsinvestment geringer ausfällt. Die eingesparten Mittel können als Rücklage für Folgefinanzierungen dienen, falls der Kapitalbedarf des Unternehmens höher als geplant ausfällt. Im Rahmen des Antragsverfahrens wird zudem das Geschäftsmodell des finanzierten Unternehmens einer weiteren Prüfung durch den Fördermittelgeber unterzogen, was dem Investor als zusätzliche – und für ihn kostenlose – Due Diligence zugutekommt.
Frühzeitig an Fördermittel denken
Die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig und stark abhängig vom Einzelfall. Grundsätzlich bietet sich eine möglichst frühzeitige Einbeziehung der Förderthematik in die Verhandlungen an, um eine größtmögliche Flexibilität bei der Ausgestaltung der Finanzierungsrunde zu erhalten. Bereits im Term Sheet sollten die Fördermittel als Baustein der Finanzierungsrunde aufgenommen werden. Aus Investorensicht macht es Sinn, sich im Rahmen der Due Diligence sämtliche mit dem Antragsverfahren zusammenhängenden Unterlagen zur Verfügung stellen zu lassen. Außerdem sollten in den Beteiligungsvertrag mit den Berichtspflichten des Förderprogramms korrespondierende Informationspflichten aufgenommen werden, sodass der Investor Zugriff auf sämtliche Zwischen- und Schlussberichte sowie die Stellungnahmen des Fördermittelgebers erhält.
Finanzierungslücken vorbeugen
Die Fördermittelzusage wird üblicherweise unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass die erforderliche Gegenfinanzierung durch den Antragsteller nachgewiesen wird. Da das Start-up in der Regel nicht in der Lage sein wird, die Gegenfinanzierung mit eigenen Mitteln abzubilden, kommt es folglich fast zwangsläufig zu einer Verknüpfung zwischen öffentlicher Förderung und Venture Capital-Finanzierung. In einem ersten Schritt stellt der Venture-Investor dem kapitalsuchenden Unternehmen den zur Gegenfinanzierung erforderlichen Betrag (im Beispielsfall 1 Mio. EUR) zur Verfügung. Für den Fall einer Ablehnung des Antrags auf öffentliche Förderung sollte sich der Investor verpflichten, weiteres Kapital in Höhe der versagten Fördermittel in einem zweiten Schritt zur Verfügung zu stellen, sei es durch eine weitere Barkapitalerhöhung oder gegen Ausgabe genehmigten Kapitals. Durch diese Alternativfinanzierung wird die Abdeckung des gesamten Kapitalbedarfs sichergestellt und eine Finanzierungslücke vermieden.
Fazit:
Als zusätzlicher Baustein der Gesamtfinanzierung können öffentlich-rechtliche Fördermittel, trotz eines gewissen mit ihnen verbundenen administrativen und zeitlichen Mehraufwandes, eine sinnvolle Ergänzung einer Venture Capital-Finanzierung sein. Eine frühzeitige Einbeziehung bereits im Vorfeld der Finanzierungsrunde stellt sicher, dass die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden.
Beispiel für die Kombination von Venture Capital und Fördermitteln
Die VC-GmbH hat einen Kapitalbedarf von 2 Mio. EUR. Die beiden Unternehmensgründer, die jeweils zur Hälfte am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sind, und der Investor haben sich auf eine Pre-Money-Bewertung von 3 Mio. EUR verständigt. Auf Basis dieser Bewertung würde der Investor bei einem Investment von 2 Mio. EUR nach Abschluss der Finanzierungsrunde somit 40% der Geschäftsanteile halten. Durch weitere Finanzierungsrunden und die Aufnahme von Liquidationspräferenzen in die jeweiligen Beteiligungsverträge würde die Beteiligung der Gründer am Unternehmenserfolg weiter sinken. Gelingt es der VC-GmbH, ihren Kapitalbedarf jeweils hälftig durch Fördermittel (etwa KMU-innovativ) und das geplante Venture-Investment abzudecken, so würde die Beteiligungsquote des Investors nach Abschluss der Finanzierungsrunde bei 25% (anstatt bei 40%) liegen. Durch das geringere Anfangsinvestment würde gleichzeitig auch das Risiko des Investors sinken. Eine rein zahlenmäßige Betrachtung spricht somit für die Kombination von Fördermitteln und Venture Capital-Finanzierung.
Zu den Autoren
Die Rechtsanwälte Kai Grunwald (li.) und Jakob Wirbatz sind für die Kanzlei Weitnauer Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater am Standort Heidelberg tätig.