Wie Venture Capital und Entrepreneurship eine neue Industrie formen

Innovationstreiber Cannabis

Albert Schwarzmeier (enua Pharma GmbH)
Albert Schwarzmeier (enua Pharma GmbH)

Bildnachweis: enua Pharma GmbH.

Seit der (Teil-)Legalisierung des Cannabis-Anbaus und Konsums in Deutschland im Frühling 2024 ranken sich große Hoffnungen um den Markt. Und das durchaus berechtigt, auch wenn sich die Entfesslung bis dato nur auf enge Segmente beschränkt. Doch die Aussichten für Unternehmen und Investoren sind gut.

„Hanf-Hype: Trend mit großem Marktpotenzial“ betitelte das renommierte Zukunftsinstitut mit Hauptsitz in Frankfurt am Main den vor zwei Jahren erschienenen „Health Report 2022“. Darin heißt es unter anderem: „Rund 80 Jahre war Cannabis fast überall auf der Welt weitgehend verboten. Marktbeobachter sind sich sicher: Die Legalisierung von Cannabis, lateinisch für Hanf, war der Startschuss für einen regelrechten Nachfrageboom. Inzwischen spricht man längst von einem, Green Rush‘, in Anlehnung an den Gold Rush des 19. Jahrhunderts.“

USA, Kanada – und jetzt auch die Cannabis-Legalisierung, in Maßen, in Deutschland

Vor bereits zwölf Jahren wurde Cannabis in Colorado und Washington legalisiert, weitere US-
Bundesstaaten folgten. Seit 2018 ist Cannabis in Kanada ein legales Rauschmittel für Personen ab 19 Jahren. In Deutschland ist der Einsatz von Medizinal-Cannabis seit dem Jahr 2017 erlaubt – und seit  1. April dieses Jahres sind auch – zugegeben im engen rechtlichen Rahmen – der private Anbau von Cannabis und der private Konsum hierzulande legal.

Marihuana hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend zum ernstzunehmenden
Wirtschaftsfaktor entwickelt. Das Zukunftsinstitut zitierte in seinem Report die Kolleginnen und Kollegen des US-Marktforschungsunternehmens BDSA. Die hatten errechnet, dass der globale Umsatz im legalen Cannabismarkt von 19,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 auf mehr als 47 Milliarden US-Dollar im kommenden Jahr steigen dürfte. Diese Zahlen wecken auch das Interesse des Staates. In der Erkenntnis, dass etwa der Bundesfinanzminister die Einnahmen aus dem legalen Verkauf von Cannabis-Produkten lieber in seinen Staatskassen sieht als in den dunklen, illegalen Schatullen dubioser Schwarzanbieter.

Eine komplette Legalisierung von Cannabis könnte dem Fiskus durch zusätzliche Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge sowie Einsparungen bei Strafverfolgung und Justiz insgesamt mehr als 4,7 Milliarden Euro pro Jahr einbringen. Das ergab eine Studie des angesehenen Wirtschaftsprofessors Justus Haucap vom Düsseldorf Institute for Competition Economics an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Bereits seit Jahren haben viele Startups auf den Durchbruch und die Legalisierung des Cannabis-Markts in Deutschland gesetzt. Manche hatten nicht die Ausdauer und die finanzielle Ausstattung, um die ersten Durstrecken-Jahre zu überstehen und jetzt die Ernte ihrer Mühen einzufahren. In diese Marktlücken stoßen aber mehr und mehr neue Firmen – und wagemutige Investoren. Die Synergien zwischen Venture Capital, innovativen Unternehmen und einer gesamten, deregulierten Branche im Aufwind sind definitiv Treiber für Wachstum und Innovation. Die Cannabis-Branche steht seit dem wegweisenden Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes zum 1. April vor dem Aufstieg.

Besonders das große Interesse von Venture-Capital-Unternehmen am sich neu aufbauenden Markt sorgt für Dynamik und die notwendige Skalierung von Geschäftsmodellen. Albert Schwarzmeier, CEO der enua Pharma GmbH, sieht hierin eine große Chance für Innovationen: „Venture Capital wirkt als Innovationskatalysator in der Cannabis-Branche, besonders im Kontext der Teil-Legalisierung. Es fördert nicht nur die Professionalisierung, sondern beschleunigt auch die Entwicklung neuer Technologien, Prozesse sowie von M&A Aktivitäten. Investoren bringen neben Kapital auch tiefgreifende Skalierungs- und Marktexpertise ein, die entscheidend für das Wachstum junger Unternehmen ist. Das beobachte ich bei einigen Unternehmen in unserer Branche. Bei enua nutzen wir die Unterstützung von einem großen Family Office sowie von erfahrenen Business-Angels, um uns als Vorreiter für Qualität und Effizienz zu positionieren und neue Standards zu setzen. In einer Branche, die sich dynamisch neu formiert, ist das Zusammenspiel von Kapital und Know-how unverzichtbar, auch wenn wir bereits seit 2023 profitabel sind.“

