Neuheiten säumen den Weg

Wandel des M&A-Markts in den letzten 25 Jahren mit Blick nach vorn

Marcus Heinrich Rohner (Breidenbach Rechtsanwälte)
Marcus Heinrich Rohner (Breidenbach Rechtsanwälte)

Bildnachweis: Breidenbach Rechtsanwälte, VentureCapital Magazin, Pexels.

Der M&A-Markt ist international wie auch in Deutschland Zyklen unterworfen. Boomphasen mit hohen Preisen sowie einem regen Transaktionsgeschehen und Ruhephasen mit einem Überwiegen von Restrukturierungen und Käufen aus der Insolvenz wechseln sich ab. Aber auch mehr formale und/oder thematische Veränderungen prägen das Marktgeschehen und stellen Herausforderungen für die Akteure dar.

Die Jahre seit dem Jahrtausendwechsel waren in der Gesamtschau eine Hochphase des M&A-Markts, obwohl die Finanzmarktkrise 2008 und politische Entwicklungen wie etwa der Brexit das Marktgeschehen zwischenzeitlich auch negativ beeinflusst haben. Das Aufbrechen der „Deutschland AG“, die Internationalisierung der Wirtschaft sowie günstige Zins- und Finanzierungsbedingungen haben das Transaktionsgeschehen jedoch nachhaltig gestärkt und zahlreiche Entwicklungen im Markt befördert. Vor 25 Jahren wurde das M&A-Geschäft noch weitgehend von Großfusionen und Unternehmensnachfolgen geprägt; Investoren wurden als „Heuschrecken“ wahrgenommen und Wagniskapital war noch weitgehend unbekannt. Mit dem Wandel hin zu einem Verkäufermarkt und steigenden Preisen kam die Entwicklung zu „Smart Money“. Ohne vertiefte Branchenkenntnisse und die Bereitschaft, dem Target mit qualifiziertem Rat und geschäftlichen Kontakten zur Seite zu stehen, kommt heute kaum ein Kaufinteressent zum Zuge – und Venture Capital stellt heute neben Private Equity ein eigenständiges und bedeutendes Marktsegment insbesondere für Start-ups dar.

25 Jahre Private Equity Forum NRW
25 Jahre Private Equity Forum NRW

Durchbruch der Digitalisierung

Die Coronapandemie brachte nur kurz Verunsicherung unter die Marktteilnehmer, hat aber zugleich den endgültigen Durchbruch der Digitalisierung auch im M&A-Geschäft bewirkt. Vertragsverhandlungen werden nunmehr regelmäßig ganz oder zumindest teilweise online abgewickelt, und der virtuelle Datenraum mit all seinen Möglichkeiten ist bei der Due Diligence nicht mehr wegzudenken.

Aktuelle Situation

Vor 25 Jahren hätte sich kaum jemand vorstellen können, dass Unternehmenskaufverträge eine Begrenzung der Haftung des Verkäufers auf den Betrag von 1 EUR vorsehen könnten. Heute gelten entsprechende Klauseln und der Abschluss von W&I-Versicherungen als völlig übliche Gestaltungen. Dies ist auch bemerkenswert, weil zeitgleich das allgegenwärtige Thema Compliance den Blick auf mögliche Haftungsrisiken schärft. Das auf die Bedürfnisse des M&A-Geschäfts nicht abgestimmte Datenschutzrecht, die ausufernden Vorgaben zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette, die stetig zunehmenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Haftungsgefahren sowie die geopolitischen Risiken werden aber offensichtlich nicht als unbeherrschbare Gefahren für die Transaktionssicherheit wahrgenommen.

Ausblick

Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besteht weitgehende Einigkeit, dass das Thema Distressed M&A weiter an Bedeutung gewinnen wird. Zudem sagen Marktbeobachter in einem Umfeld fallender Zinssätze auch ein wiedererstarkendes Interesse von Investoren an mittelständischen Unternehmen voraus, das auch außerhalb von Krisenszenarien Private Equity-Transaktionen befördern könnte. Ob und inwieweit das Thema ESG das Marktgeschehen zukünftig stärker beherrschen wird, bleibt abzuwarten. Während in Europa die gesetzliche Regulierung der Finanzmärkte ESG nach wie vor in den Fokus der Aufmerksamkeit bringt, werden in den USA Investitionen in ESG-Fonds wegen der fehlenden Wirtschaftlichkeit bereits wieder kritischer betrachtet. Weiter zu beobachten ist, welche Auswirkungen die zunehmende Digitalisierung und die KI auf den M&A-Markt zeitigen werden. Während KI-getriebene Geschäftsmodelle die Fantasie der Investoren beflügeln, stellen sich die Auswirkungen der KI auf M&A-Prozesse derzeit noch als überschaubar dar – aber dies könnte sich in naher Zukunft ändern …