VC Magazin: Fremdkapital ist aktuell ein knappes Gut. Welche Arten von Transaktionen sind durch die zurückhaltende Kreditvergabepraxis der Banken besonders stark betroffen?
Ostertag: Der Einfluss auf die Transaktionen ist unterschiedlich, da der M&A-Markt fragmentiert ist. Größere LBO-Deals gibt es heutzutage nur noch selten. Auf der anderen Seite bieten Banken immer noch Fremdfinanzierungen für kleine und mittelgroße Transaktionen an, auch wenn
die Konditionen andere sind.
VC Magazin: Welche Auswirkungen hat das auf das Preisniveau?
Deschamps: Das derzeitige Preisniveau wird neben der Knappheit an Fremdkapital von vielen weiteren Faktoren beeinflusst. Die gesamte wirtschaftliche Lage in Europa spielt derzeit wohl die größte Rolle. In den Bereichen Internet, Digital Marketing, Mobile und anderen Schlüsseltechnologien erreichen die Bewertungen aber schon fast wieder Höchstniveaus. Diese Sektoren zeigen hohe Wachstumsstabilität
und sind weniger betroffen von der Fremdkapitalsituation.
VC Magazin: Wie würden Sie die Verkaufsbereitschaft von Technologiefirmen einschätzen?
Deschamps: Die Verkaufsbereitschaft ist immer noch nicht so hoch wie vor der Krise, wächst jedoch wieder. Der nicht existierende IPO-Markt, erfolgreiche Exits im Markt und die Notwendigkeit von Investoren, eigene Exits zu realisieren, drängen viele dazu, einen Verkaufsprozess
zu starten. Dies wird auch durch den jüngsten Popularitätszuwachs von nicht fremdfinanzierten Buyouts sowie Secondaries unterstützt.
VC Magazin: Welche Rolle spielen Cross Border-Transaktionen heute für deutsche Unternehmen – sowohl auf der Käufer- als auch auf der Verkäuferseite?
Hofmann: Die Bedeutung von Cross Border-Transaktionen nimmt weiter zu. Besonders in den Technologiesektoren haben die regionalen Grenzen ihre Wichtigkeit verloren. Auch Start-ups fangen jetzt viel früher an, regional zu expandieren. Die Unternehmen werden internationaler – und somit auch die Transaktionen.
VC Magazin: War das auch ein signifikanter Beweggrund für den Zusammenschluss zwischen Jupiter und LD&A?
Ostertag: Wir beraten Existenzgründer, Firmen und Finanzinvestoren bei Wachstumsfinanzierungen und M&A-Transaktionen im Bereich Technologie, Medien und Telekommunikation. Mehr als 70% unserer Deals sind grenzübergreifend. Der Zusammenschluss stärkt unsere internationale Reichweite, da wir nun Büros in London, München und Paris haben. Ein weiterer Grund für den Zusammenschluss ist aber auch die Stärkung unseres Know-hows.
Lorentz: Definitiv. Wir arbeiten schon seit mehr als vier Jahren zusammen. Unser Team von 25 Spezialisten ermöglicht es uns, unser Wissen über Technologien, Sektortrends, Businessmodelle, Schlüsselkennzahlen, Investoren etc. weiter zu verbessern. Zudem wird unsere Expertise und Reichweite noch von unseren zwölf Seniorberatern gestärkt, die bereits in verschiedenen Industrien Führungspositionen innehatten.
VC Magazin: Planen Sie eine Expansion in Richtung USA und Asien?
Deschamps: Ja, Reichweite in die USA und Asien ist wichtig, wie wir bei den zuletzt von uns begleiteten Unternehmensverkäufen in die USA, Japan und Taiwan zeigen konnten.
Hofmann: Gerade der amerikanische Markt ist für Transaktionen im Technologiebereich sehr wichtig. Wir werden daher unsere Präsenz an der Ost- und Westküste weiter ausbauen.
VC Magazin: Wie schätzen Sie die europaweite M&A Aktivität in den kommenden zwölf Monaten ein? Welche Technologien halten Sie für besonders interessant?
Lorentz: Wir gehen davon aus, dass die M&A-Aktivität im Technologiebereich wieder steigen wird, da viele Käufer ausreichend Kapital haben und sich neuer Technologien und Geschäftsmodelle annehmen müssen. Jedoch glauben wir auch, dass M&A-Prozesse auch künftig länger dauern werden, da die Käufer immer noch relativ vorsichtig sind.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Zu den Gesprächspartnern:
Ralf Hofmann und Julian Ostertag (zuvor Jupiter Capital Partners) sowie Marc Deschamps und Francis Lorentz (zuvor LD&A) sind die Gründungspartner von LD&A Jupiter, einer europäischen Corporate Finance-Beratungsgesellschaft für die Bereiche Technologie, Medien und Telekommunikation.
Mathias Renz