Bildnachweis: REIA Capital, VC Magazin.
Der Private Equity-Experte Thomas Weinmann hat im Mai 2023 REIA Capital gegründet und sieht in der aktuellen Krise viele Chancen.
VC Magazin: Sie sind vor sechs Monaten gestartet – wo stehen Sie mit REIA Capital aktuell?
Weinmann: Das Kernteam steht. Wir agieren mit drei Partnern aus den Standorten Hamburg, Frankfurt und München. Jeder der Partner verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Private Equity und Investmentbanking. Wir bringen also eine Menge Kenntnis und Know-how mit, wenn es um das Investmentgeschäft in Fonds, Direktinvestmenterfahrung in Unternehmen und Beratung von Private Equity-Fonds als Investmentbankern geht.
VC-Magazin: Damit sind Sie startklar für Ihr erstes Produkt?
Weinmann: Bei den regulatorischen Fragen sind noch letzte Kleinigkeiten zu regeln. Dann können wir sehr zeitnah ins Marketing für unser erstes Dachfondsprodukt starten. Die Strukturierung haben wir innerhalb von sechs Monaten geschafft und der Fonds wird voll reguliert sein.
VC Magazin: Wofür steht der Kunstname REIA?
Weinmann: REIA steht für unsere Werte, Respekt, Ehrlichkeit, Interessen-Gleichklang und einen sehr hohen Anspruch an unsere Arbeit. Es steht aber auch für unsere Suche nach Private Equity-Fondsmanagern, die Rendite, Erfahrung, Interessen-Gleichklang und Alleinstellungsmerkmale bieten.
VC Magazin: Wie wird das erste Produkt konkret aussehen, mit dem Sie ins Pre-Marketing gehen?
Weinmann: Wir setzen einen Dachfonds mit einem Zielvolumen von 100 Mio. EUR auf, der eine Streuung über acht bis zwölf Private Equity-Fonds aufweisen wird. Jeder dieser Fonds wird rund zehn Unternehmen erwerben. Somit wird der Dachfonds am Ende in etwa 100 Unternehmen investiert sein. Die Portfoliounternehmen werden in unterschiedlichen Branchen über Europa verteilt sein, damit das Risiko der einzelnen Investmententscheidungen relativ überschaubar bleibt. Zudem wählen wir die Private Equity-Fonds über einen Zeitraum von anderthalb Jahren aus – so können wir aus 400 bis 600 Fonds im Fundraising die für uns besten identifizieren.
VC Magazin: Das klingt nach erheblichem Recherche- und Due Diligence-Aufwand.
Weinmann: Das ist der Kern unseres Beratungsangebots. Unsere Zielfonds repräsentieren etwa 2% des Markts. Wichtig ist uns, eine Übergewichtung eines bestimmten Landes oder einer Branche zu vermeiden. Das Allerwichtigste ist das Alleinstellungsmerkmal der Zielfonds.
VC Magazin: Wen sprechen Sie mit dem Dachfondsprodukt an?
Weinmann: Wir sprechen mit unseren Produkten den vermögenden Privatkunden an, Personen ab einem niedrigen einstelligen bis zum dreistelligen Millionenvermögen. Für diese Zielgruppe herrscht nach wie vor eine Unterversorgung an Angeboten mit diversifizierter Vorgehensweise – und diese ist wichtig, denn im Private Equity- und Venture Capital-Segment sollte man zur Risikominimierung auf eine breite Streuung setzen.
VC Magazin: Deshalb auch der Fokus auf Small- bis Mid Cap?
Weinmann: Genau. Hinsichtlich der Risikoabwägung ist deshalb der Dachfonds in diesem Segment das passendere Produkt. Das setzt aber auch voraus, dass die Dachfonds durch gute Fondsinvestments einen Mehrwert liefern. Das sehen wir am ehesten im Small Cap-Segment, in dem wir auch Family Offices mit unserer Expertise helfen können. Zudem machen wir kleineren Stiftungen mit unserer vorteilhaften Steuerstruktur ein Angebot. Interessengleichklang gilt auch für uns. Wir investieren zu großen Anteilen selbst in unsere Fonds. Entscheidend ist aber für die Anleger am Ende eine überdurchschnittliche Rendite.
VC Magazin: Ab welcher Summe können Anleger bei Ihnen investieren?
Weinmann: Mit dem REIA Capital Dachfonds bekommen semiprofessionelle Anleger ab 200.000 EUR mit einem faktisch relativ geringen Investmentbetrag eine sehr diversifizierte Geldanlage. Unsere Investoren werden den Betrag über einen Zeitraum von vier Jahren einzahlen. Mit den schrittweisen Einzahlungen lässt sich das Investment gut planen und verhält sich ähnlich wie ein Sparvertrag. Ziel ist es, alle anderthalb Jahre ein Produkt anzubieten, sodass Investoren kontinuierlich investieren können.
VC Magazin: Ist der Private Equity-Markt derzeit lukrativ für Einsteiger?
