Bildnachweis: BioM, High-Tech Gründerfonds, BioCampus Cologne.
Deutschland bietet eine optimale Infrastruktur, die für die Life Sciences von entscheidender Bedeutung ist. Dazu zählen spezialisierte Industrieparks und Gründerzentren, die Start-ups und etablierten Unternehmen Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Der BioCampus Cologne und das Innovations- und Gründerzentrum für Biotechnologie (IZB) bei München sind exemplarisch für solche Einrichtungen. Diese Standorte bieten nicht nur moderne Labore und Büros, sondern auch umfassende Unterstützungsdienste, die von der Unternehmensgründung bis zur Markteinführung reichen.
„Die Vielzahl an Life Sciences-Standorten ist auch eine Folge der föderalen Förderkultur
in Deutschland“, sagt Dr. Angelika Vlachou, Partnerin beim High-Tech Gründerfonds. „Aber entscheidend ist vor allem die Qualität in Forschung und Entwicklung.“ So könnten Unternehmen mehr Kapital akquirieren und besser im internationalen Wettbewerb bestehen. Die deutschen Standorte müssten kooperieren und dürfen nicht miteinander konkurrieren, um eine notwendige kritische Masse zu erzeugen.
Stärkerer Austausch gefordert
Ein stärkerer Austausch untereinander ist also wünschenswert. So verfügen beispielsweise Berlin und Heidelberg jeweils über starke Standorte im Bereich der Gen- und Zelltherapie. „Es hilft aber nichts, in einem geografischen Gedanken verhaftet zu sein“, so Vlachou. Zentren, in denen sich Firmen und Entwicklungen konsolidieren, müssen sich mit ihrem Know-how und ihren Assets zusammentun und Synergiepotenziale nutzen. „Nur so kann etwas Großes entstehen.“ Als Investorin wünscht sich Vlachou mehr Gründungs-unterstützung für interessierte Forscher und Wissenschaftler. „Science ist unsere Stärke. Wir können noch besser werden in der Translation wissenschaftlicher Forschung in erfolgreiche Unternehmungen. Hier können die Standorte einerseits noch mehr tun, andererseits ist es zurückzuführen auf die fragmentierte Innovationslandschaft. Eine Harmonisierung und Orchestrierung des Innovationsprozesses, aus Forschung, geistigem Eigentum und Finanzierung unter Nutzung der Stärken eines jeden Standorts sollte Ziel sein.“ Die Branche profitiere insgesamt von einer standortübergreifenden Zusammenarbeit, urteilt Vlachou. „Doch wir müssen Wissenschaft stärker in Geschäftsmodelle transferieren.“ Gründungsinteressierte benötigen einen optimalen Zugang zu erfahrenen Mentoren, zu qualifiziertem Scouting, unternehmerischem Training. „Das fördert auch die Gründungsfreude und kann Ängste minimieren“, so Vlachou weiter.
Ballungsraum Metropolregion Rhein-Ruhr
Die Metropolregion Rhein-Ruhr hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Standort für die Life Sciences entwickelt. Der BioCampus Cologne, einer der größten Biotechnologieparks in Deutschland, beheimatet zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Die Nähe zu Universitäten und Kliniken wie der Universität zu Köln und der Uniklinik Köln fördert die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer. Diese Einrichtungen bieten nicht nur eine gute Ausbildung für Fachkräfte, sondern sind auch Zentren für Spitzenforschung. Zudem ist die Struktur der unterstützenden Netzwerke in der Metropolregion überaus vielfältig und einzigartig. So bietet der ansässige Landes-Cluster Bio.NRW zahlreiche Angebote zur Unterstützung für Life Sciences in Nordrhein-Westfalen insgesamt. In der Region Rheinland ist dann zusätzlich der Verein BioRiver als
Branchenverband tätig. Im Großraum Köln ist darüber hinaus das Netzwerk BioCologne aktiv. Alle drei Netzwerke fördern die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Investoren, organisieren regelmäßig Veranstaltungen und bieten Plattformen für den Austausch von Wissen und Ideen. Dabei funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den genannten Netzwerken hervorragend und schafft vielerlei Synergien.
