Personio ist jüngst in die Riege der deutschen Unicorns aufgestiegen. 1,7 Mrd. USD ist das Münchner Start-up nach der letzten Finanzierungsrunde wert. Es stellt sich die Frage, wann der Anbieter von HR-Software den nächsten Wachstumsschritt geht und sich an die Börse wagt.
GoingPublic: Sie haben kürzlich eine Finanzierung über 125 Mio. USD eingesammelt. Welche Pläne verfolgen Sie mit dem Kapital?
Renner: Mit dem zusätzlichen Kapital wollen wir zum einen unser Produkt weiter ausbauen und zum anderen unsere europäische Expansion vorantreiben. Wir haben derzeit Büros in München, Madrid, Dublin und London, wollen aber auch andere Märkte erschließen. In den Nordics und Benelux haben wir schon seit letztem Jahr eigene Teams samt Country Managern. Hinzukommen sollen dieses Jahr Frankreich, Italien und weitere Länder.
Aktuell haben wir schon über 3.000 Kunden in ganz Europa, dennoch ist das Potenzial für uns nach wie vor riesig und wir stehen noch ganz am Anfang: In Europa gibt es über 1,7 Millionen kleine und mittelständische Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern. Das sind genau die Unternehmen, für die wir unsere Software entwickeln, und die Mehrheit dieser KMUs hat bislang noch keine digitale HR-Lösung im Einsatz. Das möchten wir ändern, indem wir die Personalprozesse digitalisieren und automatisieren und Unternehmen so dabei helfen, ihr Potential zu entfalten.
Dafür werden wir auch unsere cloudbasierte Software-Lösung kontinuierlich ausbauen, um weitere Personalprozesse abzudecken, die HR und andere Teams bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen.
GoingPublic: Finanzierungsrunden in dieser Höhe waren noch vor einigen Jahren das sichere Indiz für das in Kürze folgende IPO. Inzwischen bleiben viele Start-ups immer länger private – welche Gründe gibt es dafür?
Renner: Ein Grund dafür ist sicherlich, dass es auch an den privaten Kapitalmärkten immer mehr Möglichkeiten für große Finanzierungsrunden gibt und auch viele Crossover Funds Interesse haben, Jahre vor einem IPO zu investieren. Gleichzeitig sind die Venture Funds ebenfalls größer geworden und die etablierten Venture Capitalists sind langfristiger ausgelegt, so dass sie ihre Portfolio Unternehmen nicht zu einem Liquidity Event drängen müssen.
Es gibt neben Zugang zu Kapital sicher auch andere Gründe für ein IPO, gleichzeitig gibt es aber auch Nachteile, zum Beispiel können Strategien teilweise kurzfristiger werden, wenn man auf Quarterly Earning Calls optimiert. Im Endeffekt muss jedes Unternehmen, die Vor- und Nachteile abwägen und darauf basierend den richtigen Zeitpunkt auswählen.
GoingPublic: Ist ein IPO von Personio Ihr nächster Wachstumsschritt?
Renner: Unser Ziel war es immer, die führende HR-Plattform für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa zu werden. Dieses Ziel wollen wir als unabhängiges Unternehmen verfolgen und damit ist ein Börsengang irgendwann ein logischer Schritt. Gleichzeitig sind wir für die nächsten Jahre sehr gut finanziert und werden somit sicher noch eine Weile als Private Company wachsen.
GoingPublic: Wie kann man den Kapitalmarktstandort Deutschland wieder stärker in den Fokus der Entrepreneure zu rücken?
Renner: Ich glaube, viel hängt mit dem Mindset der Investoren zusammen. Als schnell wachsendes Start-up braucht man Investoren, die nicht auf einen positiven EBIT fokussiert sind, sondern verstehen, dass es sinnvoll ist, alle Einkünfte und noch mehr direkt wieder in Produktentwicklung und Wachstum zu reinvestieren. Dafür gibt es gute Kennzahlen, wie die “Rule of 40”, um trotzdem die Effizienz im Blick zu behalten. Ich habe das Gefühl, dass diese Strategie durch die Erfolge von Amazon und anderen an den Kapitalmärkten in den USA schon besser akzeptiert und positiv bewertet wird. Das heißt aber nicht, dass wir ein IPO in New York anstreben.
GoingPublic: Welche Erwartungen haben Sie an das IPO-Jahr 2021?
Renner: Die Kurse und Multiples sind auf absoluten Höchstwerten und die meisten IPOs in der zweiten Jahreshälfte 2020 waren sehr erfolgreich. Ich gehe davon aus, dass folglich viele Unternehmen, die sowieso über ein IPO nachgedacht haben, dieses Fenster nutzen wollen. Ich gehe aber auch davon aus, dass sich die aktuelle Lage nicht so schnell wieder ändern wird. Solange die Leitzinsen so niedrig sind und so viel Kapital verfügbar ist, wird dieses weiterhin in die Equity Märkte, private wie public, gehen.
GoingPublic: Wenn es nicht Personio ist, welches Start-up wird Ihrer Meinung nach heuer in jedem Fall den Gang aufs Parkett wagen?
Renner: Ich kann das nicht besser vorhersagen als die vielen IPO-Listen, die im Internet kursieren. Von manchen Start-ups wie Auto1, UiPath oder Deliveroo sind die Pläne ja schon sehr konkret, andere werden die Pläne sicher durch Filings im Laufe des Jahres offenlegen.
GoingPublic: Herr Renner, vielen Dank für das Gespräch.
Hanno Renner, Personio:
Hanno Renner ist Co-Founder und CEO des Start-ups Personio. Das Jungunternehmen ist die ganzheitliche HR-Software für kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern. Der Software-Anbieter mit Sitz in München, Madrid, London und Dublin hat es sich zum Ziel gesetzt, Personalprozesse schneller, übersichtlicher und effizienter zu machen. So haben HR Manager wieder Zeit, sich auf das wertvollste Gut erfolgreicher Unternehmen zu konzentrieren: die Mitarbeiter. Zu diesem Zweck entwickelt Personio eine All-in-One Software-Lösung für Recruiting, Personalverwaltung und Lohnabrechnung.