Dos und Don’ts beim Arbeitsrecht

Vom Vertrag über Byod bis Homeoffice

Claudia Knuth, Wirtschaftskanzlei Lutz | Abel
Claudia Knuth, Wirtschaftskanzlei Lutz | Abel

Zahlreiche Start-ups legen gerade in der Gründungsphase ihren Fokus eher auf die Entwicklung und die Finanzierung des Produkts und auf das Marke­ting. Dennoch sollte ein Personalkonzept nicht vernachlässigt werden, um das Know-how zu schützen und kostspielige Arbeitsrechtsstreitigkeiten zu vermei­den. Für Start-ups sind bestimmte arbeitsrechtliche Aspekte besonders wichtig.

Schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses – im Bewerbungsverfahren – gibt es einige Hürden, die ­Unternehmen überwinden müssen. Bereits ein Indiz einer Diskriminierung kann zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von drei Monats­gehältern führen. Stellenanzeigen bieten eine große Angriffs­fläche, wenn sie nicht neutral ausgeschrieben wurden; eine Vakanz sollte deshalb stets geschlechtsneutral (m/w/d) formu­liert sein. Auch die Suche nach einem „Berufsanfänger“ oder die eigene Beschreibung als „junges, dynamisches Team“ können nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Indizien für eine Altersdiskriminierung sein. Unbedingt Social Media beachten! Auch das Teilen von Stellenausschreibungen des Arbeitgebers muss diskriminierungsfrei erfolgen. Häufig wird im Post ein „neuer Kollege“ gesucht, nicht aber eine „Kollegin“. Mitarbeiter sollten auf ein diskriminierungsfreies Teilen oder Kommentieren hingewiesen werden.

Regelungen im Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag ist die Grundlage eines Arbeitsverhältnisses. Umso wichtiger ist es, dass dieser die notwendigen Regelungen enthält, um das Arbeitsverhältnis umfassend und wirksam ausgestalten zu können:

Möchte sich der Arbeitgeber die Versetzung der Mitarbeiter vorbehalten, ist hierfür eine vertragliche Regelung erforderlich. Durch eine wirksame Versetzungsklausel kann der Arbeitgeber den Arbeitseinsatz hinsichtlich Arbeitsort und inhaltlicher Tätig­keit flexibler gestalten, soweit dies für den Arbeitnehmer zumutbar ist.

Anreize für Mitarbeiter können durch die Zahlung eines Bonus oder einer Provision (variable Vergütung) geschaffen werden. Hierfür sollte in jedem Fall eine Zusatzvereinbarung in Form einer Provisionsvereinbarung oder hinsichtlich des Bonus durch eine Rahmen- und Zielvereinbarung geschlos­sen werden.

Sofern den Mitarbeitern Sonderzahlungen (zum Bei­spiel Weihnachts­geld) gewährt werden, sollte dies zwingend nur unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt erfolgen. Die Rechtsprechung stellt jedoch hohe Hürden an die Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalte. Rechtssicherer ist es, den Vorbehalt vor jeder Zahlung gesondert zu erklären.

Möchte der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zusätzlichen ­Urlaub gewähren, ist es ratsam, im Arbeitsvertrag eindeutig zwischen gesetzlichem und vertraglichem Urlaub zu differenzieren. Auf den Verfall von Urlaubsansprüchen muss der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nach neuerer Rechtsprechung ausdrücklich hinweisen, damit diese verfallen. Good to know: Einen Anspruch auf halbe Urlaubstage haben Arbeitnehmer grundsätzlich nicht!

Durch sogenannte Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag kann die Geltendmachung von Ansprüchen des Mitarbeiters etwa auf etwaige Überstundenabgeltung zeitlich von über drei Jahren auf drei Monate beschränkt werden. Um wirksam zu sein, müssen sie für beide Parteien gelten. Es darf keine strengere Form als Textform (zum Beispiel E-Mail) für die Geltendmachung verlangt werden. Zudem dürfen unter anderem Ansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit sowie vorsätzliche Pflichtver­letzungen ebenso wenig ausgeschlossen werden wie Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Um die Abwanderung von Know-how nicht nur während, sondern auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verhindern, ist die Vereinbarung entsprechender Schutzrechteklauseln und Wettbewerbsverbote erforderlich. Auch die frühere Vereinbarung im Arbeitsvertrag, die den Mitarbeiter zur Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen verpflichtet, ist nach der aktuellen Gesetzes­lage nicht mehr wirksam.

