„Besonders in den Bereichen IT und Life Sciences ergeben sich mit neuen Geschäftsmodellen auch aktuelle juristische Herausforderungen. Die Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist jedoch noch ausbaufähig“, erläuterte Dr. Wolfgang Weitnauer in seiner Eröffnungsrede. Mit der Bereitstellung des ersten umfassenden Kommentars zum Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und der Veranstaltung des Branchentreffens wollte er Handlungsbedarf aufweisen und den fachlichen Austausch anstoßen. Ebenfalls anwesend und am Kommentar wesentlich beteiligt waren Lutz Boxberger, Partner bei Weitnauer und Dr. Dietmar Anders von der Commerzbank. Unterteilt in die vier Themenblöcke „Fonds- und Produktregulierung“, „VC-Beteiligungen – Finanzierung und Exit jenseits des deutschen Tellerrands“, „Finanzierung im Life Sciences-Bereich“ und „IT-Investments in Deutschland“ informierten Praktiker vor etwa 150 Gästen über aktuelle Trends und Herausforderungen der Start-up- und Investmentbranche. In der Key Note betonte Christoph Stresing, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die steigende Durchdringung immer mehr Branchen durch Informations- und Kommunikationstechnologien. In diesem Kontext sei es daher erforderlich, Unternehmensgründungen im Bereich innovativer Technologien zu erleichtern. Einen richtiger Ansatz auf diesem Weg sieht er in der Verabschiedung eines Venture Capital Gesetzes in Deutschland, um Investitionsanreize zu schaffen.
Notwendigkeit eines Börsensegments für junge Technologiefirmen
Marcel Müller-Marbach, Head of Equity Investments beim European Investment Fund, gab einen Überblick über die Entwicklung der deutschen Venture Capital-Szene. So habe sich das investierte Wagniskapital in Europa im Zeitraum 2007 bis 2013 halbiert. Trotz drohendem Crowding-outs privater Investoren plädierte er daher für einen verstärkten Einsatz öffentlicher Fördermittel als Katalysator für innovative Geschäftsideen. Dr. Alexander von Frankenberg griff in seinem Vortrag die Notwendigkeit eines Börsensegments für junge Technologiefirmen auf. Als Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds begleitete er 40 Exits aus seinen Portfoliounternehmen. Häufig beobachtete er den Einstieg ausländischer Investoren oder den Austritt der Firmengründer nach der Übernahme. Zur Versorgung mit Wachstumskapital, als Anreizmechanismus für Talente und letztlich der Etablierung deutscher Marktführer in neuen Technologiefeldern, sei daher ein Finanzmarkt für Start-ups dringend nötig. Andy Goldstein von der German Entrepreneurship GmbH stellte den German Accelerator vor und beleuchtete die Unterschiede der deutschen und amerikanischen Gründerkultur. Christian Mangstl, Geschäftsführer von cmco ventures, ließ seine Erfahrungen als Business Angel im Silicon Valley revue passieren.
Mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten in der Biotechnologie
Dr. Kremoser, CEO der Phenex Pharmaceuticals AG, wies mit klaren Worten auf den oftmals existenzbedrohenden Finanzierungsengpass in der deutschen Life Science-Branche hin. Um die Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb sicherzustellen, sei es nötig, dauerhaft deutlich höhere Summen in diesen Bereich zu investieren. In den langjährigen Entwicklungszyklen gebe es verglichen mit den USA eine eklatante Kluft zwischen Venture Capital-finanzierter Frühphase und der zeit- und kostenintensiven Testphase, die es auch durch IPOs zu schließen gelte. Michael Kahnert von Bio Deutschland, dem Branchenverband der Biotechnologie-Industrie, stieß mit einem Positionspapier zum Thema Innovationsfinanzierung in Deutschland ins selbe Horn. In der Biotechnologie etwa verliere Deutschland aufgrund ungenügender Finanzierungsmöglichkeit der aufwendigen Forschung und Entwicklung mehr und mehr an Boden. In der anschließenden von Dr. Wolfgang Weitnauer moderierten Podiumsdiskussion bestätigte Dr. Frank Kalkbrenner vom Boehringer Ingelheim Venture Fund die sinkende Investitionsbereitschaft deutscher Wagniskapitalgeber in den Lebenswissenschaften. Mit Uwe Steinbacher von der SHS Gesellschaft für Beteiligungsmanagement und Karlheinz Schmelig von Creathor Venture Management diskutierte er u.a. über Herausforderungen bezüglich der Verteilung potenzieller Lizenzeinnahmen. Der Biophysiker Prof. Riesner konnte mit seiner Erfahrung als Business Angel und Gründer von Qiagen das Gespräch bereichern. Matthias Guth von der MIG Verwaltungs AG referierte über den erfolgreich begleiteten Exit der Corimmun GmbH. Den Themenblock Life Sciences beendete Dr. Henning Mennenöh von der Kanzlei Weitnauer mit der Präsentation des Handbuchs „Life Schiences Agreements in Germany“.
„Made in Germany“ als digitales Gütesiegel
Willem Bulthuis, Vorstandsmitglied der Secunet Security Networks AG, griff erneut den Handlungsbedarf seitens des deutschen Gesetzgebers auf. Beispielsweise sei zu klären, wann in einer vernetzten Industrie 4.0 der Softwareanbieter, Anlagenhersteller oder Anwender für Haftungsfragen im Schadensfall gerade stehe. In der anschließenden Podiumsdiskussion gab Dr. Torsten Oelke, Geschäftsführer der Smart Mobile Factory, zu bedenken, gerade in der nicht standortgebundenen IT-Branche sei ein strenges deutsches Datenschutzrecht ein Wettbewerbsnachteil. Thomas Haberl, Gründer der SSP Europe, wand ein, in der digitalen Welt könne sich „Made in Germany“ als Gütesiegel neu positionieren. Deutsche Software, hiesige Server und das nationale Datenschutzrecht könnten durchaus auch als Standortvorteil genutzt werden. Weitere Themen rund um mögliche Geschäftschancen für IT-Investments in Deutschland besprach Moderator Tilman Mueller-Stöfen von der Kanzlei Weitnauer mit Michael Boshammer von T-Venture sowie Matthias Götz von Wert8 und Nikolaus von Taysen von der PAY-ON AG.
Im anschließenden Get together mit Blick über die bayerische Landeshauptstadt gab es die Möglichkeit zum tiefergehenden Austausch mit zahlreichen Vertretern von Branchenverbänden, Finanzmarktakteuren und Unternehmern.