Deutschland ist eine Exportnation – aber Exporte sind mit finanziellen Risiken verbunden. Die nötigen Kreditversicherungen sind gerade für kleinere Auftragswerte ein Riesenaufwand. Das Start-up Tr8fin vereinfacht diesen Prozess und hilft damit vor allem kleineren und mittleren Unternehmen.
Es ist eine klassische Situation: Ein mittelständischer Maschinenbauer will eine Maschine im Wert von 100.000 EUR nach Angola verkaufen – doch das Geschäft ist für ihn riskant, denn er kennt die Bonität des Käufers nicht. Am liebsten würde er Vorkasse vereinbaren. Das will der Käufer aber nicht; er verfügt nicht über die nötige Liquidität und will die Maschine nach und nach mit den Erlösen aus dem Verkauf der darauf produzierten Ware bezahlen, also in Raten. In dieser Situation könnte der Exporteur eine staatliche Kreditversicherung beantragen, eine sogenannte Hermes-Deckung. Zahlt der Kunde später nicht, würde er vom Staat entschädigt. Der Exporteur wäre damit abgesichert, aber ihm fehlte erst einmal das Geld aus dem Verkauf seiner Maschine. Also müsste er sich zur Refinanzierung eine Bank suchen, die ihm die Forderung abkauft und ihm somit Liquidität zurückgibt. Die Sache hat nur einen Haken: Diese Prozesse sind extrem aufwendig und dauern meist sehr lange. Diese Komplexität schreckt den Exporteur ab, denn er hat nicht das nötige Know-how im Haus. Die Maschine wird also nicht nach Angola verkauft.
Einfache Antragsstellung für Unternehmen jeder Größe
Hier setzt das Start-up Tr8fin (ausgesprochen: „Tradefin“) an. Mit einer digitalen Plattform und umfangreicher persönlicher Beratung will es Unternehmen ermöglichen, auch Exportprojekte mit kleineren Auftragswerten zu realisieren, sogenannte Small Tickets. „Wir wollen Unternehmen helfen, im Vertrieb eine zusätzliche Absatzchance wahrnehmen zu können“, sagt Mitgründer und Geschäftsführer Reimund Felderhoff. Auf der Plattform werden Exporteure Schritt für Schritt durch die vollständig digitalisierten Antragsprozesse geführt. Bei Fragen stehen Felderhoff und sein Team persönlich zur Verfügung. Zudem unterbreitet ein Onlinekalkulator Vorschläge für den Zinssatz, zu dem die Geschäfte abgewickelt werden. Tr8fin hat vor allem kleine und mittlere Betriebe als Zielgruppe im Blick, aber auch größere Unternehmen. Diese haben in der Regel zwar die nötige Expertise und brauchen nicht mehr viel Beratung, aber sie profitieren von der einfachen Antragstellung sowie davon, dass alle Vorgänge dokumentiert und archiviert werden und damit auf Knopfdruck jederzeit verfügbar sind.
Team mit langjähriger Erfahrung
Felderhoff und seine beiden Mitgründer sind im Exportversicherungsgeschäft „alte Hasen“. Bevor sie 2018 tra8fin gründeten, waren sie jeweils jahrelang im Maschinenbau als Finanzexperten unterwegs gewesen. Diese Expertise war auch ein entscheidendes Argument für die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB), sich im Frühjahr an dem jungen Unternehmen zu beteiligen. „Man hat bei einem Team von Personen mit langjähriger Berufspraxis und somit Branchenexpertise, wie bei tr8fin, viel Wissen und auch Leitungserfahrung. Das ist ein großer Mehrwert“, sagt Mike Walber, der bei der ISB den Bereich Venture Capital leitet. Die ISB habe darüber hinaus auch den Ansatz sehr vielversprechend gefunden, den bisher langwierigen Prozess der Exportfinanzierungen zu digitalisieren und damit zu beschleunigen. Anfang 2020 ist die tr8fin-Plattform online gegangen; erste Kunden gibt es schon. Der Markt ist nach Felderhoffs Einschätzung riesig. „Wenn wir nur 1% der deutschen Maschinenbauunternehmen als Kunden hätten und die pro Jahr drei bis fünf Small Ticket-Geschäfte abschlössen, wären wir schon bald Break-even“, ist er überzeugt. Ertrag generiert tr8fin durch eine erfolgsabhängige Vergütung, bei der für jedes abgeschlossene Geschäft 2% vom Auftragswert anfallen.
Ausblick
Neben Wachstum stehen bei tr8fin in den nächsten Jahren die Internationalisierung und die Erweiterung des Geschäftsangebots auf dem Plan. „Ziel ist es, unsere Plattform für alle europäischen Länder zu öffnen, die Exportkreditagenturen haben, wie Euler Hermes in Deutschland“, sagt Felderhoff. Darüber hinaus soll das Angebot über die bisherigen Lieferantenkredite auf Bestellerkredite ausgeweitet werden.