Bildnachweis: K&L Gates LLP, Reia Capital.
Die Anlageklassen Private Equity und Venture Capital haben zuletzt bei deutschen Investoren einen starken Zulauf erlebt. Zunehmend werden Investorengruppen, wie Privatinvestoren und kleinere Institutionen, die bisher nicht oder nur gering investiert waren, in diesen Anlagesegmenten aktiv. Dies hat zu neuen Anbietern und Produkten geführt. Dabei kristallisiert sich zunehmend Irland als attraktiver Standort für alternative Fonds im Vergleich zu Deutschland oder Luxemburg heraus.
Irland ist seit vielen Jahren ein etablierter Finanzdienstleistungsstandort. Dort haben insbesondere bei Kapitalanlagen die Anbieter von liquiden Fondsmodellen, wie ETFs, eine große Bedeutung. Gemessen am Anteil der Finanzdienstleistungsindustrie von circa 5% an der Gesamt-Bruttowertschöpfung liegt Irland leicht über dem Niveau von Deutschland. Deutlich abhängiger vom Finanzdienstleistungssektor ist die Luxemburger Volkswirtschaft mit einem Anteil von über 25% an der Bruttowertschöpfung. Im irischen Finanzbereich finden etwa 135.000 Menschen Lohn und Brot; in Luxemburg sind es circa 65.000.
Irland führt bei liquiden, Luxemburg bei alternativen Anlagen
Im Hinblick auf die Art der Finanzanlagen ist aktuell eine Spezialisierung von Irland auf liquide und von Luxemburg auf alternative Anlagen feststellbar. Der Datenbankanbieter etfbook schätzt, dass das 2021 in Irland verwaltete ETF-Fondsvolumen circa 953 Bio. EUR betrug, was in etwa dem vierfachen Wert der in Luxemburg domizilierten ETFs entspricht. Bei alternativen Anlagen sticht jedoch Luxemburg hervor: Nach Schätzungen des Datenbankanbieters Preqin wurden seit 2010 circa 30% der in Europa aufgelegten Private Equity-Fonds dort aufgelegt. Irland spielt aktuell im alternativen Fondsbereich noch eine kleinere Rolle.
Irland gewinnt zunehmend an Bedeutung für alternative Fonds
Nachfolgend werden vier Blickwinkel für einen Vergleich von Irland mit Deutschland und Luxemburg bei einer Standortwahl für alternative Fonds vorgestellt. Zunächst erfolgt ein kurzer makroökonomischer Vergleich, gefolgt von einer Betrachtung steuerlicher und rechtlicher Implikationen. Neben diesen Punkten sollte auch die Verfügbarkeit von Fachpersonal berücksichtigt werden.
Makroökonomische Stabilität ist Voraussetzung für das langfristige Vertrauen in einen Fondsstandort
Im Nachgang an die globale Finanzkrise unterzog sich Irland einer Restrukturierung der Volkswirtschaft. Diese zeigte zuletzt positive Auswirkungen. Laut Weltbank betrug die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in Irland Ende 2021 nur noch 65% des Bruttoinlandsprodukts im Vergleich zu 77% in Deutschland und 31% in Luxemburg. Die Arbeitslosenquote war 2022 in allen drei Ländern auf niedrigen Niveaus von 3% bis 5%. Deutlich besser als in Deutschland und Luxemburg konnte Irland 2021 und 2022 ein hohes reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von über 10% ausweisen.
Steuerstrukturen in Irland und Luxemburg vergleichbar, investorenfreundlicher als in Deutschland
Fondsinitiatoren haben bei der Standortwahl auch steuerliche Implikationen im Blick. Grundsätzlich soll eine Besteuerung der Erträge auf Ebene der Investoren in deren Heimatländern erfolgen. Eine steuerliche Belastung der Fondsvehikel soll vermieden werden, sodass die Investoren steuerlich so gestellt sind, als hielten sie die durch den Fonds gehaltenen Vermögensgegenstände direkt. Sowohl Luxemburg als auch Irland bieten personengesellschaftlich und nicht personengesellschaftlich organisierte Fondsvehikel, die dies ermöglichen. In Deutschland ist dies nur teilweise und mit gewissen Einschränkungen der Fall. Darüber hinaus soll eine Belastung der Managementgebühren mit Umsatzsteuer vermieden werden. In den meisten europäischen Ländern – so auch in Luxemburg und Irland – sind diese von der Umsatzsteuer grundsätzlich befreit. Nicht so bis dato in Deutschland. Dieser Umstand stellt seit Jahrzehnten einen weiteren Standortnachteil für deutsche Fonds dar. Aktuell liegt zwar ein Referentenentwurf vor, der die Situation in Deutschland an die Situation in anderen europäischen Ländern (wie Irland und Luxemburg) angleichen soll; ob dieser final umgesetzt wird und dann zu einem Aufholeffekt führt, bleibt jedoch abzuwarten.