Neue Bürokonzepte

Die fortschreitende Digitalisierung stellt auch den klassischen Büroarbeitsplatz auf den Kopf. Immer mehr neue offene und flexiblere Bürokonzepte (Open-Space Offices) sind auf dem Vormarsch. Dies ist kosteneffizienter und fördert abteilungs- und teamübergreifende Kommunikation. Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber freigestellt, wie er den Arbeitsplatz strukturieren möchte. So ist beispielsweise das Desk Sharing vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Einen Anspruch auf einen festen Arbeitsplatz oder ein eigenes Büro haben Mitarbeiter grund­sätzlich nicht.

Gerätenutzung der Mitarbeiter regeln

Der Einsatz von eigenen mobilen Endgeräten des Mitarbeiters (BYOD – Bring your own devices) sollte nur mit einer vertraglichen Grundlage erfolgen. Insbesondere sollten die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen durch den Mitarbeiter sowie Regelungen zur Haftung im Schadensfall in einer Nutzungs­ver­ein­ba­rung festgehalten werden.

Homeoffice mit Zusatzvereinbarung

Immer häufiger bieten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, mobil oder im Homeoffice zu arbeiten – hierfür bitte ­immer eine Zusatzvereinbarung oder eine Richtlinie/Betriebsvereinbarung vorsehen. Es sind Arbeitsschutzvorschriften sowie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes zwingend einzuhalten. Auch datenschutzrechtliche Aspekte spielen wieder eine sehr wichtige Rolle.

Besondere Beschäftigungsformen

Neben den klassischen Arbeitnehmern, die Voll- oder Teilzeit im Unternehmen beschäftigt werden, existiert eine Vielzahl anderer Beschäftigungsformen:

Zwischen dem Unternehmen und seinem Geschäftsführer besteht ein Anstellungsverhältnis. Zu beachten ist, dass der Geschäftsführer nicht automatisch durch seine Organstellung „Selbstständiger“ im Sinne der Sozialversicherung ist. Hat der Geschäfts­füh­rer aufgrund seiner Beteiligung an der Gesellschaft nicht die Möglichkeit, alle (nicht nur die wichtigen!) Anweisungen der Gesell­schaf­terversammlung abzulehnen, sind für ihn Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.

Werkstudenten sind Arbeitnehmer. Sie haben unter anderem ­Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn und Erholungs­urlaub. Sie unterfallen dem Kündigungsschutz. Für sie gilt in ­sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht jedoch das sogenannte Werkstudentenprivileg. Um dieser Privilegierung in der Sozial­versicherung zu unterfallen, dürfen Werkstudenten während des Semesters nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten. Achtung: Eine Befristung bis zur ­Exmatrikulation ist in den meisten Fällen unwirksam!

Um dem Missbrauch von Praktika entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber Praktikanten grundsätzlich in den Geltungsbereich des Mindestlohngesetzes einbezogen. Ausgenommen sind Praktikanten, die unter anderem verpflichtet sind, Praktika aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung oder einer hochschulrechtlichen Bestimmung zu leisten. Zudem haben Praktikanten keinen Anspruch auf Mindestlohn, aber auf eine angemessene Vergütung, wenn sie etwa ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten oder ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Prak­tikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.

Immer mehr Arbeitgeber setzen Freelancer ein, um ­bestimmte Aufgaben oder Projekte zu erledigen. Für Freelancer gelten die meisten arbeitsrechtlichen Schutz­gesetze (beispielsweise Kündi­gungsschutz- und Arbeitszeitgesetz) nicht. Auch Sozialversicherungsbeiträge müssen für einen Freelancer nicht abgeführt werden. Jedoch ist der Grad zwischen „echten“ Freelancern und Scheinselbstständigen schmal. Liegt eine Scheinselbstständigkeit vor, kommen hohe Nachzahlungen in Betracht. Außerdem drohen im schlimmsten Fall strafrecht­liche Konsequenzen.

Fazit

Die Prioritäten in der Anfangsphase liegen verständlicherweise im Aufbau des Business – doch irgendwann wird der Gründer zum Arbeitgeber. Gerade das gewünschte Wachstum führt zu einer Vielzahl neuer Aufgaben, die zu wenig, zu oberflächlich oder gar nicht berücksichtigt werden. Dabei hat die richtige Startaufstellung immer entscheidende Vorteile.

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Claudia Knuth zählt zu den Experten im Bereich der arbeitsrechtlichen Start-up-Beratung und betreut neben einer Vielzahl von Investoren auch einzelne Start-ups nicht nur während der Finanzierungsrunde. Sie ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin am Berliner Standort der Wirtschaftskanzlei Lutz | Abel.