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Der Sommer läutet die zweite Jahreshälfte 2023 ein und gibt damit die Gelegenheit, einen Blick auf die bisherigen Entwicklungen zu werfen sowie Ausblicke für das zweite Halbjahr zu geben. Bislang schlägt sich 2023 durchwachsen: Es herrschen nach wie vor herausfordernde wirtschaftliche und geopolitische Zeiten, Kapitalgeber zeigen sich zurückhaltender, einige Start-ups gerieten in finanzielle Schieflage. Wie Experten aus der Venture Capital-, M&A- und Start-up-Szene auf das aktuelle Marktgeschehen blicken, lesen Sie in unseren Sommerinterviews.
VC Magazin: Welchen Mehrwert liefern Gründerzentren für angehende Gründer, vor welchen Herausforderungen stehen sie?
Glaser: Die Innovations-, Gründer- und Technologiezentren bieten innovativen Start-ups und jungen Wachstumsunternehmen vor allem Beratung und Unterstützung von der Erstellung des Businessplans bis zu Wachstumsfinanzierung und ergänzend beste Rahmenbedingungen für den Start in das Unternehmertum: mit Büros, Werkstätten und Laboren und optimaler Infrastruktur in den Zentren, die den individuellen Bedürfnissen der Startups angepasst werden kann. Dazu kommen wertvolle Kontakte über die Netzwerke der Zentren, wie auch zu etablierten Unternehmen oder Konzernen im Umfeld. Aktuelle Herausforderungen sind unter anderem sich immer schneller entwickelnde Anforderungen der Zielgruppe – dies auch an die Infrastruktur und Angebote in den Zentren, wie Maker-Spaces, new-work-areas, digitale Formate oder technische Ausstattungen. Und: anspruchsvolle High-Tech-Gründungen wollen auch auf fachlich hohem Niveau bewertet und professionell unterstützt, bzw. begleitet werden.
VC Magazin: Wie hat sich das Gründungsgeschehen in Deutschland im letzten Jahr im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt?
Glaser: Im Ergebnis unserer Erhebung zum Gründungsgeschehen 2022 in den rund 350 Innovationszentren in Deutschland wurde ein leichter Rückgang der wissensbasierten Gründungen festgestellt. Nachdem sich im Vorjahr die Zahl der Gründungen in den Zentren, die im Gegensatz zum bundesweiten Gründungsgeschehen unter der Corona-Pandemie kaum gelitten hatten, in 2021 weiter erholt hatten, sank die Anzahl der durch die Zentren betreuten Gründungen von 5.240 auf 4.830 (-8%). Diese Entwicklung bestätigt auch den Trend beim bundesweiten, allgemeinen Gründungsgeschehen im vergangenen Jahr. Ursachen sind unter anderem auch die durch Ukrainekrieg und Energiekrise verursachten schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Seit Anfang diesen Jahres sehen wir allerdings auch wieder steigende Gründungszahlen. Dem gegenüber stagnierte erfreulicherweise die Anzahl der in den Zentren ansässigen Startups und Mieterfirmen, wobei die Zahl der Arbeitsplätze -wie bereits in den Vorjahren- sogar kontinuierlich weiter stieg (+360). Ursache dafür ist ein weiteres Wachstum, bzw. Expansion der jungen Unternehmen in den Zentren.
VC Magazin: Welche Branchen liegen bei Gründern im Trend, welche Rolle spielen Grüne Technologien hierzulande mittlerweile?
Glaser: Dem Green Startup Monitor 2023 zufolge gewinnt die ökologische Nachhaltigkeit für Start-ups weiter an Bedeutung. So hatte der Anteil grüner Start-ups gegenüber dem Vorjahr klar zugenommen und erreichte mit 35% am gesamten Gründungsgeschehen 2022 einen neuen Höchststand. Dies wird auch durch die Innovationszentren bestätigt: Grüne Technologien sind auf dem Vormarsch und grüne Technologieentwicklung und -produktion mit 30% das wichtigste Geschäftsmodell grüner Start-ups. Neben grünen Technologien und den großen Bereichen Klimaschutz, Energieeffizienz und Ressourcenschonung sind Biotechnologien, Medizin & Life-Sciences, Mobilität sowie Big Data & Künstliche Intelligenz weitere Branchen, in denen verstärkt Gründungen und Wachstum zu verzeichnen ist. Insbesondere in diesen innovativen Branchen bieten die Zentren und Ihre Partner in den Gründerökosystemen den Start-ups sowie Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen und Hochschulen kompetente Unterstützung.
VC Magazin: Wie sehr wird das Gründungsgeschehen vom Fachkräftemangel beeinflusst
Glaser: Das Gründungsgeschehen selbst leidet zunächst kaum unter dem Fachkräftemangel, sondern eher dann das Wachstum, bzw. wenn die Startups möglichst schnell skalieren wollen. Die Probleme sind bereits heute immens und werden zukünftig weiter zunehmen. Auch hier unterstützen die Zentren bereits über ihre Netzwerke, wie zum Beispiel den Hochschulen, um qualifizierte Absolventen zu gewinnen. Unter dem Aspekt, dass sich der Fachkräftemangel in den nächsten Jahren noch verschärfen wird, ist hier sowohl die Politik gefragt – Stichwort „Fachkräftezuzug“, aber auch die Unternehmen werden mit attraktiven Angeboten zunehmend um gute Mitarbeiter kämpfen müssen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Interviewpartner:
Andrea Glaser ist die Geschäftführerin des Bundesverbandes Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzentren e.V. mit Sitz in Berlin.
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