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Spätestens seit März 2020 ist Investoren sowie der Allgemeinheit klar, dass Pandemien nicht nur in Versicherungsausschlussklauseln, sondern auch im echten Leben relevant sind. Lieferketten wurden unterbrochen, ganze Geschäftsfelder wie die Veranstaltungsbranche kamen zum Erliegen. Ein Sturm der Gefühle brach aus, und auch auf den Finanzmärkten drehten die Winde abrupt. Heute stellt sich die Frage, wie Investoren in Zukunft durch solche „Unwetter“ navigieren können.
Als Investor ist es erforderlich, unter objektiver Unkenntnis Vorhersagen über die Zukunft zu treffen. Jedes Investment wird nach bestem Wissen und Gewissen im Hinblick auf die erwartete Rendite und Risikoabwägung getroffen. Private Equity-Unternehmen funktionieren wie Entdecker auf hoher See: Für jedes Investment ist der anvisierte Kurs im Businessplan und das Ziel einer attraktiven Rendite bekannt, jedoch ist nicht vorhersehbar, was während der Halteperiode alles passieren wird. Der Blick muss stets aufs Deck und gleichzeitig auf den Horizont gerichtet werden. Der „Ausguck“ ist eine im Team verteilte Rolle, die Ausschau hält, um die Investment Professionals etwa vor den Effekten geopolitischer Stürme zu warnen, über die Relevanz gesellschaftlicher Strömungen zu berichten oder die Ebbe und Flut der geldpolitischen Liquidität einzuordnen.
Sturmwarnungen für 2024
„Winds of Change“ können Investoren entweder abrupt treffen oder sich unter unseren Augen entwickeln, wie im Fall der Anwendungen künstlicher Intelligenz (KI), der demografischen Überalterung oder des Klimawandels. Als agiler Investor muss man diese Winde einplanen, sie idealerweise nutzen und vor allem vermeiden, dass Böen, Stürme oder Richtungsänderungen die ultimative Ausprägung von Risiko in Form permanenter Kapitalverluste hervorrufen. Aus welcher Richtung der Wind im Jahr 2024 wehen wird, hängt stark von der Position und Route eines Investments ab. Für technologiefokussierte Start-up- und Wachstumsinvestoren spielen EU- beziehungsweise globale Regulierung von KI und E-Privacy eine wichtige Rolle. Für Investoren, die Banken als Partner für Finanzierungen brauchen, fallen Leitzinsen und Schuldengrade beziehungsweise „Stress“ im Finanzsystem ins Gewicht. Für alle Investoren wird 2024 ein Jahr der geopolitischen Sturmwarnungen, sofern es bei Warnungen bleibt. Wichtige Wahlen in der westlichen Welt, Auseinandersetzungen zwischen Staaten und Völkern sowie die gesellschaftlichen Spaltungen in multikulturellen Gesellschaften werden leider alle betreffen. Politiker werden von den langfristig wichtigen Themen abgelenkt sein und müssen sich um dringende Anliegen kümmern. Auch ohne viel sprachliche Imagination gewinnt daher die Redewendung „Ruhe vor dem Sturm“ an Gewicht: Für alle Investoren ist Wachsamkeit geboten.
Gesellschaftliche Strömungen prägen die Konsumentscheidung
Teilweise unbemerkt treten Konsumentenpräferenzen zutage. Oft werden diese in groben „Generationen“ zusammengefasst: Von den Babyboomern bis zur Generation Alpha führen bestimmte Erfahrungen und Prägungen zu gesellschaftlichen Strömungen und Präferenzen. Investoren achten meist auf die sich ändernden Konsumentenpräferenzen, da diese das Kaufverhalten bestimmen. Für 2024 erscheint es plausibel, dass die Verschiebung hin zu einer Erlebnisökonomie anhält und junge Konsumenten wie auch mit diskretionären Geldern ausgestattete ältere Generationen sich eher für Erfahrungen als für das dritte Handy entscheiden. Gesundheitsausgaben und die Tendenz zur Prävention bleiben ebenfalls hoch im Kurs. Auch unser Unternehmen setzt daher weiterhin auf Dienstleistungen im Gesundheitswesen und die Verschmelzung der Bereiche Wohlbefinden, Fitness und Gesundheit. Wichtig für Investoren bleibt, sich nicht unwissentlich gegen breite Strömungen zu stellen und somit stark vom Kurs des Businessplans abzukommen. Dies wird nicht nur für 2024, sondern allgemein von Bedeutung sein.
Liquiditätsdruck war gestern – Heute herrscht bei Finanzierern Ebbe
Im Nachgang der Finanzkrise 2008 bis 2010 und der Eurokrise 2012 bis 2014 wurde eine substanzielle geldpolitische Liquiditätsschwemme ausgelöst. Diese musste irgendwann zu erhöhter Inflation (also von >2% per annum) führen. Die COVID-19-Pandemie zog zudem die fiskal- und geldpolitische Unterstützung der Wirtschaftsteilnehmer nach sich. Heute muss zusätzliche Liquidität abgeschöpft werden, um die Inflationserwartungen mittel- und langfristig wieder bei etwa 2% zu verankern. Dadurch müssen Zinsen mittelfristig auf hohem Niveau verweilen und verfügen Fremdkapitalgeber über weniger Liquidität. Die Kapitalkosten steigen insgesamt. Bei Ebbe wird nun klar, wer ohne Badehose im Wasser war: Überschuldete Firmen und Projekte melden Insolvenz an oder bitten um Hilfe. Investoren müssen daher 2024 dort, wo es sich lohnt, vornehmlich getätigte Investitionen absichern. Zahlungsziele und Lieferketten müssen überwacht werden, Gespräche mit Finanzierern sollten proaktiv geführt werden, und insgesamt müssen wir alle dafür sorgen, dass eine vorhersehbare Ebbe nicht zu permanenten Verlusten führt. Wer Kapital hat, sieht sich 2024 sinkenden Bewertungen und mehr Pragmatismus gegenüber.
Über den Autor:
Dominic Faber ist einer von drei Gründungspartnern bei KKA Partners, die heuer ihr vierjähriges Bestehen feiern. Seit über 15 Jahren hilft er Unternehmen und Führungskräften als aktiver Beirat, Investor oder Führungskraft dabei, sich weiterzuentwickeln oder Krisen zu überwinden.
Als Seriengründer blickt er auf langjährige Erfahrung im Aufbau von Beteiligungsfirmen.