Gründerzentren als Door Opener

Gründerunterstützung im Wandel der Zeit

Gründerzentren als Door Opener
Gründerzentren als Door Opener

Bildnachweis: ©Aldeca Productions – stock.adobe.com, © Bundesverband Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzen¬tren e.V..

Die hardwareseitige Unterstützung von Unternehmensgründungen in Deutschland wird seit einigen Jahren als angemessen eingeschätzt. Zu diesem Ergebnis kommt der Global Entrepreneurship Monitor (GEM), ein internationales Forschungsprojekt, das für Deutschland von Prof. Dr. Rolf Sternberg geführt wird. Überhaupt hat sich in den letzten Jahren, flankiert von der exorbitanten politischen Aufwertung der Unternehmensgründung an sich, in zahlreichen Regionen ein buntes Gründerökosystem entwickelt. Dahinter verbirgt sich das Zusammenwirken verschiedener Organisationen und ­Akteure mit dem gemeinsamen Ziel, Unternehmensgründungen möglichst effizient zu unterstützen.

Ausgangspunkt dieser Entwicklung ist, die Gründung eines Unternehmens als Prozess zu verstehen und die einzelnen Schritte von jeweils spezialisierten Partnern unterstützen zu lassen, die sich abstimmen und kooperieren. Damit ist nicht mehr ein einzelnes Gründerzentrum Ansprechpartner für die Gründer, sondern ein Netz von Spezialisten. Das verbessert zwar die Qualität des Supports, nicht aber die Zugänglichkeit für die potenziellen Nachfrager. Diese Diskrepanz wird verstärkt durch immer neue Formen der Gründerunterstützung. Es sind Inkubatoren, Acceleratoren, Smart Labs, Maker Spaces und andere Akteure, die mit dem identischen Ziel antreten, Unter­nehmens­gründungen zu unterstützen. Hier ist die Abstimmung zwischen den Anbietern unabdingbar; sonst kommt es unvermeidlich zum konkurrierenden Silodenken der Akteure am selben Standort. Von einem gebündelten, nach außen homogenen Auftreten profitieren dagegen alle Seiten.

Arbeitsteilung unter den Unterstützern

Wesentliche Grundlage ist dabei auch das arbeitsteilige Agieren der Partner. So werden von einzelnen Akteuren meist nur ein­zelne Phasen des Gründungsprozesses unterstützt. Typische Beispiele dafür sind die Gründerinitiativen der Forschungs­einrichtungen, die in den frühen Phasen der Ideenfindung und Definition des Geschäftsmodells helfen. Inkubatoren nehmen sich dann dieser Projekte aus der frühen Phase an und sorgen in einem stringenten Prozess dafür, dass mit Expertenhilfe Machbarkeit, Finanzierbarkeit und Businessplan geklärt sowie im besten Fall auch Investoren gefunden werden. Acceleratoren arbeiten ähnlich, beginnen aber in der Regel in einer etwas späteren Entwicklungsphase der Gründungsprojekte. Das typische Arbeitsfeld der Innovationszentren ist die sich daran anschließende Phase des Unternehmensaufbaus über den Markteintritt bis zum Wachstum.

Events und Wettbewerbe als Door Opener

Doch damit sind bei Weitem nicht alle heute üblichen Formen der Gründerunterstützung beschrieben. Flankiert wird das Angebot der Partner häufig durch regional oder auch überregional organisierte Wettbewerbe und Auswahlveranstaltungen wie ­Hackathons, Businessplanwettbewerbe und Ähnliches. Sie helfen den Gründern, erste Orientierung im Start-up-Ökosystem aufzunehmen sowie Kontakte zu knüpfen und haben somit eine wichtige Türöffnerfunktion. Die mit der Wettbewerbsteilnahme verbundene öffentliche Aufmerksamkeit ist ein weiterer wich­tiger Erfolgsfaktor.

