Wettbewerb um Investitionsmöglichkeiten
Der Wettbewerb um attraktive Investitionsmöglichkeiten im deutschen Mittelstand verschärft sich in letzter Zeit deutlich, zumal der Dealflow aktuell eher spärlich ist. Zahlreiche auf den Mittelstand fokussierte Beteiligungsgesellschaften haben zwar ausreichend Kapital für Akquisitionen eingesammelt. Sie stehen jedoch vor der stetig wachsenden Herausforderung, geeignete Zielunternehmen mit einem attraktiven Wertsteigerungspotenzial zu finden. Neben der emotionalen Komponente, die insbesondere in der Kommunikation mit mittelständischen Familienunternehmen eine große Rolle spielt, unterscheidet sich in vielen Fällen vor allem die Erwartungshaltung hinsichtlich des Unternehmenswerts auf Verkäufer- und Käuferseite deutlich. Der Grund dafür ist häufig die unterschiedliche Auffassung über das für die Unternehmensbewertung heranzuziehende „Normaljahr“. Ein solches ist aufgrund der konjunkturellen Schwankungen in den vergangenen Jahren sowie der Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung aktuell sehr schwer zu definieren.
Komplexere Ansätze der Wertsteigerung
Die klassischen Finanzierungshebel sind aufgrund der angespannten Situation auf den Fremdfinanzierungsmärkten derzeit nur in eingeschränktem Maße anwendbar. Relevante Werthebel sollten daher in anderen Bereichen gesucht werden. So setzen zahlreiche Private Equity-Gesellschaften verstärkt auf die operative Begleitung ihrer Portfoliounternehmen als zentralen Werthebel und unterstützen diese bei wertsteigernden Projekten – von der Optimierung der Unternehmensabläufe und -prozesse bis hin zur Auslandsexpansion oder Produktportfolio-Erweiterung. Die besondere Herausforderung dabei: Patentrezepte für eine standardisierte Vorgehensweise gibt es nicht. Die oftmals komplexen Wertsteigerungsmodelle gilt es für jedes Portfoliounternehmen einzeln zu beleuchten. Der fehlende oder nur in geringerem Ausmaß vorhandene Finanzierungshebel kann durch diesen „Hands-on“-Ansatz kompensiert bzw. ersetzt werden. Private-Equity-Gesellschaften mit einer ausgewiesenen Expertise in der aktiven durchgehenden Begleitung ihrer Beteiligungen können sich beim Bieterwettbewerb einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen und besitzen so die besseren Argumente, um sich im Transaktionsprozess gegen andere Bieter durchzusetzen.
Neue Regeln für den Akquisitionsprozess
So vielversprechend die neuen Ansätze klingen – so komplex sind sie auch in ihrer Anwendung, denn kein Unternehmen ist wie das andere. Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Wertsteigerungsprogrammen gilt es für Private-Equity-Investoren bereits im Akquisitionsprozess, Zielunternehmen und deren Wertschöpfungsketten sowie die relevanten Marktmechanismen und -trends noch genauer zu beleuchten als in der Vergangenheit. Entsprechend kommt der Due Diligence-Phase eine entscheidende Bedeutung zu. Neben der sorgfältigen und umfassenden Prüfung des Zielunternehmens gilt es, bereits im Vorfeld einer Akquisition, Upside-Potenziale in allen relevanten Bereichen zu identifizierten und vor allem auch zu quantifizieren. Der zeitlichen Dimension kommt im Private Equity-Umfeld aufgrund der ambitionierten Renditeziele grundsätzlich eine hohe Bedeutung zu. In Bezug auf Wertsteigerungsprogramme ist diese noch entscheidender. Daher gilt es, aufbauend auf den Erkenntnissen der Due Diligence, zeitgleich mit einer Investitionsentscheidung einen Masterplan zu entwickeln und ab dem ersten Tag der Übernahme umzusetzen. Zur Umsetzungsbegleitung der definierten Wertsteigerungsprogramme wird dem Management der Portfoliounternehmen in vielen Fällen ein Beirat oder Berater zur Seite gestellt. In der Regel sind dies ausgewiesene Industrieexperten, die das Unternehmen intensiver begleiten als das tradierte Modell eines Private Equity-geführten Aufsichtsrates dies in der Vergangenheit in aller Regel zuließ.
Phänomen der Spezialisierung
Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, ist derzeit ein deutlicher Trend in Richtung Spezialisierung von Fonds zu beobachten. Der „Klassiker“ aus den späten 90er Jahren, der stabile Cashflows und starke Managementteams quer durch alle denkbaren Branchen suchte, hat weitgehend ausgedient. Selbst Funds of Funds fragen verstärkt nach einer klaren Differenzierung von Beteiligungsgesellschaften. Zahlreiche Private Equity-Investoren spezialisieren sich viel stärker als bislang auf bestimmte Sektoren oder Branchen und fassen ihren Investitionsfokus entsprechend enger. Viele Häuser bauen zunehmend spezialisierte Sektor- oder Branchenteams auf, andere formieren sich direkt als reine Branchenfonds. Gegenüber klassisch breit aufgestellten Private Equity-Häusern entwickeln sie so häufig einen Vorsprung durch ihr überlegenes Marktverständnis sowie ihr tieferes Deal Sourcing-Netzwerk.
Fazit
Das Bild und die Rolle von Private Equity als reine Geldgeber sind längst überholt, ebenso wie das Zerrbild der „Heuschrecken“ langsam in der Mottenkiste verschwindet. In einem zunehmend kompetitiveren Markt für attraktive Deals sind zwei zentrale und sehr positive Entwicklungen zu beobachten: Private Equity-Gesellschaften bauen erhebliche Industrieexpertise auf und übernehmen für mittelständische Unternehmen eine wichtige Funktion, wenn es darum geht, Entwicklungs- und Wertpotenziale zu realisieren. Diese Kombination aus Industrieexpertise und Hands-on-Mentalität von Beteiligungsgesellschaften führt dazu, dass sie als wichtiger Partner für den Mittelstand strategische Projekte nicht nur finanzieren, sondern auch anstoßen, planen und begleiten.
Zu den Autoren
Arndt Rautenberg ist Executive Partner der RölfsPartner-Gruppe und Leiter des Competence Center Transactions. Dr. Matthias Zemelka ist bei RölfsPartner als Manager im Bereich Corporate Finance tätig. Die unabhängige Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft hat sich mit einem interdisziplinären Team auf die Transaktionsberatung im Mittelstand spezialisiert.