Innovative, flexible Fondsstrukturen sowie schnelle Umsetzung verbessern Auflage von Investmentprodukten
Luxemburg ist seit Jahren für Fondsinitiatoren mit einer höheren Anzahl von Fondsprodukten interessant. Die personengesellschaftlich als auch nicht personengesellschaftlich organisierten Fondsvehikel können auch als sogenannte Umbrella-Strukturen, die die Auflage einer großen Anzahl von separierten Fonds (sogenannte Teilfonds) innerhalb einer rechtlichen Struktur ermöglichen, aufgelegt werden. Hierdurch erhöht sich die Umsetzungsgeschwindigkeit, und Drittkosten sowie Strukturkomplexitäten werden reduziert. Die Auflage von Teilfonds ist auch im Fall von irischen sowie deutschen Fonds möglich. Deutschland bleibt jedoch im Hinblick auf die Flexibilität der Verwendung von nicht personengesellschaftlich organisierten Fonds und deren konstitutiven Regelungen hinter Luxemburg und Irland zurück. Während in Luxemburg und Deutschland Fondsvehikel verfügbar sind, die keiner formalen Zulassung durch die Aufsichtsbehörde bedürfen, ist in Irland eine solche Zulassung stets erforderlich. Der irische Regulator erteilt diese Zulassung unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von 24 Stunden nach Beantragung, sodass sich keine wesentliche Verzögerung ergibt.
Arbeitskräftemangel macht auch vor der Fondsindustrie nicht halt
Das alternative Segment hat in Luxemburg eine große Bedeutung und trug zum Erfolg des Finanzmarktplatzes bei. In jüngster Zeit konnte man aber eine Zunahme von neu aufgelegten alternativen Fonds in Irland feststellen. Dies ist vermutlich auf eine Nebenwirkung des Erfolgs des Fondsstandorts Luxemburg zurückzuführen: Dort herrscht im Vergleich zu Irland mittlerweile ein hoher Fachkräftemangel. Dieser führt bei den Dienstleistern der luxemburgischen Fondsindustrie zu merklichen Verzögerungen und Qualitätsproblemen in den Arbeitsprozessen sowie zu steigender Personalfluktuation und steigenden Personalkosten, welche letztlich die Investoren zu tragen haben. Auch darum werden entsprechende Tätigkeiten zunehmend in andere Länder – wie beispielsweise Irland – verlagert.
Für neu aufgelegte alternative Fonds gewinnt Irland an Bedeutung
Erste Auswirkungen sieht man in der gerade auflebenden Diskussion hinsichtlich der bestmöglichen Standortwahl. Die ersten drei oben genannten Kriterien lassen keinen klaren Unterschied zwischen den Standorten Luxemburg und Irland erkennen, sondern unterstreichen lediglich die Nachteile Deutschlands als Fondsstandort. Der im Vergleich zu Irland stärker ausgeprägte Arbeitskräftemangel in Luxemburg und die daraus resultierenden Implikationen führen bei der Auflage von neuen Fonds gleichwohl zu ersten Umdenkprozessen bei der Fondsstandortwahl.
Zu den Autoren:
Dr. Martin Berg ist Partner der Kanzlei K&L Gates LLP. Er berät schwerpunktmäßig Fondsmanager zu gesellschaftsrechtlichen, aufsichtsrechtlichen und steuerlichen Aspekten der Strukturierung, Auflage und Verwaltung von Fonds im Bereich Private Equity.
Thomas Weinmann ist Gründer von Reia Capital und seit mehr als 25 Jahren in Private Equity aktiv und kennt die Branche als Private Equity und Dachfondsmanager. Zudem ist er in mehreren Verwaltungsräten tätig.