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Der erfolgreiche Exit ist für Gründer und Investoren der krönende Abschluss ihrer Beteiligung an einem Start-up. Jedoch ist der Weg dorthin schwierig. Nicht nur die Suche nach einem geeigneten Käufer und die anschließenden Verhandlungen sind herausfordernd – auch gleicht die interne Abstimmung zwischen den Verkäufern oft dem sprichwörtlichen Hüten eines Sacks voller Flöhe.
Bei einem bevorstehenden Exit sollten eigentlich alle Gesellschafter eines Start-ups an einem Strang ziehen. Bei vielen Start-ups besteht jedoch nach mehreren Finanzierungsrunden ein größerer und heterogener Gesellschafterkreis. Häufig treten gerade dann vor einem Exit die nicht selten gegensätzlichen Interessen der Gesellschafter offen zutage.
Typische Konfliktfelder sind Fragen wie:
„Soll überhaupt ein Exit stattfinden?“
Die Gründer könnten das Interesse an einem Exit verloren haben, da sie ihre Zukunft dauerhaft im Unternehmen sehen. Auch wenn vertragliche Mitverkaufspflichten bestehen, wird ein erfolgreicher Exit mit unwilligen Gründern kaum gelingen.
„Ist die Bewertung akzeptabel?“
Die verschiedenen Gesellschaftergruppen (Gründer, Business Angels, Venture Capitalisten) sind häufig zu unterschiedlichen Bewertungen eingestiegen. Daher kann eine Exit-Bewertung für einige Investoren attraktiv sein, während andere hinter ihren Renditeerwartungen zurückbleiben. Dieses Problem verschärft sich bei Liquidationspräferenzen für einzelne Investoren. So können Gesellschafter gezwungen sein, ihre Anteile zu verkaufen, obwohl sie bei der Erlösverteilung leer ausgehen.
„Ist die Art des Exits richtig?“
Häufig besteht die Gegenleistung bei einem Exit nicht nur aus Geld, sondern teilweise auch aus Anteilen an der Käufergesellschaft. Einige Verkäufer werden mit einem solchen Anteilstausch zufrieden sein, da sie auf eine Wertsteigerung der erhaltenen Anteile spekulieren; andere Verkäufer (insbesondere Venture Capital-Fonds) präferieren Cash. Diese Beispiele zeigen, dass die Gründe für Konflikte vielfältig sind und Streitigkeiten zwischen den Verkäufern mit negativen Auswirkungen auf den Exit-Prozess nicht ausgeschlossen werden können. Es gibt jedoch Maßnahmen, die das Risiko reduzieren können.
Vertragliche Vorsorge in der Gesellschaftervereinbarung
Bereits die Gesellschaftervereinbarung (Shareholders’ Agreement) sollte einen strukturierten Exit- Prozess vorzeichnen und regeln, ab wann und mit welcher Mehrheit dieser initiiert werden kann. Eine Mitverkaufspflicht ist dabei eine Standardklausel. Sofern diese mit einem Mindesterlös für den verpflichteten Gesellschafter verbunden ist, sollten die übrigen Gesellschafter berechtigt sein, den Exit-Erlös anderer Gesellschafter aufzustocken, um eine Blockade derjenigen Gesellschafter, die sonst ihren Mindesterlös nicht erhalten würden, zu vermeiden. Wichtig ist auch die Bestellung eines Verhandlungsführers, der für die Verkäufer den Exit verhandelt. Um einen breiten Konsens zu fördern, kann auch ein Verhandlungsteam aus Vertretern der einzelnen Gesellschaftergruppen vorgesehen werden. Schließlich sind die Liquidationspräferenzen klar zu formulieren. Dabei sollte auch geregelt werden, dass bei einem Exit-Erlös, der aus einer Barkomponente und Anteilen an der Erwerbergesellschaft besteht, vorrangig die Barmittel zur Erfüllung der Liquidationspräferenzen verwendet werden.
Kommunikation und vorbereitende Maßnahmen
Eine regelmäßige und transparente Kommunikation gegenüber allen Gesellschaftern im Vorfeld des Exits kann viele Probleme vermeiden. Eine frühzeitige Information über die Exit-Gespräche
verhindert, dass sich Gesellschafter übergangen fühlen. Zur Transparenz gehört auch, dass den Gesellschaftern frühzeitig eine Berechnung der Verteilung des Exit-Erlöses (sogenannter Wasserfall) zur Verfügung gestellt wird. So kann jeder Gesellschafter seinen Anteil am Exit-Erlös ermitteln. Die Berechnung des Wasserfalls kann durch mehrstufige Liquidations-präferenzen, verschiedene VSOPs mit unterschiedlichen Ausübungspreisen und unterschiedliche Wandlungsrechte bei Wandeldarlehen komplex werden. Diese Aufgabe sollten die Gründer übernehmen. Wenn der Wasserfall zeigt, dass bestimmte Investoren bei einem Exit nur einen geringen oder gar keinen Erlös erhalten würden, sollten die anderen Gesellschafter erwägen, diese vor dem Exit herauszukaufen. Dies kann diesen Investoren zumindest einen geringenVeräußerungserlös sichern und spätere Blockaden im Exit-Prozess verhindern.
Vertragliche Nachsorge in der Verkäufervereinbarung
Die Unterzeichnung des Kaufvertrags (Signing) bildet den Abschluss der Verhandlungen mit
dem Käufer. Zwischen den Verkäufern sind aber auch nach dem Signing noch viele Details für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Transaktion zu regeln. Dafür wird häufig eine Verkäufervereinbarung abgeschlossen, die insbesondere die Benennung eines Verkäufervertreters, die Aufteilung des Kaufpreises gemäß dem finalen Wasserfall, die Übernahme der Transaktionskosten sowie die Abwicklung etwaiger Haftungsansprüche des Käufers regelt. Der Anteilskaufvertrag und die Verkäufervereinbarung müssen vor dem Signing parallel und meist unter hohem Zeitdruck finalisiert werden. Daher sollte rechtzeitig mit der Abstimmung der Verkäufervereinbarung begonnen werden.
Fazit
Der Exit-Prozess in einer Multiseller-Transaktion ist immer auch eine Verhandlung der Verkäufer untereinander. Durch sorgfältige Vertragsgestaltung, effektive Kommunikation und Prozesssteuerung kann der Exit jedoch zumeist erfolgreich abgeschlossen werden.
Zum Autor:
Alexander Hartleib ist Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der Dornbach GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft (Hamburg) mit den Beratungsschwerpunkten Mergers & Acquisitions, Venture Capital und Corporate Law.