Vor rund einem Monat haben die Ausgangsbeschränkungen zum Schutz vor der Covid-19-Pandemie das Wirtschafts- und soziale Leben maßgeblich verändert. Unternehmen und Investoren haben auf Homeoffice umgestellt. Start-ups haben Kurzarbeit und mehr oder minder erfolgreich Soforthilfen beantragt. Doch bisher sind bei dem meisten Start-ups richtig wirksame Hilfen nicht angekommen. Was jetzt wirklich gebraucht wird.
Der von der Bundesregierung ins Leben gerufene, 600 Mrd. EUR schwere Wirtschaftsstabilisierungsfonds bezieht Start-ups mit einer Bewertung von mehr als 50 Mio. EUR mit ein. Doch dieses Kriterium erfüllen nur die Wenigsten. Für Start-ups, die bis zu fünf Jahre alt sind, kommt ein ERP-Gründerkredit der KfW in Betracht, der bei der „Hausbank“ beantragt werden muss. Bei sehr vielen Start-ups werden solche Anträge bei den Banken jedoch aktuell nicht bearbeitet, sodass diese Hilfe nicht ankommt. Für alle kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) kommt ein KfW Schnellkredit in Betracht. Hier ist jedoch Voraussetzung, dass das KMU im Jahr 2019 oder im Durchschnitt der letzten drei Jahre einen Gewinn ausgewiesen hat. Auch damit können die meisten Start-ups noch nicht dienen.
Deshalb soll von der Bundesregierung ein 2-Mrd.-EUR-Hilfspaket speziell auf Start-ups zugeschnitten werden. Die gemeinsame Pressemeldung von BMF und BMWi vom 01.04.2020 kündigt an, öffentlichen Venture Capital-Fonds und -Dachfonds sowie den Dachfonds KfW Capital und Europäischer Investitionsfonds (EIF) weitere öffentliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Start-ups ohne Venture Capital-Investoren im Gesellschafterkreis und kleine Mittelständler soll die Finanzierung mit Wagniskapital und Eigenkapital-ersetzenden Finanzierungsformen erleichtert werden. Die Bundesregierung folgt damit den Vorschlägen des Bundesverbands Deutsche Start-ups e.V., der bereits am 19.03.2020 einen vier Stufen Rettungsplan vorgelegt hat. Die konkrete Umsetzung des Maßnahmenpakets steht aber noch aus.
Aus diesem Grund warten viele Start-ups und finanzierungswillige Investoren aktuell auf die Konditionen und Abrufbarkeit dieses Hilfspakets. Anstehende Finanzierungen mit Privatinvestoren werden aufgeschoben, um mögliche Fördergelder in Anspruch nehmen zu können. Denn nach geltendem Beihilferecht ist eine rückwirkende Zusage solcher Fördermaßnahmen nicht zulässig. Damit die Hilfe für manche Start-ups nicht zu spät kommt, sollte an einer Öffnung des Beihilferechts für diesen besonderen Fall gearbeitet werden, sodass grundsätzlich förderfähige Finanzierungen wie vom Start-up-Verband vorgeschlagen auch rückwirkend co-finanziert werden können.
Um auch das öffentliche Geld möglichst schnell zu den Start-ups zu bringen, können etablierte Förderwege genutzt werden. Wie z.B. Invest, bei dem schlicht die Förderquote von 20% auf 80% erhöht werden könnte. Daneben könnte beim EIF das Co-Finanzierungsverhältnis von 1:1 auf 1:4 erhöht werden. Ein ergänzend zusätzlicher Matching-Fonds ist sinnvoll, wird aber mehr Zeit benötigen, um seine Arbeit aufzunehmen.
Wichtig bei alledem ist, dass Eckpunkte der Förderkonditionen auch für rückwirkende Förderungen zeitnah veröffentlich werden, damit zumindest die privaten Mittel den Start-ups schon jetzt zugutekommen können und nicht weiter zugewartet werden muss.
Björn Weidehaas ist Rechtsanwalt und Partner der Lutz Abel Rechtsanwalts GmbH in München. Er ist spezialisiert auf Venture Capital und berät Mandanten im Handels- und Gesellschaftsrecht sowie im Insolvenzrecht.