Seit Oktober führt Christoph Haimberger gemeinsam mit Nina Dohrau die aws Fondsmanagement GmbH. Er ist vorrangig für Investments, Portfoliostrategie und Exits zuständig.
VC Magazin: Welche Start-ups haben Sie im abgelaufenen Jahr 2021 besonders beeindruckt?
Haimberger: Wir sehen viele Start-ups und haben eine volle Deal-Pipeline mit innovativen Unternehmen und ambitionierten Gründerteams. Die besten dieser Start-ups beeindrucken uns so nachhaltig, dass wir auch investieren, was der aws Gründerfonds zwischenzeitlich 39-mal gemacht hat. Diese selektive Auswahl schafft die Grundlage für die nächsten Unicorns und Soonicorns. Die Soonicorn-Schwelle haben im Jahr 2021 unsere Portfoliofirmen Adverity und PlanRadar überschritten. Beides digitale Challenger: Adverity betreibt eine intelligente Marketinganalyseplattform für Kunden wie Red Bull sowie globale Mediaagenturen. PlanRadar ist mit seiner Propertytech-Lösung gerade im globalen Roll-out. Aber auch von unseren Dealflow-Firmen haben uns fünf Start-ups so überzeugt, dass wir gegenwärtig intensive Investitionsgespräche mit ihnen führen.
VC Magazin: Welche Technologietrends sehen Sie für das Jahr 2022?
Haimberger: Die Querschnittsmaterie Digitalisierung und Umwelttechnologie ist der Unicorn-Nährboden von morgen. In diesen Bereichen sehen wir großes Marktpotenzial im Jahr 2022 und darüber hinaus. Um bis 2050 CO2-neutral zu werden, müssen wir das Internet of Things zu einer Decarbonisation of Everything erweitern. Das erfordert hohe Investments und viel Innovation. Der Klimawandel schafft Geschäftschancen in nahezu allen Sektoren und ist der neue horizontale Investmentbereich für den aws Gründerfonds. Gerade Österreich war bei Umwelttechnologien schon immer Vorreiter in Sachen Forschung und Entwicklung. Diesen Climatetech-Champions helfen wir nun beim Sprung in die Skalierung. So werden mehr Green Unicorns wie Tesla heranwachsen, und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten.
VC Magazin: Fürchten Sie weitere Beeinträchtigungen durch Corona?
Haimberger: Lieferkettenengpässe und Beeinträchtigungen halten an, aber gerade Start-up-Gründer sind flexibel genug, um aus diesen Beeinträchtigungen neue Lösungen und Denkweisen zu schaffen. Wer hätte noch vor einigen Jahren geglaubt, dass ein so rascher Umstieg auf digitale Arbeitswelten funktioniert, die zwischenzeitlich ein Produktivitätstreiber sind und die Globalisierung vereinfachen. Eine Chance, die es jetzt zu nutzen gilt.
VC Magazin: Wie würden Sie die österreichischen Start-ups im europäischen Kontext einordnen?
Haimberger: Österreichische Start-ups sind im europäischen Kontext meist unterkapitalisiert und brauchen somit länger, um ihre Technologie außerhalb von Österreich zu vermarkten. Geschwindigkeit ist aber ein wichtiger Faktor, um Investoren zu überzeugen. Daher bringen wir bereits frühzeitig unser Co-Investoren-Netzwerk von über 230 Venture Capital-Fonds mit unseren Start-ups zusammen und steigern deren Aufmerksamkeit für Innovationsperlen, die wir in Österreich identifiziert haben.
VC Magazin: Sie haben kürzlich die Geschicke des aws Gründerfonds übernommen. Wie planen Sie, den Fonds in Zukunft auszurichten?
Haimberger: Wir gehen nun stärker auf die Industrie und den Mittelstand zu, um unser Netzwerk aus Kapitalpartnern zu erweitern, und führen ESG ein. Partner mit Interesse an Umwelttechnologien und Digitalisierung sind willkommen. Wir laden dazu Innovationsabteilungen und Corporate Venture Capital-Bereiche ein, mit uns die „time-to-market“ für Start-ups zu verkürzen und Chancen zu nutzen. Wir verfügen hierzu über Kapital, innovative Start-ups und ein professionelles Team, das sich über jede Kontaktaufnahme freut.
Christoph Haimberger promovierte an der Wirtschaftsuniversität Wien und spezialisierte sich auf die Bereiche Investment Banking und Capital Markets sowie Umweltmanagement. Er war langjähriger Investment Director bei der international tätigen 3TS Capital Partners und Venture Partner bei Elevator Ventures.