Bildnachweis: Chemovator.
Der Chemovator ist der Inkubator des Chemiekonzerns BASF und hat sich bislang auf Ideen aus den eigenen Reihen fokussiert – das soll sich ab sofort ändern.
VC Magazin: Mit dem Chemovator wurden bislang BASF-interne Ideen gefördert, seit Kurzem öffnet sich der Inkubator auch für externe Start-ups in der Frühphase. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Kürner: Im Prinzip war die Öffnung nach extern von Anfang an mitgedacht. In den ersten Unterlagen rund um das Konzept des Chemovator waren externe Start-ups bereits eingeplant, allerdings haben wir uns zu Beginn auf den Intrapreneurship-Teil fokussiert. Zunächst haben wir uns darauf konzentriert, unser Programm innerhalb der ersten Zielgruppe, bei den Mitarbeitenden der BASF, zu etablieren, unser Programm zu testen, Fehler zu machen, zu lernen, zu überarbeiten, anzupassen und zu entwickeln. Wir haben in den fünf Jahren unserer Existenz unglaublich viel dazugelernt. Wie kann man Ideen aus einer BASF ausgründen, sodass das auch ein attraktiver Fall für externe Investoren ist? Wie muss das Gründerteam aufgestellt sein? Wie werden langjährige Konzernmitarbeitende zu Gründern? Geht das überhaupt? Welche Rolle spielen wir als Chemovator und welche unterstützenden Maßnahmen können wir zur Verfügung stellen? Unser Intrapreneurship-Programm Chemovator – Evolve sieht heute sehr anders aus als noch vor fünf Jahren. Gleichzeitig können wir heute auch Erfolgsgeschichten von bereits ausgegründeten Teams erzählen und haben uns eine gewisse Glaubwürdigkeit im Ökosystem aufgebaut; das passiert nicht über Nacht. Es ist bekannt, dass die chemische Industrie sich verändern muss, um in der
Zukunft Bestand zu haben und nachhaltiger zu werden. Es muss nicht sein, dass die entscheidenden Innovationen in diesem Bereich unbedingt direkt aus der Industrie heraus entstehen. Genauso kann Innovation von extern kommen, zum Beispiel von Start-ups. Gerade durch Kooperationen können sowohl Start-ups auf der einen als auch eine BASF auf der anderen Seite voneinander profitieren. Wir als Chemovator sind hier vor allem die Schnittstelle, die den Zugang ermöglicht.
VC Magazin: Welche Themenfelder finden Sie spannend und welche Möglichkeiten bieten Sie den Start-ups?
Kürner: Wir schauen uns alle Themen an, die auf eine chemische Industrie von morgen einzahlen. Dabei haben wir vor allem die Themenfelder neue Materialien, Nachhaltigkeit und Prozessinnovation im Blick, da diese Bereiche bestimmend dafür sein werden, ob diese traditionelle Industrie den Wandel in eine nachhaltige Zukunft schafft. Wir konzentrieren uns auf sehr frühphasige Teams mit einem starken Gründerteam, die mit ihrer Technologie kurz vor der Kommerzialisierung stehen. Die Start-ups, die wir bei uns aufnehmen, bekommen neben einem Pre-Seed-Investment Zugang zu all unseren Ressourcen. Dazu gehören neben Arbeitsplätzen unsere Entrepreneurship Academy mit verschiedensten Modulen rund um den Aufbau investierbarer und skalierbarer Geschäftsmodelle, die enge Zusammenarbeit mit unseren Mentoren und Coaches, Unterstützung aus dem Chemovator-Ökosystem bei Themen wie IP, Personal, Recht, Finanzen und Marketing sowie der Zugang zu unserem Netzwerk an erfahrenen Unternehmern, BASF-Spezialisten, Alumni und externen Partnern.
VC Magazin: Die Chemiebranche befindet sich in einem enormen Wandel, erneuerbare Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft spielen eine immer wichtigere Rolle. Welchen Input können Sie hier mit dem Chemovator beisteuern? Inwiefern ist eine Zusammenarbeit zwischen BASF und den Start-ups gedacht?
Kürner: Wir betrachten dieses Thema mit als wichtigsten Faktor bei der Auswahl unserer Investments. Dementsprechend investieren wir ausschließlich in Teams, die das Potenzial mitbringen, die Zukunft der chemischen Industrie nachhaltiger zu gestalten. Aufgabe von Chemovator ist es, in den Fachebenen die richtigen Ansprechpartner zu finden, um diese Zukunftstechnologien für die Chemieindustrie und vor allem für BASF in der Praxis zu eruieren.
VC Magazin: Der Standort spielt bei der Unternehmensgründung oftmals eine große Rolle. Wie wichtig ist der Standort der Bewerber für Sie, welche Standorte haben Sie besonders im Blick?
Kürner: In erster Linie fokussieren wir uns auf Teams aus Deutschland und Europa. Wir legen uns aber bewusst nicht fest, sondern schauen uns auch global interessante Startups an. Innovation findet überall statt, und wenn wir einen spannenden Fall außerhalb von Deutschland oder Europa entdecken, dann schließen wir diesen nicht direkt aus Standort-gründen aus, sofern die restlichen Kriterien für uns positiv ausfallen. Unser Inkubations-programm startet und endet zwar mit einem Präsenztag bei uns in Mannheim – in der Zwischenzeit kann das Team den Arbeitsort aber frei wählen.
VC Magazin: Wie sehen die nächsten Schritte für das externe Programm aus?
Kürner: Wir stehen aktuell mitten in der Bewerbungsphase für die erste Batch und sind in Kontakt mit verschiedenen spannenden Teams. Sobald wir uns für ein Team entschieden haben, steht die Zusammenstellung eines maßgeschneiderten Programms für das jeweilige Team an. Sprich: Wir setzen uns mit jedem Team, das es in das Programm Chemovator – Elevate schafft, zusammen und evaluieren, welche Elemente aus unserem Angebot dem Team weiterhelfen und zu dessen Entwicklung beitragen. Abgesehen davon sind wir dabei, das Programm nach außen und natürlich in der Deeptech Community bekannter zu machen, beispielsweise durch Teilnahme an verschiedenen relevanten Events und Konferenzen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Interviewpartner:
Jennifer Kürner verantwortet bei Chemovator den Bereich Kommunikation und Marketing und ist gleichzeitig im Dealflow involviert. Bei Chemovator ist sie seit Herbst 2020 Teil des Core Teams.