Begrüßenswerte Entscheidungen des BFH

Aktuelle BFH-Rechtsprechung zur Besteuerung von Managementbeteiligungen

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Im Rahmen von Private Equity-Transaktionen spielt das Management des zu übernehmenden Unternehmens eine wichtige Rolle. Um einen ­Gleichlauf der Interessen von Management und Investor für die Investmentdauer des Private Equity-Investors zu erreichen, wird das Management klassischerweise in Form einer Managementbeteiligung am Erfolg des Unternehmens beteiligt.

Neben der Finanzierung mit „echtem“ Eigenkapital (circa 10% bis 15%) gibt der Finanzinvestor einen wesentlichen Teil des benötigten Kapitals als Vorzugsinstrumente in Form von Gesellschafterdarlehen oder Vorzugskapital (85% bis 90%) in das Holdingvehikel. Beide Finanzinstrumente gewähren keine Beteiligung an den stillen Reserven des Unternehmens, sind aber mit einer fixen Rendite zwischen 6% und 12% per annum ausgestaltet. Im Vergleich zum echten Eigenkapital verfügen sie außerdem über eine Liquidationspräferenz beziehungsweise ­einen Rückzahlungsanspruch in Höhe des eingezahlten Kapitals. Der Manager investiert regelmäßig nur in das Eigenkapital, aber gar nicht oder unterproportional in diese Vorranginstrumente („Sweet Equity“).

Aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Am 27. Mai 2021 veröffentlichte der Bundesfinanzhof (BFH) zwei Urteile (jeweils vom 1. Dezember 2021, Az. VIII R 21/17 und VIII R 40/18), in denen er sich erstmals zu den Folgen des „Sweet Equity“ für die Besteuerung von Managementbeteiligungen ­äußerte. Der BFH bestätigt darin die in seinem Urteil aus dem Jahr 2016 (Urteil vom 4. Oktober, Az. IX R 43/15) aufgestellten Voraus­setzungen für die Besteuerung von Veräußerungserlösen bei Managementbeteiligungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Erneut erteilt der BFH der Praxis der Finanzverwaltung, ­Ge­winne aus der Veräußerung von Managementbeteiligungen als Tätigkeits­vergütungen voll zu besteuern, eine Absage.

Entschiedene Sachverhalte

In den diesen Urteilen zugrunde liegenden Fällen erwarben die revisionsbeklagten Manager eine Eigenkapitalbeteiligung an ­einer Gesellschaft, mit der sie direkt oder indirekt durch ein Arbeits- oder selbstständiges Beratungsverhältnis verbunden waren. Während es im Urteil VIII R 40/18 um einen angestellten Manager ging, wurde die Beteiligung in dem Urteil VIII R 21/17 von einem freiberuflich tätigen Berater erworben. In beiden Fällen wiesen die Kapitalbeteiligungen typische Gestaltungselemente einer Managementbeteiligung auf. Dazu gehörten etwa Ankaufsrechte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit unterschiedlichen Kaufpreisen in Abhängigkeit vom Beendigungsgrund oder „Drag-/Tag-Along Rights“ (Mitverkaufsrechte und -pflichten des Managers/­Beraters) bei Verkauf der Beteiligung durch den Hauptinvestor.

Unterschiedliche Kapitalinstrumente

Das Kapital der Gesellschaften, an denen die Revisionsbeklagten beteiligt waren, setzte sich in beiden entschiedenen Fällen aus unterschiedlichen Kapitalinstrumenten zusammen. Im Fall VIII R 40/18 war das Eigenkapital der Gesellschaft in drei Anteils­klassen aufgeteilt, von denen der Manager nur Anteile der nachrangigen Klasse C aufgrund des niedrigen Unternehmenswerts zum Erwerbszeitpunkt zu einem sehr niedrigen Kaufpreis erwarb. Im Fall VIII R 21/17 erwarb der Berater nur Anteile am Stamm­kapital und der Kapitalrücklage I der Gesellschaft, während die beteiligten Finanzinvestoren außerdem Zahlungen in die (vorrangigen) Kapitalrücklagen II und III leisteten und Gesellschafter­darlehen gewährten. Infolge des zum Exit stark ­gestiegenen Unter­nehmenswerts und durch die disproportionale Zeichnung der Kapitalinstrumente („Sweet Equity“) erzielten beide Revi­sionsbeklagten im Rahmen des Exits eine (verglichen mit den ­Finanzinvestoren) wesentlich höhere Rendite, waren aber ­zuvor auch einem höheren Verlustrisiko ausgesetzt.

