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Führungskräfte und Mitarbeitende sind das zentrale Asset eines Unternehmens. Start-ups sind mit einem strategischen Employer Branding und einer attraktiven Employee Experience gut beraten. Ein Blick in Stellenausschreibungen zeigt, dass hierfür oft in zahlreiche Benefits investiert wird. Doch helfen diese wirklich, motivierte Mitarbeitende zu gewinnen und – viel wichtiger – auch langfristig zu halten?
Zunehmender Fachkräftemangel, sinkendes Employee Engagement und Phänomene wie „Quiet Quitting“ – das stille Distanzieren eines Mitarbeitenden vom Unternehmen – sind aus HR-Sicht derzeit wohl mitunter die größten Herausforderungen vieler Firmen. Dem aktuellen Employee
Engagement Report von Kincentric zufolge ist das Engagement in deutschen Unternehmen im zweiten Quartal 2022 auf 44% gesunken. Im Vergleich: 2020 lag dieses noch bei 55%. Und auch die Bereitschaft seitens der Mitarbeitenden, in ihrem Unternehmen zu bleiben, erreichte im zweiten Quartal 2022 mit 41% einen Tiefpunkt in Deutschland.
Führungsstil und Sinnhaftigkeit wichtiger als materielle Benefits
Um die Attraktivität am Arbeitsmarkt zu erhöhen und offene Stellen zeitnah und langfristig zu besetzen, investieren viele Unternehmen seit geraumer Zeit verstärkt in materielle Benefits für Mitarbeitende. Startups werben in ihren Stellenausschreibungen zudem mit Obstkörben
und haustierfreundlichen Büros. Eine Strategie, die sich bislang jedoch als wenig effektiv erweist – denn indem Start-ups und „moderne“ Personalabteilungen bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitenden vermehrt auf Benefits wie unbegrenzten Urlaub oder Fitnessstudiokooperationen setzen, werden dabei nur zu oft jene Faktoren vergessen, die am Ende tatsächlich darüber entscheiden, ob man seine Mitarbeitenden halten kann: inspirierende Führung, erlebte Sinnhaftigkeit und eine authentische Unternehmenskultur. Und Achtung: Der gut gemeinte Benefit „unbegrenzter Urlaub“ beispielsweise hat häufig einen gegenteiligen Effekt – nicht selten führt er dazu, dass Mitarbeitende aufgrund des großen sozialen Drucks letztlich häufig weniger Urlaub nehmen.
Weniger ist mehr
Auf welche Benefits sollten Unternehmen also setzen? Wichtig dabei ist: Weniger ist mehr. Entscheidend sind nicht viele einzelne Benefits, sondern das große Ganze. Wenn Mitarbeitende ihre Arbeit als sinnhaft erleben, gut geführt werden und attraktive Entwicklungsmöglichkeiten für sich selbst sehen, steigt dadurch die Zufriedenheit und das Engagement. Wenn sich diese Aspekte zudem im Performance Management widerspiegeln, ist bereits viel gewonnen. Wer also einen wahren „Pull-Effekt“ bei potenziellen Arbeitnehmenden erzeugen und entscheidende Stellschrauben für die Bindung und das Engagement von Mitarbeitenden bedienen will, sollte auf wahre Anreize wie Anerkennung und Wertschätzung, attraktive Karrieremöglichkeiten, eine starke, unterstützende Infrastruktur und vorausschauende Nachfolgeplanung setzen.
Gewinnung und Bindung strategisch und effektiv meistern
Eine optimale Grundlage, um Mitarbeitendenbindung und -gewinnung nicht nur strategisch, sondern auch effektiv anzugehen, ist im ersten Schritt die Durchführung einer Bestandsaufnahme, beispielsweise mittels einer Mitarbeitendenbefragung. Diese hilft nicht nur dabei, die tatsächlichen Motivatoren der Mitarbeitenden zu identifizieren und zu verstehen, sondern diese im nächsten Schritt auch gezielt adressieren zu können. Leidet beispielsweise das Bedürfnis nach Anerkennung bei den Mitarbeitenden, kann die Etablierung einer konstruktiven und wertschätzenden Feedbackkultur im Unternehmen ein Lösungsweg sein. Auch Kulturtransformation, Führungskräfteentwicklung und eine umfassende und diversitätssensible HR-Strategie sind mögliche Entwicklungsfelder auf dem Weg, sich langfristig als ein attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Wie bereits erwähnt: Am Ende entscheidet weniger die Masse an Benefits als vielmehr die Unternehmenskultur und -führung darüber, ob Unternehmen für neue Talente attraktiv sind.
Über den Autor:
Dr. Stefan Mauersberger ist Regional Leader für Zentral-, Süd- und Osteuropa bei der HRund Leadership-Beratung Kincentric. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Kultur und Engagement, Leadership Assessment und Development sowie HR und Talent Advisory.