Business Angels werden für Deutschlands Start-ups immer wichtiger

Entwicklung der Business Angels-Szene in Deutschland

Carsten Rudolph (BayStartup)
Carsten Rudolph (BayStartup)

Bildnachweis: BayStartUp.

In der dynamischen Welt der Start-ups sind Business Angels unverzichtbare Pioniere. Sie prägen die frühe Finanzierungsszene in Deutschland und haben in den letzten zehn Jahren eine beeindruckende Entwicklung erlebt. Welche Rolle werden sie in der Zukunft spielen?

Investments durch Business Angels spielen eine entscheidende Rolle, um Start-ups in ihrer Anfangsphase zu unterstützen. Sie bilden rein zahlenmäßig laut Business Angels Report 2023 des startupdetectors mit 78% die größte Investorengruppe für deutsche Start-ups, gefolgt von Venture Capital-Investoren mit 8%, Corporates mit 7% und anderen wie Accelerators und Family Offices.

Zunehmende Bedeutung von Angel-Investitionen

Über die letzten zehn Jahre hat sich die Business Angels-Szene in Deutschland signifikant entwickelt. Waren Angels einst fast ausschließlich mit kleinen Summen in der sehr frühen Phase engagiert, so investieren sie heute in praktisch allen Start-up-Phasen. Dennoch ist die Bedeutung ganz am Anfang nach wie vor besonders hoch: Angels sind hier mit ihrem tiefen fachlichen Know-how und der Bereitschaft, Gründungsteams fachlich zu unterstützen, unverzichtbar in der Investorenlandschaft. In Kombination mit Wagniskapitalgebern spielen sie heute eine immer wichtigere Rolle. Das Interesse am Angel Investing wächst, die stärkere öffentliche Wahrnehmung der Start-up-Szene und die erkannte volkswirtschaftliche Bedeutung tragen zu diesem Interesse bei. Nach rund 20 Jahren Aufbau der Start-up-Szene in Deutschland zeigt sich noch ein weiterer Effekt, der in den USA bereits vor einigen Jahrzehnten erkennbar war: Erfolgreiche Gründer investieren – nach Börsengängen, Trade Sales oder Secondaries – Kapital in aufstrebende Start-up-Teams. Prominente Beispiele sind die Flix-Gründer, die über das BayStartUp-Investorennetzwerk selbst ihren ersten Business Angel – nach dessen Exit – fanden, Felix Reinshagen von NavVis oder auch Dr. Joachim Kuhn, der va-Q-tec zu einem erfolgreichen Mittelständler aufgebaut hat.

Herausforderungen in der aktuellen Wirtschaftslage

Trotz der insgesamt robusten Szene nehmen Neuinvestitionen in Start-ups derzeit ab – sowohl Aufmerksamkeit als auch Kapital konzentrieren sich auf bestehende Portfolios. Angels ziehen sich teilweise in andere Anlagebereiche wie Immobilien zurück beziehungsweise müssen sich stärker um diese Investments kümmern. Volatile Aktienkurse und damit unsichere Wertentwicklungen in anderen Vermögensbereichen und wirtschaftliche Unsicherheiten im eigenen Unternehmen binden die Angels anderweitig. Die deutlichen Einschränkungen der Invest-Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz senden ebenfalls keine positiven Signale in die Szene.

Perspektiven für Business Angels

Business Angels sind gerade in Zeiten, in denen Venture Capitalists noch selektiver und vorsichtiger bei ihren Start-up-Investments werden, von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der Start-up-Landschaft. Sie bieten Kapital, strategische und operative Expertise, den Zugang zu ihren Netzwerken sowie Sparring und Mentorship zu vielfältigen Fragestellungen. Gerade das brauchen Start-ups derzeit besonders. Dabei müssen sich Angels jedoch weiter professionalisieren, da das bloße Investieren aufgrund einer spannenden unternehmerischen Vision nicht mehr ausreicht. Fortschreitende Digitalisierung im Angel-Dealflow und die Suche nach Start-ups sowie Investoren über Onlineplattformen bieten neue Möglichkeiten. Entscheidend bleiben jedoch die persönlichen Kontakte, die (oft auch räumliche) Nähe zu den „eigenen“ Start-ups und der Austausch mit gleichgesinnten anderen Investoren.

Chancen außerhalb der „typischen“ Venture Capital-Szene

Es gibt – gerade auch außerhalb der Metropolen – in Deutschland eine stattliche Zahl an sehr innovativen Start-ups. Aufgrund der Marktsituation können sie aber nicht die üblichen „Category Leader“- oder Unicorn-Ambitionen verfolgen, auf die Venture Capital-Gesellschaften wegen ihres Geschäftsmodells setzen müssen. Gerade Business Angels haben hier die Chance, auch auf renditeorientierte Start-ups zu setzen und nicht nur vom Exit, sondern auch von einer dauerhaften und langfristig orientierten Unternehmensperspektive zu profitieren. Wir sehen hier zahlreiche Beispiele gerade auch abseits der aktuellen Trendthemen.

Fazit

Die entscheidende Stärke von Business Angels ist, dass sie schon an die Start-ups glauben, wenn es noch niemand anderes tut. Gerade in Zeiten, in denen Wagniskapitalgeber noch selektiver und vorsichtiger bei ihren Start-up-Investments werden, sind sie ein Garant für die Start-up-Entwicklung auch in der Breite. Sie können erfolgreich in Themen investieren, die gerade nicht en vogue sind, mittel- bis langfristig Gewinnausschüttungen realisieren und/oder sich zum attraktiven Exit-Target für den Mittelstand entwickeln. So ermöglichen Business Angels die Entwicklung von maßgeblichen Innovations- und Wachstumstreibern für die gesamte Volkswirtschaft.

Über den Autor:

Dr. Carsten Rudolph ist Geschäftsführer der BayStartUp GmbH, der führenden bayerischen Institution für Start-up-Finanzierung und -Förderung. Seit 2001 unterstützt er in verschiedenen Rollen Innovation und Unternehmertum durch die Vernetzung von Start-ups mit etablierten Unternehmen und Investoren. Mit etwa 400 aktiven Business Angels und über 200 institutionellen Investoren hat sich BayStartUp zu einem der bedeutendsten Akteure in der europäischen Investorenszene entwickelt. Das Netzwerk zeichnet sich durch das größte vermittelte Investitionsvolumen in der Frühphase aus, mit Einzelinvestitionen, die von 50.000 EUR bis in die Millionen reichen.