Managementbeteiligung als unabhängiges Sonderrechtsverhältnis

In beiden Urteilen befasst sich der BFH mit der Frage, ob die Erlö­se aus der Veräußerung der Beteiligungen durch die (nicht-)selbstständige Tätigkeit des Managers/Beraters veranlasst sind oder die Managementbeteiligung ein davon unabhängiges Sonder­rechtsverhältnis darstellt. Der BFH bestätigt die im Urteil aus dem Jahr 2016 eingeschlagene Linie. Folgende Indizien sprechen für die Qualifikation einer Managementbeteiligung als unabhängiges Sonderrechtsverhältnis:

  • Das Arbeitsverhältnis oder die freiberufliche Tätigkeit begründen keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung.
  • Die Beteiligung wird zum Marktpreis erworben und veräußert.
  • Der Anteilsinhaber trägt das volle Verlustrisiko aus der Beteili­gung, unabhängig von der Höhe des eingesetzten Kapitals.
  • Es ergeben sich aus der Tätigkeit keine besonderen Umstände, die Einfluss auf Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Betei­ligung nehmen.

Bei der Beteiligung eines Arbeitnehmers ist der Veräußerungserlös auch nicht allein deshalb Arbeitslohn, weil diese (i) von ­einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten oder veräußert und (ii) nur Arbeitnehmern des Unternehmens angeboten wird. Die Beteiligung eines selbstständigen Beraters kann nach Auffas­sung des BFH nur dann zu Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit führen, wenn sie zum Sonderbetriebsvermögen des Beraters gehört. Das ist nach ständiger Rechtsprechung aber nur ausnahmsweise und unter den folgenden Voraussetzungen der Fall:

  • Die Tätigkeit der Gesellschaft ergänzt die eigene berufliche ­Tätigkeit des Beraters.
  • Es soll eine auf die Vergabe von Aufträgen gerichtete Geschäfts­beziehung mit der Gesellschaft geschaffen werden.

Hat die Beteiligung gegenüber der Tätigkeit dagegen ein eigenes wirtschaftliches Gewicht im Sinne einer eigenständigen Erwerbs­grundlage, scheidet eine Zuordnung der Beteiligung zur Beratungstätigkeit aus. Insofern gelten für die Abgrenzung der Beraterbeteiligung zur Tätigkeitsvergütung dieselben Kriterien wie für die Managementbeteiligung.

„Sweet Equity“ kein Grund für höhere Besteuerung

Erstmals äußerte sich der BFH auch zu der Relevanz von „Sweet Equity“ für die Besteuerung von Managementbeteiligungen. Dem BFH zufolge ist eine höhere Besteuerung der Veräußerungserlöse nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil mit der Beteiligung eine „erhöhte Gewinnchance“ verbunden ist. Die Veranlassung durch eine (nicht-)selbstständige Tätigkeit scheidet aus, wenn der Mana­ger seine Beteiligung zum Marktpreis erworben hat. Eine „erhöhte Gewinnchance“ wohnt nach Auffassung des BFH grundsätzlich jeder Kapitalbeteiligung inne.

In dem Urteil VIII R 21/17 ging der BFH noch darüber hinaus: Solange der Manager die Beteiligung zum Marktpreis erwirbt, kann auch die Chance auf eine im Verhältnis zu den anderen Inves­toren deutlich erhöhte Rendite nicht als Beleg für einen Veranlassungszusammenhang mit der Tätigkeit des Managers/Beraters angesehen werden. Vielmehr erhält dieser nur den auf seine Beteiligung entfallenden anteiligen Veräußerungserlös und damit seinen regulären Gewinnanteil. Damit klärt der BFH die lange zwischen den Finanzgerichten umstrittene Frage, welche Folgen „Sweet Equity“ für die Besteuerung von Management­beteiligungen hat.

Keine Entscheidung zur Bewertung

Offen lässt der BFH die Frage zur Bewertung von „Sweet Equity“. Insofern hatte sich die Revisionsklägerin im Verfahren VIII R 21/17 zwar in der mündlichen Verhandlung dazu ausgelassen, dass die Managementbeteiligung zu günstig erworben worden sei. Da es sich insofern aber um einen neuen Tatsachenvortrag han­delte, der im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann, konnte der BFH hierzu keine Stellung beziehen. Der Senat sah aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tat­sachenwürdigung des FG fehlerhaft zustande gekommen sei.

Fazit

Es handelt sich um begrüßenswerte Entscheidungen des BFH, da sie weitere Klarheit bezüglich der Besteuerung von Managementbeteiligungen bringen. Größere Bedeutung zukommen wird aber dem Kriterium des Verkehrswerts bei Erwerb der ­Managementbeteiligung und der Frage, wie dieser zu ermitteln sein wird.

Dr. Barbara Koch-Schulte ist als Partnerin und Steuerberaterin bei Poellath auf die rechtliche und steuerliche Beratung bei Managementbeteiligungen, Management Buyout beziehungsweise Management Buyin, einschließlich Betriebsprüfungen und finanzgerichtlicher Verfahren, spezialisiert.

 

 

 

Dr. Benedikt Hohaus ist als Partner bei Poellath ein erfahrener Transaktionsanwalt (M&A, PE) sowie auf die rechtliche und steuerliche Beratung bei Managementbeteiligungen, Management Buyout beziehungsweise Management Buyin spezialisiert.