Gewinner und Verlierer im M&A-Markt

M&A-Transaktionen im Rück- und Ausblick

Julian Ostertag, Drake Star Partners
Julian Ostertag, Drake Star Partners

Bildnachweis: (c) Drake Star Partners.

Das Jahr 2021 war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich und wird in der Retrospektive sicherlich als eines der stärksten für Wachstumsfinanzierungen und M&A-Transaktionen stehen.

Im Schnitt waren SaaS-Unternehmen an der Börse mit rund 18x Umsatz bewertet. Viele Marktteilnehmer sprachen davon, dass nach dem Corona-Jahr 2020 fast 18 Monate Transaktionsaktivität in einem Jahr 2021 stattfand, da zahlreiche Transaktionen von 2020 ins Folgejahr verschoben wurden. Demgegenüber wurde 2022 von Anfang an überschattet von schweren Verwerfungen ökonomischer – wie hohe Inflation, steigende Zinsen, drohende Rezession – und politischer Natur, unter anderem dem Krieg in der Ukraine. Insgesamt hat das Volumen an Finanzierungen und M&A-Transaktionen darunter sehr stark gelitten, mit Rückgängen von teilweise deutlich über 50%, je nach Region und Marktsegment. Der Technologiesektor wurde in breiter Front nach unten gezogen, was sich in starken Kursrückgängen, aber auch Entlassungen widerspiegelte, selbst bei etablierten und profitablen Unternehmen wie Meta, Salesforce, Microsoft und Netflix.

Kritischer Blick auf B2C

Finanzinvestoren stehen nun insbesondere B2C-Unternehmen sehr kritisch gegenüber, da sie häufig große Mengen an Kapital für Kundenakquisition und den Aufbau einer Marke brauchen. Die hohe Inflation gepaart mit einer drohenden Rezession wird sich außerdem stark auf das Verhalten der Konsumenten auswirken, wodurch die Entwicklung von B2C-Unternehmen noch schwerer vorhersehbar ist. Aber auch unprofitable und langsam wachsende B2B-Unternehmen haben es sehr schwer, frisches Kapital einzuwerben, wenn es ihnen überhaupt gelingt. Der Markt hat sich nun insgesamt von einem verkäuferfreundlichen zu einem käuferfreundlichen Markt entwickelt.

B2B als Ausnahme

Im Technologiemarkt existiert jedoch eine Ausnahme: Wachsende und profitable B2B-Unternehmen haben weiterhin relativ gute Möglichkeiten, neues Kapital aufzunehmen und attraktive Bewertungen zu erzielen. Gerade im Buyout-Bereich sehen wir bei solchen Unternehmen mögliche Bewertungen von über 20x EBITDA für das laufende Jahr. Da weiterhin viel Kapital im Markt ist, werden Unternehmen mit starken Profilen (insbesondere hohes Umsatzwachstum, Profitabilität, starke KPIs) bei Investoren auf Interesse stoßen, auch wenn sich die Konditionen sowohl für Finanzierungen als auch für Unternehmensverkäufe für die Gründer und Gesellschafter teilweise deutlich verschlechtert haben.

Cash is King als Treiber

Des Weiteren halten sich Corporate Venture-Investoren noch stärker zurück als klassische Venture Capitalisten. Teilweise werden sogar gesamte Venture-Portfolios zum Verkauf angeboten. Auf der M&A-Seite halten sich zahlreiche Unternehmen deutlich zurück, da sie aufgrund der vielen, sich überlagernden Krisen verunsichert sind. Sie fokussieren sich auf das Mantra „Cash is King“, das auch bei der letzten großen Krise ab 2007 ein wichtiger Treiber für strategische Entscheidungen war.

Unsicherheit bleibt 2023 bestehen

Solange sich bei den ökonomischen und politischen Krisen keine nachhaltigen Veränderungen abzeichnen, werden die hohe Volatilität und die damit einhergehende Unsicherheit im Markt fortbestehen. Auch wenn sich etliche Investoren in den Bereichen Venture Capital, Wachstum/Later Stage sowie Private Equity/Buyout im Jahr 2022 in der Hoffnung eines besseren Markts zurückgehalten haben. Allerdings bedeutet das nicht, dass diese Investoren nun automatisch vermehrt investieren oder kaufen werden. Hierfür bedarf es einer grundsätzlichen Stabilisierung des Markts. Da dies kurzfristig unwahrscheinlich erscheint, wird 2023 voraussichtlich abermals ein anspruchsvoller Markt, der sich durch hohe Volatilität auszeichnen wird, gerade im ersten Halbjahr. Zu erwarten ist auch, dass es im Bereich der großen M&A Transaktionen viel weniger Aktivität geben wird, als im Mid-Cap Bereich – insbesondere auch, weil die Fremdkapitalfinanzierungen für solche Transaktionen schwieriger und kostenintensiver geworden sind. Es gibt mehr und mehr Stimmen, die die Stabilität der Finanzmärkte insgesamt in Gefahr sehen. Das würde die Dynamik im Markt natürlich noch einmal nachhaltig beeinflussen.

Fazit

Es hat sich an der grundlegenden Notwendigkeit zur Digitalisierung nichts geändert. Damit ist der mittelfristige Ausblick für Finanzierungen und M&A-Transaktionen im Technologiebereich ungebrochen positiv. Selbst in diesem schwierigen Markt entwickeln sich auch jetzt einige Sektoren weiterhin gut. Unternehmen mit starken Profilen werden dabei klar im Vorteil sein.

Zum Autor:

Julian Ostertag ist Co-Founder & Managing Partner der globalen Technologieinvestmentbank Drake Star Partners.