Bildnachweis: (c) BioM.
25 Jahre war Prof. Dr. Horst Domdey bei BioM; er hat die Netzwerkorganisation der Biotechnologiebranche in München selbst mitbegründet. In den ersten acht Jahren hatte er das Amt des Vorstands bei dem damals noch unter BioM AG Munich Biotech Development firmierten Unternehmen inne, ab 2006 dann als Geschäftsführer der daraus hervorgegangenen BioM Biotech Cluster Development GmbH. Er ist eine Koryphäe des deutschen Biotechbereichs und verabschiedet sich bei BioM zum Jahresende in den wohlverdienten Ruhestand.
VC Magazin: Um die Jahrtausendwende wurden Biotechunternehmen mit reichlich Kapital ausgestattet. Es folgte das Tal der Tränen mit Downrounds, Insolvenzen und Kapitalknappheit. Auch aktuell sind die Investoren wieder deutlich zurückhaltender – nur eine Momentaufnahme?
Domdey: In diesem Sektor gibt es meines Erachtens eigentlich immer nur Momentaufnahmen, und man weiß nie, ob es am nächsten Tag nach unten oder nach oben geht. Das derzeitige Problem ist wohl in erster Linie die Zurückhaltung bei der Finanzierung neu gegründeter Unternehmen. Hier scheinen sich die Venture Capital-Fondsmanager wohl weiterhin darauf einzustellen, dass ihre Portfoliounternehmen möglicherweise mehr Zeit benötigen, um einen Exit zu bewerkstelligen, denn das Akquisitionsinteresse der Pharmaindustrie ist nicht gerade überschwänglich, und die Möglichkeiten eines IPOs an einer deutschen oder europäischen Börse sind ebenfalls sehr mager.
VC Magazin: Sie standen immer für den Standort Bayern. An welchen Punkten haben Sie auch mal mit Bewunderung in andere Bundesländer geblickt?
Domdey: Mir war schon immer die Zusammenarbeit auch über Landesgrenzen hinweg sehr wichtig. Um unsere Ziele zu bündeln und voneinander zu lernen und letztendlich zu profitieren, haben wir vor circa 20 Jahren den Arbeitskreis der deutschen BioRegionen gegründet. Später haben wir diese Idee mit dem Council of European BioRegions, CEBR, auch auf die europäische Ebene übertragen. Ich denke, solche Partnerschaften sind enorm wertvoll. Selbstverständlich muss aber bei dieser Frage der Standort Mainz erwähnt werden, wo sich im Unternehmen BioNTech exzellente Wissenschaft, höchst professionelles Management mit intelligentem Kapital gepaart haben und dadurch ein Weltmarktführer entstanden ist. Neben Bewunderung war es aber insbesondere Stolz und Zufriedenheit, dass ein solches Unternehmen in Deutschland erschaffen werden konnte.
VC Magazin: Woran erinnern Sie sich besonders gerne?
Domdey: Aus den vielen, sehr interessanten Entwicklungen in der 25-jährigen Geschichte von BioM möchte ich den 2010 erzielten Erfolg im Spitzenclusterwettbewerbs des BMBF herausheben, bei dem der Münchner Biotech Cluster zu einem der fünf Gewinner gekürt wurde. Mit den zur Verfügung stehenden fast 100 Mio. EUR vom BMBF, der lokalen Biotechindustrie und dem Freistaat Bayern gelang es uns, unser strategisches Konzept zur Etablierung der personalisierten Medizin im Münchner Biotech Cluster umzusetzen. Der bedeutendste Effekt war dabei die Etablierung neuer Kooperationen und multilateraler Netzwerke sowie die damit einhergehende Transformation unseres Biotechindustrieclusters in einen Cluster, der neben den Unternehmen auch die relevanten akademischen und klinischen Partner integriert hatte.
VC Magazin: Was waren die Tiefpunkte?
Domdey: Nach dem fulminanten Höhenflug der 1990er-Jahre folgte zum Anfang des Jahrtausends eine folgenschwere Finanzkrise, die kaum enden wollte und mit der Lehmann Brothers-Pleite einen echten Tiefpunkt erreichte. Ein Großteil der lokalen Wagniskapitalgesellschaften im Life Sciences-Bereich verschwand damit sehr schnell von der Bildfläche, die Zahl der Börsengänge ging drastisch, eigentlich auf null zurück, und die Zukunft war extrem ungewiss. Hier brauchte es schon starke Nerven, um nicht den Mut zu verlieren. Erfreulicherweise ging es dann aber doch wieder nach oben. In diesen Jahren waren es vor allem die Unternehmen, die sich durch ihre guten Geschäfte selbst finanzierten, die das starke und nicht zu brechende Rückgrat unsere lokalen Biotechszene bildeten.
VC Magazin: Das gesetzliche Rentenalter in Deutschland liegt bei 67, sie haben noch vier Jahre als BioM-Chef draufgepackt. Bleiben Sie der Szene in anderen Funktionen erhalten?
Domdey: Ich werde mich in den kommenden Jahren in erster Linie um die beiden Stiftungen kümmern, die ich als Vorstand leite – die Peter und Traudl Engelhorn Stiftung und die Stiftung für Stammzellenforschung und angewandte regenerative Medizin –, aber mein Herz schlägt natürlich weiterhin für den gründungsorientierten Technologietransfer, sodass ich auch in Zukunft mit ungebrochenem Engagement Wissenschaftler unterstützen werde, die ihre spannenden Forschungsergebnisse durch die Gründung eines innovativen Unternehmens realisieren wollen. Ich bin zuversichtlich, dass mein breites Netzwerk in die lokale und internationale Venture Capital-Szene für diese Aktivitäten von Nutzen sein wird.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Interviewpartner:
Prof. Dr. Horst Domdey ist Geschäftsführer der BioM Biotech Cluster Development GmbH sowie der BioM AG, Martinsried und Sprecher des Cluster Biotechnologie Bayern im Auftrag der bayerischen Staatsregierung.