Weinmann: Aktuell befinden sich Private Equity-Fonds in einer durchschnittlichen Fonds-Einwerbungsphase von ein bis zwei Jahren. Noch Anfang 2022 – also vor der Zinssatzsteigerung – waren wir bei einer Dauer von drei bis vier Monaten. Es gab First- und Final Closings in einem Schritt. Derzeit erleben wir genau das Gegenteil: Es gibt kontinuierlich mehrere Closings und die Private Equity-Fonds sind froh, wenn sie nach einem Jahr 75% des Zielvolumens erreicht haben. Sicher gibt es auch hier Ausnahmen. Für uns als neuer Dachfonds ist das ein sehr guter Zeitpunkt für den Markteintritt, denn wir haben nun einen bestmöglichen Zugang zu Informationen bei der Prüfung von Zielfonds.
VC Magazin: Insgesamt war die Stimmung im Private Equity-Segment aber auch schon bullisher, nicht wahr?
Weinmann: Die Situation ist vergleichbar mit der Zeit nach der Finanzmarktkrise oder auch nach der Tech-Bubble am Anfang der Jahrtausendwende. Die Private Equity-Fonds kommen heute wie damals aus einer Zeit, in der sehr viel sehr schnell investiert worden ist. Üblicherweise finden in Europa 4.500 bis 5.000 Private Equity-Transaktionen pro Jahr statt – 2021 waren es ungefähr 7.500! Das führte dazu, dass im vergangenen Jahr, noch bevor die Zinsen stiegen, viele Private Equity-Fonds ins Fundraising gingen und die Investoren überfordert waren, bei wem sie als Limited Partner ihr Kapital anlegen sollten. Durch die Zinssteigerung und ihre Folgen sammelten die Fonds im Fundraising dann noch langsamer Kapital ein, und dementsprechend wurde auch Tempo bei den Investments rausgenommen.
VC Magazin: Und dann schloss sich auch noch der Exit-Kanal Börse …
Weinmann: Genau. Zudem sind die Bewertungen gesunken und Verkäufe werden gescheut. Dadurch laufen die Cashflow-Profile der institutionellen Investoren aus dem Ruder, woraufhin sie noch vorsichtiger werden und das Fundraising noch schleppender läuft. Die Pensionskassen und Versicherungen, die klassisch in Private Equity investieren, brauchen stetige Rückflüsse und sind darauf angewiesen, dass sich die Portfolios drehen. Daher sind sie zurzeit mit Neuengagements zurückhaltend.
VC Magazin: Wann kommt der Ausweg aus diesem Teufelskreis?
Weinmann: Das ist nicht neu und ist alle paar Jahre zu beobachten. Es braucht dann immer ein wenig Zeit, um sich wieder aufzulösen. Hier rücken Privatpersonen als Investorengruppe in den Fokus, denn sie verfügen über Kapitalzuflüsse aus Gehalt oder Dividenden, die sie kontinuierlich anlegen können. Jetzt ist für sie der optimale Einstiegszeitpunkt, denn die Renditeerwartungen sind aktuell höher.
VC Magazin: Sie haben schon einige Marktkrisen miterlebt. Was raten Sie Ihren Investoren?
Weinmann: Man darf nicht kopflos werden. Qualität hat immer einen Vorteil – vor allem in Krisen. Der Markt wird sich bereinigen und wieder beleben. Das war bisher nach jeder Krise so und wird auch wieder so werden. Wir wählen daher auch unsere Fondsmanager gezielt danach aus, wie viel Krisenerfahrung sie mitbringen. Es gibt ein gewisses Handwerkszeug, das man bei aufkommenden Krisen beherrschen sollte. Neben der Erfahrung sind auch Alleinstellungsmerkmale der Portfoliounternehmen wichtig. Gibt es diese nicht, werden Kunden in Krisenzeiten zu einem billigeren Konkurrenzprodukt greifen. Aus diesen Gründen ist uns die Fondsprüfung so wichtig: Es zählen die Alleinstellungsmerkmale der Fondsmanager, aber auch der von diesen gekauften Unternehmen.
VC Magazin: Wie sehen die nächsten Schritte bei REIA Capital aus?
Weinmann: Zusätzlich zum Europaprodukt planen wir, im kommenden Jahr noch ein Nordamerikaprodukt an den Start zu bringen. Neben der persönlichen Beratung werden Anleger auch auf rein digitalem Weg in unsere Fonds investieren können. Der direkte Kontakt ist uns aber sehr wichtig. Zudem werden wir unser Team weiter ausbauen. Wir möchten uns divers aufstellen und suchen dafür noch Kolleginnen und auch jüngere Teammitglieder.
VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie für den Markt im kommenden Jahr?
Weinmann: Die Staatsschulden werden immer weniger tragbar, die Unternehmensverschuldung teurer, und auch die Immobilienseite ist stark belastet. Aus meiner Sicht sind deshalb die Zinsen auf einem maximalen Niveau angekommen und werden aus mannigfaltigen Gründen nächstes Jahr wohl wieder sinken – vorausgesetzt, die Zentralbanken handeln rational. Mit sinkenden Zinsen wird auch das Interesse der Anleger an risikoreicheren Anlagen zunehmen. Mein Geldanlagetipp bleibt trotzdem für heute und morgen gültig: streuen, streuen, streuen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Interviewpartner:
Thomas Weinmann ist Gründer von REIA Capital, seit mehr als 25 Jahren im Bereich Private Equity aktiv und kennt die Branche als Private Equity- und Dachfondsmanager. Zudem ist er in mehreren Verwaltungsräten tätig.