KMU in Schleswig-Holstein

Das Glück bewahren

Die deutsche Wirtschaft wird bekanntlich vom Mittelstand getragen. Dies ist in Schleswig-Holstein umso stärker ausgeprägt. Die fehlende Abhängigkeit von speziellen Branchen und Großunternehmen hat sich in der Vergangenheit auch eher in gedämpften Konjunkturzyklen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt gezeigt. Im Positiven wie im Negativen. So war zum Beispiel der Konjunktureinbruch nach der Finanzkrise in Schleswig-Holstein nur etwa halb so stark ausgeprägt wie im Bundesdurchschnitt. Die breite Aufstellung des Mittelstandes und der KMU (kleine und mittlere Unternehmen) entbindet aber nicht von einer angemessenen und zielgerichteten Fokussierung. Diese wird auch landespolitisch durch eine Regionale Innovationsstrategie getragen und begleitet.

„Dynamisch, bodenständisch und innovativ – das sind die Attribute unserer Mittelständler im echten Norden“ (Aus dem Vorwort: Wirtschaftsland 2020) und das trifft genau den Kern. So sind laut KfW unsere KMU zu 39% in wissensintensiven Dienstleistungen tätig. Dies wird auch begleitet durch eine intensive Clusterpolitik um unter anderem Wirtschaft und Wissenschaft zu vernetzen. Diese sechs Cluster spiegeln nicht nur Megatrends wider, sondern auch regional besondere Kompetenzen als auch die besondere Lage unseres schönen Bundeslandes und die langjährige Erfahrung der Unternehmen. Dass der Tourismus hier einen Schwerpunkt darstellt, kann daher nicht überraschen. Hier sehen wir auch zukünftig großes Wachstumspotenzial, umso mehr trifft diesen Bereich natürlich die aktuelle Krise. Die maritime Wirtschaft umfasst nicht nur den Schiffbau und die -zulieferung, sondern auch Meerestechnik und maritime Technologien. Erneuerbare Energien gehört als Cluster ebenfalls dazu. Dies umfasst nicht nur die bekannten Windräder und anderer regenerativen Energieproduktionsformen, sondern verstärkt auch die Frage der Speichertechnogien und die Entwicklung umfassender Energie- und Mobilitätskonzepte. Ein Thema dass immer weiter an Bedeutung gewinnt und frühzeitig aufgegriffen wurde. Life Sciences, in dem das Gesundheits-Know-how von Schleswig-Holstein und Hamburg gebündelt wird. Dann die Ernährungswirtschaft, die in Schleswig-Holstein eine lange Tradition besitzt. Und das Clustermanagement Digitale Wirtschaft. Dass die Digitalisierung und künstliche Intelligenz große Veränderungen für die Unternehmen bringt, ist hinlänglich gekannt und auch hier stellt sich Schleswig-Holstein zukunftsweisend auf, unabhängig von den Hausaufgaben, die jedes Unternehmen ohnehin machen muss. Aber auch hier ist unseren Unternehmen nicht bange, ganz im Gegenteil. Die Erkenntnis der jüngeren Vergangenheit zeigt, dass disruptive Entwicklungen am Markt mitnichten immer nur von neuen Marktteilnehmern erfolgen, sondern sehr oft die organische Entwicklung in den bestehenden Unternehmen widerspiegelt. Voraussetzung ist aber hierbei nicht nur generell offen für Neues zu sein, sondern auch ein professionelles Innovationsmanagement zu betreiben. Dies begleiten wir hier in Schleswig-Holstein durch unsere WTSH (Wirtschaftsförderung und Technologietransfer GmbH) als auch monetär durch unsere Förderfamilie, zu der wir als MBG ebenfalls zählen.

