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Fintechs haben ein langes Tal der Tränen durchschritten. Finanzierungsrunden platzten, Insolvenzen griffen um sich. Ein vielversprechender Sektor im Niedergang? Wohl kaum. Die Zeichen stehen schon wieder auf Wachstum.
Hätte 2020 jemand gesagt, dem Fintech-Sektor stehe eine Krise bevor, hätten viele den Kopf geschüttelt. Noch feierte man Megarunden wie bei Qonto, N26 oder Klarna. Wer Stichworte wie Embedded Finance oder Demokratisierung von Investmentprodukten nur fallen ließ, konnte sich der Aufmerksamkeit der Investoren sicher sein. Zwar unkten einzelne bereits 2021, dass die Party vorbei sei. Dass der gesamte Sektor 2022 rund ein Drittel weniger Funding einsammeln würde als im Vorjahr, ahnte indes niemand. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und damit einhergehenden wirtschaftlichen Entwicklungen verloren Venture Capitalisten und Private Equity-Investoren das Vertrauen, Wachstum um jeden Preis zu finanzieren. Eine fatale Entwicklung für Fintechs, die bis dato auf genau diese Strategie setzten – was uns dazu führt, warum im Fintech-Sektor schon jetzt alle Zeichen auf Erholung stehen. Laut einer Analyse von Sifted haben europäische Start-ups aus dem Bankensektor in diesem Jahr bereits 1,4 Mrd. USD von Investoren erhalten – fast drei Viertel der Summe, die im gesamten Jahr 2023 in digitale Fintechs geflossen war. Welche Faktoren haben dazu beigetragen?
Profitabilität schafft Vertrauen in der Krise
Die ersten Zeichen der Erholung zeigten sich schon Ende 2023. Das Fintech Brite Payments der deutsch-schwedischen Gründerin Lena Hackelöer sammelte beeindruckende 60 Mio. EUR ein. Das Geheimnis des Infrastrukturanbieters von A2A Payments lag im frühen Fokus auf Profitabilität. Statt auf Marktmacht konzentrierte sich die Gründerin auf ein solides betriebswirtschaftliches Fundament und konnte schon einige Monate vor der Runde schwarze Zahlen vorweisen. Die Investoren honorierten diesen Ansatz, der wenige Jahre zuvor sicherlich als zu risikoscheu belächelt worden wäre.
Widerspruch von Banken und Fintech löst sich auf
Aber nicht nur die finanzielle Grundlage, sondern auch der Anwendungsbereich ist entscheidend. Galten Banken und Fintechs lange als Gegenspieler, vereinen sie heute ihre Kräfte. So auch das Fintech Pliant, welches als Anbieter für B2B-Kreditkarten-Infrastruktur fungiert. Neosfer, der Frühphasen-Corporate-Venture-Capital-Arm der Commerzbank, investierte im Jahr 2021. Initiiert durch neosfer gehen das Start-up und die Commerzbank im Rahmen einer Kooperation ab sofort gemeinsame Wege. Die viertgrößte Bank Deutschlands setzt auf genau die Technologie, die seit 2021 von ihrem Frühphaseninvestor neosfer (damals „main incubator“) als Gesellschafter begleitet wird, und bietet Geschäftskunden Kreditkarten schnell, einfach und ohne Legacy-Systeme an.
Fazit
Das Beispiel Pliant zeigt, was lange undenkbar schien. Das neu erkannte Potenzial macht Infrastrukturanbieter oder auch Regtechs für Venture Capitalisten attraktiver denn je. In Zusammenarbeit mit Corporate Venture Capitalisten wie neosfer vereinfacht sich zudem der Zugang zu namhaften Corporates. Die Nachfrage ist hoch und das Wachstumspotenzial trotz Krise enorm. Den Status quo herauszufordern wird die Aufgabe von Fintech-Start-ups bleiben – doch auch Infrastruktur kann revolutionär sein und die Zusammenarbeit mit Banken disruptiv.
Über die Autoren:
Kai Werner ist neben Matthias Lais Geschäftsführer von neosfer. neosfer agiert als Frühphaseninvestor und Innovationseinheit der Commerzbank und bietet Frühphasen-Start-ups strategisches Corporate Venture Capital, um die digitale und nachhaltige Transformation von Financial Services gemeinsam mit der Commerzbank zu fördern und voranzutreiben.