Bildnachweis: truckoo, vent.io, truckoo GmbH.
„Letzter Preis?“ Im analogen Verkaufsprozess orientiert sich der Preis selbst bei komplexen Gütern wie Nutzfahrzeugen manchmal mehr an der Schmerzgrenze des Verkäufers als an sachlichen Kriterien. Der Marktplatz truckoo schafft einen neuen digitalen Standard, transparent und effizient. Knapp 2.000 Fahrzeuge haben so bereits den Eigentümer gewechselt. Auch konnte das Start-up namhafte Investoren aus der Mobilitätsszene überzeugen.
Im Jahr 2020 haben Julia Unützer und Max Füchsl das Start-up truckoo gegründet, um den globalen Handel mit Nutzfahrzeugen zu digitalisieren und dadurch erheblich zu vereinfachen. Die Geschwister hatten genaue Vorstellungen. „Aus dem Familienbetrieb kennen wir die Szene gut – wir sind nun die dritte Generation, die sich beruflich mit Lkws, vom Transporter bis Schwerlast, beschäftigt“, erzählt die studierte Betriebswirtin Unützer. „Noch ist das Handling überwiegend analog, dadurch ineffizient und wenig nachhaltig: Lokale Händler kaufen die Spezialfahrzeuge von lokalen Unternehmen auf, stellen sie dann erst einmal auf ihren Hof und beginnen, über undifferenzierende Werbeportale Kunden in der Umgebung und im Ausland zu suchen. Ohne persönliche Kontakte und Geduld geht da nichts – trotzdem sind Angebote in der Regel unverbindlich und die Preisgestaltung ist häufig intransparent.“ Kämen dann Änderungen der zugelassenen Emissionsklassen ins Spiel, werde es ganz schwierig: „Als Verkäufer braucht man immer den Überblick, welche Länder die Einfuhrgenehmigungen und -gebühren ändern, weil die Nachfrage von dort dann meist komplett abbricht. Das kostet bisher besonders viel Zeit und Mühe!“
Onlineplattform fragt international Kaufgebote ab
Gemeinsam mit einem Tech-Architekten entwarfen Unützer und Füchsl den Marktplatz truckoo, der eine transparente Darstellung eines Fahrzeugs vom Inserat über die Verhandlung und Angebotsannahme bis hin zur Auslieferung und Bezahlung gewährleistet. „Am Anfang steht eine etwa 30-minütige physische Fahrzeugaufnahme bei einem unserer mittlerweile 280 Werkstattpartner in der DACH-Region – für den Verkäufer kostenlos und unverbindlich“, erklärt Unützer, „danach beginnt der vollständig digitalisierte Verkaufsprozess.“ Man, Mercedes oder Iveco? Der bestmögliche Preis für einen Lkw hängt auch davon ab, in welchem Land potenzielle Käufer angesprochen werden. „In Saudi-Arabien ist die eine Marke und Fahrzeugkategorie beliebt, in Serbien vielleicht eine ganz andere. Mithilfe Künstlicher Intelligenz ermittelt der Algorithmus die optimale Preisstrategie.“ Der Verkäufer kann diese akzeptieren oder seinen Höchstpreis festlegen. Erst dann geht das automatisiert und mehrsprachig erstellte Inserat auf dem digitalen Marktplatz online: Um den besten Preis zu erzielen, wird es Interessenten mit passendem Suchprofil präsentiert. Derzeit sind international über 1.000 Händler im System registriert, die dann innerhalb von drei Tagen verbindliche Kaufangebote abgeben können. Kommt es zu einer Einigung, übernimmt truckoo die Abwicklung der Transaktion, inklusive der Fahrzeugübergabe und Bezahlung.
Profitabilität soll noch 2024 erreicht werden
Das Konzept scheint aufzugehen: Seit der Gründung ist es dem jungen Unternehmen gelungen, die angestrebten Meilensteine zügig zu erreichen. Bereits im Gründungsjahr stand der Prototyp des Marktplatzes, einen Monat später wurde das erste Fahrzeug über die Plattform verkauft, ein Jahr später die erste Umsatzmillion erreicht. Mittlerweile ist ein zehnköpfiges Team am Standort München damit beschäftigt, Markenbekanntheit und Marktwachstum voranzutreiben. Unützer: „Mit der steigenden Nachfrage nach digitalen Handelslösungen und der kontinuierlichen technologischen Weiterentwicklung wird truckoo deutlich wachsen und den Markt nachhaltig verändern. Langfristig wird sich die Digitalisierung auch im Nutzfahrzeughandel durchsetzen – truckoo wird dabei eine führende Rolle einnehmen.“ Bereits heute wechseln monatlich mehr als 100 Nutzfahrzeuge über die Plattform den Eigentümer. Mit dem Erreichen der Profitabilität rechnet das Gründerduo noch in diesem Jahr.
Investoren verfolgen auch strategische Interessen
Die beteiligten Geldgeber sind allesamt keine Unbekannten in der Mobilitätsszene: In einer Seed-Runde engagierten sich 2021 Global Founders Capital (GFC), die Digitalspedition sennder und die Flixbus-Gründer als Business Angels mit insgesamt 2,5 Mio. EUR. Im laufenden Jahr wurden in einer weiteren Finanzierungsrunde 1,5 Mio. EUR eingesammelt. Investiert haben neben den Flixbus-Gründern der Mobility Fund, WaVe-X (Early Stage Venture Capital-Arm des österreichischen Transportunternehmens LKW Walter) und vent.io (Venture-Arm der Deutschen Leasing AG). „Wir haben uns aus strategischen Gründen für das Investment entschieden: truckoo revolutioniert den Handel mit gebrauchten Nutzfahrzeugen mit seiner web- und appbasierten Plattform, die Transparenz und Effizienz bietet. Davon profitieren sowohl die Deutsche Leasing AG durch einen neuen Absatzkanal für Leasingrückläufer als auch Unternehmenskunden, die ihre gebrauchten Nutzfahrzeuge verkaufen wollen. Die umfangreiche Branchenerfahrung des Gründerteams und das starke Partnernetzwerk bieten Potenzial für ein nachhaltiges Wachstum des Unternehmens“, ist Sven Siering, Geschäftsführer von vent.io, überzeugt. Konkrete Wachstumsziele des Start-ups liegen aktuell außerhalb des deutschsprachigen Raums: Weitere Verkäufer sollen in den kerneuropäischen Märkten gewonnen werden, potenzielle Käufer in Südamerika, dem Mittleren Osten und Afrika.