Herausforderung Nachfolge

Ein weiteres großes Thema ist natürlich die Nachfolge. Viele Unternehmen stehen bekanntlich zur Übergabe an. Eine bundesweite Folge der demographischen Entwicklung, die in Schleswig-Holstein nicht minder stark ausgeprägt ist. So weist das Land laut einer Studie der KfW den höchsten Altersdurchschnitt der Inhaber bundesweit aus. Daher gilt es nicht nur die geeigneten Nachfolger zu finden und mit den bestehenden Unternehmen zusammen zu bringen, sondern auch hier bei der Übernahme zu assistieren. Die – zumindest bis vor der Corona-Krise – über mehr als zehn Jahre steigenden Konjunkturentwicklung, daraus resultierend die gute Ertragslage vieler Unternehmen, verbunden mit den niedrigen Zinsen, haben die Kaufpreis durchaus steigen lassen. Hier haben wir über verschiedenste Programme die Möglichkeit geschaffen, den Erwerbern, gerade wenn es Übernehmer aus der Firma heraus sind, die in der Regel nicht über die liquiden Mittel verfügen, den Kaufpreis selbst oder zu einem großen Prozentsatz selber zu bezahlen, dennoch in die Lage zu versetzen, das Unternehmen zu übernehmen. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist aber auch eine gesellschaftliche Frage, nämlich, dass wir das Bild es Unternehmers in der Bevölkerung wieder positiver gestalten sollten. Denken wir nur beispielhaft an einen Tatort-Krimi. Was ist dort der Unternehmer? Vielfach entweder als unsympathische Opfer oder der Täter. Hier ist uns wichtig und auch notwendig, dass das Unternehmertum wieder positiver belegt wird. Und dass ein großer Teil der Studierenden nach dem Studium lieber gern in den öffentlichen Dienst gehen möchte als unternehmerische Verantwortung zu übernehmen, ist auch ein Fundus an Fachkräften, den es mittel- und langfristig wieder zu erschließen gilt.

Gut angebunden

Auch die verstärkte Ansiedlung und Gründung von Unternehmen steht im besonderen Fokus. Unstrittig haben bei den Start-ups die Hotspots – namentlich die Großstädte – einen großen Standortvorteil. Auch durch den Wunsch vieler Gründer, sich mit Gleichgesinnten gern auch interdisziplinär zusammen zu tun – sei es in Co-Working-Spaces oder speziellen Gründerzentren –, befruchtet sich das System selbst. Aber auch hier braucht sich Schleswig-Holstein nicht zu verstecken beziehungsweise hat die „Challenge“ angenommen. In den Hochschulen, die Entrepreneurship neben Forschung und Lehre als weiteres wichtiges Aufgabenfeld erkannt haben, durch Technologiezentren, durch regionale Co-Working-Angebote, agile Unternehmen vor Ort, die dies begleiten und auch förderpolitische Unterstützung von Start-ups, sind wir hier auf einem guten Weg. Für bestehende Unternehmen und Ansiedlungen – auch aus dem Ausland – versuchen wir mit dem Standort zu punkten. Die Nähe zum Wasser (Nord- und Ostsee, Nordostseekanal) und auch Hamburg, mit Hafen und Flughafen, Internationaler Präsenz von Unternehmen, sind wichtige makroökonomische Standortpunkte. Die Infrastruktur im Land ist durch den Ausbau der A7 gut vorangebracht worden, wichtig ist die A20 als Bindeglied zwischen Mecklenburg- Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachen jetzt weiter voranzubringen. Die Fehmarnbeltquerung wird uns einen weiteren Schub bringen und die Vernetzung nach Dänemark und dem gesamten skandinavischen Raum verbessern. Aber Infrastruktur ist auch Glasfaser. Hier gibt Schleswig-Holstein unverändert richtig Gas. Hier sind wir mit dem Glasfaserausbau in der Fläche bundesweit mit führend.

Fazit

Insofern sehen wir uns bei allen Herausforderungen gut aufgestellt. Die aktuelle Corona-Krise hätten wir alle nicht haben müssen. Diese trifft unsere Wirtschaft in gleichem Maße wie alle anderen auch. Die Bundes- und unsere Landesregierung hat schnell und konsequent gehandelt, die negativen Folgen werden wir und die Unternehmen noch lange spüren, aber auch erfolgreich überwinden. Und immer daran denken: in Schleswig-Holstein leben die glücklichsten Menschen bundesweit. Das kommt nicht von ungefähr und soll auch so bleiben.

 

Holger Zervas ist seit 2016 Geschäftsführer der MBG Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH sowie der Bürgschaftsbank Schleswig Holstein. Zuvor leitete er das Firmengeschäft der Investitionsbank.