Spezialisierung für Branchen

Neben den branchenübergreifenden Angeboten existieren auch vielzählige auf bestimmte Branchen zugeschnittene. Vorreiter hierfür war vor etwa zwei Dekaden die Biotechnologie- und Medizin­technikbranche, die ganz spezielle Unterstützung mit fachlichem Spezialwissen und branchenspezifischer Infrastruktur benötigt. Dies gilt inzwischen analog auch für andere Branchen wie die Mikroelektronik oder die Chemie. Auch an Grün­derinnen werden spezielle Angebote adressiert, die sich der beson­deren Bedürfnisse weiblicher Unternehmer annehmen. Das große Themenfeld Nachhaltigkeit wird in den Unterstützungsangeboten zunehmend adressiert. Immer mehr Gründer suchen sich Geschäftsfelder im Bereich Kreislaufwirtschaft, opti­maler Energieeinsatz oder soziales Unternehmertum. Auch ­dafür entwickeln sich entsprechende Unterstützungsangebote. Die Erfahrung zeigt, dass es sich hier nicht um eine eigene Branche handelt, sondern branchenübergreifend spezielle Problemstellungen aus der hybriden Ausrichtung dieser Projekte auf gesell­schaftlichen, ökologischen und ökonomischen Nutzen ­gelöst werden müssen. Aber auch die Unterstützer selbst engagieren sich immer stärker für einen nachhaltigen Betrieb ihrer Einrichtungen. Hier erleben wir einen interessanten Verdopplungseffekt.

Regionale Ökosysteme

Gründerunterstützung ist somit immer mehr geprägt vom syste­matischen Zusammenwirken unterschiedlicher Unterstützungs­angebote mit dem gemeinsamen Ziel, erfolgreiche Unternehmensgründung und Unternehmenswachstum in der Region zu ermöglichen. Damit ist ein weiteres Kennzeichen der Unterstützerlandschaft erwähnt: Die Gründerökosysteme sind regional ausgerichtet. Sie fokussieren die typischen regionalen Besonderheiten und sind auch daher besonders effizient. Hilfreich ist auch, wenn sich eine regionale Leiteinrichtung für die vielfäl­tigen Partner etabliert, beispielsweise das örtliche Innovationszentrum, das dafür aufgrund seiner meist öffentlichen Trägerschaft prädestiniert ist.

Ausblick

Die Unterstützungslandschaft hat sich also massiv gewandelt; sie ist vielfältiger, fachbezogener und branchenbezogener gewor­den. Dieser Prozess, der seit mehr als zehn Jahren anhält, wird wohl auch die zukünftige Entwicklung der Branche kennzeichnen. Neue Angebote werden sich aus den Bedürfnissen der neuen Gründergeneration entwickeln; ebenso werden sich Angebote erübrigen, weil sie nicht mehr abgefordert werden. Die Unterstützungslandschaft wird damit sehr differenziert, aber auch immer professioneller. Sie entwickelt sich bedarfs­abhängig. Dieser Prozess ist für die Zielgruppe der Gründer überaus positiv. Die Übersichtlichkeit der Angebotspalette nimmt aber ab, sodass es der Bündelung bedarf, am besten ­unter einer gemeinsamen Dachmarke. Regionale und überregionale Portale lassen zwar das jeweils passende Angebot finden, doch der Effekt einer realen Community mit seinen vielfältigen Nuancen der Interaktion ist bedeutend wichtiger. Ihn gilt es auszuprägen. Nach über einem Jahr coronabedingter Abstinenz persönlicher Treffen wird sich hier für die Leiteinrichtungen der Gründerökosysteme ein breites Feld an Bedarfen auftun, das es zu befriedigen gilt.

Fazit

Die Ausbildung eines möglichst vielfältigen regionalen Gründer­ökosystems in Form eines bedarfsgerechten Netzwerks fachlich unterschiedlichster Akteure, das sein Angebot gut strukturiert gebündelt kommuniziert, ist als Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmensgründungen essenziell.

Zum Autor: 

Dr.-Ing. habil. Bertram Dressel ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzen­tren e.V.
Dr.-Ing. habil. Bertram Dressel
ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzen­tren e.V.
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Dr.-Ing. habil. Bertram Dressel ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzen­tren e.V.