Bildnachweis: vent.io.
vent.io hat seine Ursprünge in der 2017 gegründeten Digitaleinheit der Deutsche Leasing Gruppe und wurde im Januar 2021 ausgegründet. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als Fullstack CVC. Neben Beteiligungen an und Kooperationen mit Start-ups hat vent.io ein eigenes Entwicklungsteam – bestehend aus Software-engineers, Data Scientists und Cloud Engineers.
VC Magazin: Sie sehen sich als Dienstleister der Deutsche Leasing Gruppe und sind für diese auf der Suche nach passenden Start-ups. Wie sehen Ihr Investitionsfokus und Ihre Strategie konkret aus?
Siering: Unser Fokus liegt auf B2B-Startups, die digitale Lösungen in den Märkten Bau, Produktion, Logistik und Mobilität anbieten und Probleme bei Digitalisierung, Automatisierung und Nachhaltigkeit lösen. Damit wollen wir Value-added-Services für Kunden und Partner der Deutschen Leasing bereitstellen. Als strategischer Investor bauen wir ein Portfolio relevanter Start-ups auf, die zukünftig einen konkreten Wertbeitrag zum Erfolg der Deutsche Leasing Gruppe leisten. Wir investieren in Frühphasen-Start-ups und können uns pro Finanzierungs-runde mit bis zu 750.000 EUR beteiligen – insgesamt 1,5 Mio. EUR pro Start-up. Unser Gesamtbeteiligungs-volumen beträgt 10 Mio. EUR mit dem Ziel von zehn bis zwölf Beteiligungen.
VC Magazin: Wie ist Ihr Portfolio derzeit aufgestellt?
Siering: Wir haben aktuell vier Beteiligungen mit Schwerpunkten auf Produktion, Logistik und Energie/Mobilität. Drei sind Minderheitsbeteiligungen, in denen wir als Co-Investor auftreten. An einem Start-up sind wir über eine Wandelanleihe beteiligt; die Finanzierungsrunde steht demnächst an. Pro Jahr planen wir drei bis vier neue Beteiligungen.
VC Magazin: Welche Vorteile sehen Sie bei der Verbindung eines Start-ups mit einem etablierten Unternehmen? Welche Erwartungen hat Deutsche Leasing an vent.io?
Siering: Das etablierte Unternehmen bekommt Zugang zu neuesten technologischen Entwicklungen und Lösungen, profitiert von der Schnelligkeit und Fokussierung des Start-ups und erhält Impulse zur eigenen Weiterentwicklung. Das Start-up profitiert vom Marktzugang, der Erfahrung im Betreiben eines skalierten Geschäfts und den vielfältigen Kompetenzen. Die Deutsche Leasing erwartet Impulse zur Differenzierung gegenüber Wettbewerbern, Zugang zu neuen Technologien und digitalen Geschäftsmodellen.
VC Magazin: Inwiefern profitiert ein Startup von einer Kooperation mit vent.io?
Siering: Als einer der wenigen CVCs in Deutschland verfügt vent.io nicht nur über großen Marktzugang zum deutschen Mittelstand sowie ein sehr großes Vertriebsnetzwerk zu weiteren Firmenkunden – über Sparkassen –, sondern auch über Entwicklungskompetenzen im Frontend Engineering, Cloud Engineering und Data Science. Als Cloudborn Company kennen und nutzen wir die Vorteile der Cloud und können so Start-ups bei technischen Herausforderungen und konkreten Umsetzungen helfen. Zudem agieren wir als strategischer Investor, der sich mit dem Start-up entwickeln möchte.
VC Magazin: Wie schätzen Sie die Herausforderungen bei der Zusammenarbeit ein?
Siering: Generell sind unterschiedliche Erwartungen die größte Herausforderung. Junge Unternehmen sind schnell und flexibel und erwarten dies auch vom Gegenüber. Etablierte Unternehmen dagegen sehen Beständigkeit und Qualität als Bedingung. Während sich Start-ups auf Nischen und konkrete Kundenprobleme fokussieren und diese zu lösen versuchen, arbeiten Corporates oft an ganzheitlichen Lösungen, die einer Vielzahl an Kunden zugutekommen sollen. In jedem Fall profitieren beide Seiten von der anderen, wenn sie sich auf eine Zusammenarbeit einlassen.
VC Magazin: Welche Kriterien muss ein Start-up aus Ihrer Sicht erfüllen, um das Interesse eines Corporates zu wecken?
Siering: Zuallererst Mehrwert für Kunden und Partner – zum Beispiel durch Effizienzgewinne, Kosteneinsparungen oder Generierung von Erträgen – oder für das Corporate selbst, indem das Angebot Mehrwert bringt, etwa Kosteneinsparung, zusätzlicher Ertrag, Steigerung des Absatzes von Bestandsprodukten oder Erschließung neuer Kundengruppen. Wichtig ist natürlich auch, ob es sich um einen finanziellen Potential Case handelt und ob sich das Geschäftsmodell skalieren lässt. Dabei muss die Frage beantwortet sein, inwieweit das Corporate dies unterstützen kann.
VC Magazin: Der Venture Capital-Markt erlebt derzeit ein Ende der Hochphase. Wie betrachten Sie den aktuellen Markt und das Preisniveau aus CVC-Sicht?
Siering: Der Markt hat sich abgekühlt, als Investor zählen nun vermehrt realistische Wachstumsannahmen, Fokus und Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Ich sehe im aktuellen Marktumfeld klar einen Vorteil auf Seite strategischer Investoren. Beim Preisniveau hat sich einiges getan, auch wenn gefragte Start-up-Lösungen weiterhin hohe Bewertungen erzielen können.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Über den Interviewpartner:
Sven Siering verantwortet als Geschäftsführer von vent.io die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle, Start-up-Kooperationen und -Beteiligungen. Er hat langjährige Erfahrung im Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen in der Finanzindustrie und breite Expertise im Digital Business.