Financiers mit feinen Unterschieden

Investmentstrategien im Vergleich

Dr. Thomas Forster (Hansgrohe SE)
Dr. Thomas Forster (Hansgrohe SE)

Bildnachweis: Hansgrohe SE.

Eine aktuelle Studie zeigt Stärken und Schwächen in den Investmentstrategien von Industrieunternehmen, Family Offices und unabhängigen Investmentgesellschaften auf. Vor allem im Monitoring ihrer Start-ups werden gravierende Unterschiede sichtbar. Basis der Untersuchung sind mündliche Interviews mit 60 Führungskräften.

Die meisten Entrepreneure sind früher oder später auf der Suche nach Wagniskapital für ihre Geschäftsidee. Aber wie findet man den passenden Investor? Sollen sie sich lieber an eine klassische Venture Capital-Firma wenden, an ein Industrieunternehmen oder ein Family Office? Eine Studie der Hochschule für angewandtes Management/Triagon, die in Kürze bei Springer Gabler erscheint, thematisiert die Unterschiede in deren Investmentstrategien und operativer Umsetzung sowohl bei Venture Capital als auch bei Private Equity – und zeigt dabei Stärken und Schwächen der drei Gruppen auf. Grundlage sind 60 Interviews, unter anderem mit Managern aus der Industrie wie BASF, Bitburger, Fresenius und Henkel, aus Family Offices wie Allegro Invest, Syngroh oder HQ Equita sowie von unabhängigen Financiers wie Neoteq oder Emeram Capital Partners.

Industrie bevorzugt Early Stage

Hinsichtlich der Strategien, deren Umsetzung und Zielerreichung ergibt sich als erster wesentlicher Unterschied, dass – wenig überraschend – Venture Capital-Firmen und Family Offices Finanzziele höher priorisieren, Industrieunternehmen dagegen strategische Ziele, zum Beispiel den Zugang zu Technologie-Know-how und den anschließenden Wissenstransfer ins Mutterunternehmen. Entsprechend wichtiger ist den Protagonisten aus der Industrie bei der Auswahl der Targets deren innovativer Technologieansatz beziehungsweise die technologische Weiterentwicklung. Der Kundennutzen müsse schon in einem frühen Entwicklungsstadium des Start-ups klar erkennbar sein, so die Industrievertreter, die häufig in Frühphasen investieren. Dabei treten die meisten von ihnen, ebenso wie bei den Familien, als Minderheiteninvestoren auf, anders als die Venture Capital- und Private Equity-Spezialisten, die häufig Mehrheiten bevorzugen, um ihre Strategien durchzusetzen, etwa die Skalierung des Geschäftsmodells. Bei Distribution und Sales Channels werden bewährte Ansätze bevorzugt, die bereits ihre Übertragbarkeit in andere Märkte unter Beweis gestellt haben.

Langfristige versus kurzfristige Rendite

Zur Strategie gehört auch die höchste Erwartungshaltung bei der Rendite, und zwar als kurzfristiger Return. Während die Vermögensverwalter der Familien auf durchschnittlich neun Jahre Haltedauer kommen, sind es bei Industrie (sieben) und Venture Capital-Firmen (fünf) deutlich weniger. Kein Wunder also, dass der Family-Fokus auf langfristiger Rendite liegt – und auf Start-ups, deren Produkte eine deutliche Weiterentwicklung zu bestehenden Waren und Dienstleistungen darstellen. Gern gesehen ist eine ESG-Ausrichtung, um einen möglichst langen Lebenszyklus zu gewährleisten.

Heterogenität des Portfolios

Ein weiterer Unterschied macht sich daran fest, dass die Manager aus dem produzierenden Gewerbe „vertrauensbasiert“ investieren – sie bevorzugen also Märkte, die sie kennen: weil sie dort etwa bereits investiert sind und/oder ihr Mutterunternehmen dort aktiv ist. Venture Capital-Gesellschaften richten sich dagegen „opportunitätsbasiert“ an klassischen Größen aus: der Growth Rate, der Marktgröße und der Wettbewerbsintensität. Über allen Investments steht als Grundsatz die Heterogenität des Portfolios zur Risikostreuung.

Achillesferse Risikomanagement

Gerade das Risikomanagement stellt für viele Family Offices offenbar ein Problem dar, und zwar besonders das laufende Monitoring. Während Venture Capital- und Private Equity-Firmen häufig ein stark standardisiertes Monitoring einsetzen und ganze Reportingsysteme implementieren, ist das Beteiligungscontrolling bei Family Offices tendenziell weniger ausgeprägt. Das gilt für Tools wie für Prozesse: So sind beispielsweise interne Vorgaben an die Investmentmanager zur Betreuungsintensität ihrer Start-ups in dieser Gruppe höchst selten.

Probleme bei Synergien und Zielerreichung

Eine zweite Schwäche besonders der Vermögensverwalter betuchter Familien liegt darin, dass es einem Drittel von ihnen nach eigener Einschätzung nicht oder nur kaum gelingt, Synergien im Portfolio zu heben. Als dritte Herausforderung der Family Offices und Venture Capital-Vertreter beziehungsweise als Stärke der Industrie erweist sich die Zielerreichung: Zwar schneiden die Topperformer der Venture Capital- und Familienmanager deutlich besser ab als diejenigen der Industrie. Allerdings konnten Letztere weitaus mehr ihrer selbstgesteckten Ziele umsetzen.

Fazit

Welcher Investor also der richtige für das eigene Start-up ist, macht sich nicht zuletzt an den Ausrichtungen der potenziellen Geldgeber fest: Family Offices (und Industrie) investieren gerne in vertraute Umfelder, oft langfristig und finanzgetrieben, bei hoher Renditeerwartung. Das Produkt des Targets muss eine echte Verbesserung darstellen, gerne mit ESG-Fokus. Ein standardisiertes Monitoring, das einen Vergleich mit anderen Beteiligungen ermöglicht, findet eher nicht statt. Venture Capital-Firmen suchen kurzfristige Renditen, orientieren sich an Marktgröße und Wachstumsraten sowie der Skalierbarkeit des Business. Sie setzen auf erprobte Vertriebskanäle. Industrieunternehmen schließlich fokussieren Technologie, die Skalierbarkeit ins Ausland oder in Teilmärkte und bevorzugen Early Stage.

Über den Autor:

Dr. Thomas Forster, Senior Manager bei der Hansgrohe SE und Spezialist für Performance Management, hat an der Hochschule für angewandtes Management/Triagon im Bereich Corporate Finance promoviert.