Mehr Gemeinsamkeiten denn Konkurrenz
„Die Mobilität der Unternehmen zwischen den Life Sciences-Standorten in Deutschland ist eher begrenzt“, sagt André van Hall, Geschäftsführer des BioCampus Cologne. „Von daher sehe ich auch keine Konkurrenz untereinander, sondern eher die Gemeinsamkeit, das Thema Life Sciences in Deutschland insgesamt voranzutreiben.“ Und doch scheint die Metropolregion Rhein-Ruhr eine Vorreiterrolle einzunehmen, wenn es um eine „kritische Masse“ geht, also die Dichte an (potenziellen) Mitarbeitern, wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, Unikliniken, Start-ups und Konzernen sowie die Nähe zum Kunden. „Die Region ist der führende Ballungsraum in Deutschland“, so van Hall. „Und sie grenzt direkt an die Niederlande und Belgien.“ Man muss aber auch in der Horizontalen die Akteure verschiedener Reichweiten zusammenbringen, also nicht nur Start-ups, sondern auch Scale-ups und Corporates. „Eine große Bedeutung messe ich den in der Region engagierten Serial Entrepreneuren zu“, unterstreicht van Hall. „Mentoring fördern wir sehr!
Auch Großunternehmen sind immer offen für Innovationen. Unter Technologietransfer verstehen wir nicht nur den Wissenstransfer zwischen Hochschule und Wirtschaft, sondern auch den Transfer zwischen den Unternehmen.“ Als einer der wenigen Life Sciences-Standorte verfügt der BioCampus Cologne zudem über ausreichend freie Flächen zum weiteren Ausbau. Das Gateway Gründungsnetz ist eine Initiative der Kölner Hochschulen zur Förderung und Unterstützung von Start-ups aus Hochschulen und Wissenschaft. Das Gateway bietet Gründern umfassende Unterstützung und mit dem StartUpLab der Technischen Hochschule Köln und dem InnoDom der Universität zu Köln auch Inkubatorflächen für die ersten Gründungsschritte an. Gemeinsam mit weiteren Akteuren am Standort sowie dem BioCampus als weitläufiger Spielfläche für die nahezu unbegrenzte Skalierung von Innovation realisiert Köln auch für die Life Sciences den „Kölner Weg“, eben eine nahtlose und abgestimmte Begleitung von innovativen Geschäftsideen in einer Community mit Scale-ups und Corporates.
München als Life Sciences-Standort
„Eine besondere Stärke zeigt München durch seine beiden Exzellenzuniversitäten mit einer Reihe von Nobelpreisträgern im Bereich der angewandten Wissenschaft und der Lebenswissenschaften, dem Helmholtz Munich mit einem Schwerpunkt für KI, Stoffwechselerkrankungen und einem eigenen Start-up-Inkubator“, fasst Prof. Dr. Ralf Huss zusammen, Geschäftsführer der BioM Biotech Cluster Development GmbH. „Alle sechs Gesundheitszentren sind in München und Bayern vertreten und zahlreiche Max-Planck- sowie Fraunhofer-Institute mit dem jeweiligen Hauptsitz der Gesellschaften in München. Gleichzeitig beobachten wir eine Zunahme der Ansiedlung von großen und globalen Playern der Gesundheits-, Pharma- und IT-Industrie.“
Skalierbare, digitale Modelle
Besonders die Technologiebereiche Künstliche Intelligenz und Large Language Models, die Computer- und Datenwissenschaften, das Thema Robotik und Automatisierung teilweise im Miniaturmaßstab und die Bereiche Nachhaltigkeit beziehungsweise Curricular Economy entwickeln sich zu enormen Innovations- und Produkttreibern. „In der konkreten biotechnologischen Anwendung bieten diese die Grundlage unter anderem für neue und beschleunigte Entwicklungen im Bereich von nukleinsäurebasierten Therapeutika, innovativen Antikörperformaten auch im Sinne von ADCs oder Biosimilars, kliniknahen Zell- und Gentherapeutika oder nanoverkapselten Darreichungsformen für neue Applikationsformen“, so Huss. Begleitet werde dies durch skalierbare digitale und molekulare Diagnoseverfahren und ein breites Netzwerk aus nationalen und internationalen Kooperations- und Auftrags- beziehungsweise Dienstleistungsunternehmen. Darüber hinaus unterstützt der Freistaat Bayern den Aufund Ausbau von Inkubatoren und Acceleratoren meist in Verbindung mit bestehenden Gründerzentren. Ziel ist es, den Weg von der Forschung hin zur Gründungsidee und schließlich einem Start-up zu beschleunigen und zu vereinfachen. „Neben Inkubatoren unter anderem in Regensburg und Straubing eröffnet BioM in Martinsried gerade seinen eigenen Munich Accelerator Life Sciences & Medicine (MAxL), um so den Transfer von Pre-Seed- in den Seed- und Investorenbereich zu beschleunigen“, erklärt BioM-Geschäftsführer Huss.