Das Kölner Unternehmen enua ist einer jener Pioniere am Markt, die mit dem Vertrieb und Verkauf hochwertigen Cannabis‘ für medizinische Zwecke groß geworden sind. Mit dem sich nun langsam öffnenden Privatmarkt erwachsen für Unternehmen wie enua weitere große Möglichkeiten. Zugleich aber ist der Cannabis-Markt kein Markt wie jeder andere gerade für Investoren aus dem Venture-Capital-Bereich. Die rechtlichen und regulatorischen Vorgaben sind hoch – und damit auch die Notwendigkeit zur Abstimmung etwa mit Akteuren aus der Politik oder Gesundheitsbehörden.

Seriengründer Albert Schwarzmeier rät allen künftigen Entrepreneuren oder Vertretern von VC-Geldgebern, sich diese Tatsache immer wieder vor Augen zu führen: „Als Seriengründer habe ich viele Branchen kennengelernt, aber der Cannabis-Sektor ist in seiner Dynamik und
Regulierungsstruktur einzigartig. Hier entscheidet der Erfolg maßgeblich über die enge und effiziente Zusammenarbeit aller Akteure – von Unternehmern, Cannabis-Produzenten über Investoren bis hin zu Regulierungsbehörden und Patienten. Diese hohe Komplexität birgt zugleich eine enorme Chance: Wer es schafft, diese unterschiedlichen Interessen zu vereinen und gleichzeitig höchste Standards zu etablieren, legt das Fundament für nachhaltigen Erfolg. In dieser Branche muss man sowohl agiler Innovator als auch strukturierter Qualitätsmanager sein, um langfristig bestehen zu können.“

Neuer Markt: Große Chancen, aber auch strenge Regulierungen

Die Cannabis-Legalisierung hat einen neuen Markt geschaffen. Doch noch sind die rechtlichen
Hürden eng und hochgesteckt: So ist der private Anbau nur für maximal drei Pflanzen gestattet. Der kommerzielle Verkauf von Cannabis ist weiterhin nicht erlaubt. Mit anderen Worten und mit Blick auf mögliche VC-Geldgeber: Direkte Investitionen in den Verkauf von Cannabis-Produkten in Deutschland sind derzeit noch nicht möglich. In den USA oder Kanada ist das dagegen schon erlaubt. Doch zum einen hinkt der deutsche Markt in Sachen gesetzgeberischer Freiheit zeitlich hinterher. Was also heute noch nicht sein darf, könnte morgen schon legal möglich werden – sofern die Erfahrungen mit der Teil-Legalisierung seit Frühling 2024 positiv verlaufen. Zum anderen: Es gibt neben dem direkten Verkauf viele weitere Möglichkeiten, in die VC-Geldgeber bereits heute in Deutschland investieren können. Hier bieten sich auch Entrepreneuren viele Chancen. Das gilt etwa für CBD-Produkte, die kein psychoaktives THC enthalten und etwa in Ölen oder Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind.

Große Marktchancen versprechen auch Business-Modelle rund um das Anbau-Equipment wie Grow-Boxen für die Aufzucht der Pflanzen oder Beleuchtungssysteme. Zudem eröffnet sich rund um moderne Analysetechnik ein weites Feld an Chancen. Denn das große Plus des staatlich erlaubten Cannabis‘ ist im Gegensatz zu Produkten aus dubiosen Quellen – im besten aller Fälle – seine Reinheit. Um die nachzuweisen und als Wettbewerbsvorteil einzusetzen, braucht es jedoch erstklassige Qualitätskontrollen und Gesundheitsschutz im Vorfeld. Und genau hier bieten sich VC-Geldgebern neue Optionen.

Fazit

Mit dem bahnbrechenden Legalisierungsgesetz im Frühling dieses Jahres ist der positive
Cannabis-Geist aus der Flasche gekommen. Das Gesetz markiert mit ziemlicher Sicherheit nur einen ersten Schritt hin zu einer weiteren Öffnung und Deregulierung. Damit ergeben sich auch für VC-Investoren und Entrepreneure zusätzliche Möglichkeiten.