Die Forschungszulage – Gamechanger für innovative Unternehmen

Staatliche Fördermittel für Start-ups

Arne Wittern (Coup)
Arne Wittern (Coup)

Bildnachweis: Coup.

Staatliche Fördermittel haben – häufig zu Recht – keinen guten Ruf. Von der unübersichtlichen Förderlandschaft über verklausulierte Voraussetzungen bis hin zu langwierigen, intransparenten Antragsprozessen; Bürokratie, wohin man blickt. Gerade für sich dynamisch entwickelnde Start-ups und Scale-ups sind verklausulierte und unflexible Förderprogramme daher augenscheinlich kein gutes Match. Die Einführung der Forschungszulage vor einigen Jahren hat das geändert.

Schon seit vielen Jahren sind die „R&D Tax Incentives“ in vielen Ländern, wie den USA, Italien und Frankreich, ein beliebtes Instrument zur themenoffenen Förderung heimischer Unternehmen. Das deutsche Pendant: Die 2020 eingeführte Forschungszulage. Die politische Zielsetzung ist es, Unternehmen zu animieren, mehr Forschung und Entwicklung (R&D) zu betreiben, indem diese einen Teil der Kosten über die Steuer erstattet bekommen. Der Clou: Anders als bei vielen anderen Fördermitteln geht das bis zu vier Jahre rückwirkend. Ein Projekt kann also bereits begonnen oder sogar abgeschlossen sein und trotzdem noch gefördert werden. Das macht die Forschungszulage auch für viele Start-ups und Scale-ups relevant, die sich in den ersten Monaten vor und nach Gründung natürlich um die Entwicklung ihres Geschäfts und nicht um staatliche Förderungen kümmern. Ein weiterer Vorteil: Es können mehrere Projekte, auch gleichzeitig, gefördert werden.

Die Forschungszulage im Überblick

Die Forschungszulage beruht auf dem Forschungszulagengesetz und bietet damit eine besonders hohe Beständigkeit und Rechtssicherheit. In den letzten Jahren haben Aussetzungen von Förderprogrammen (zum Beispiel der KfW) immer wieder Schlagzeilen gemacht. Auch wurde die Forschungszulage mit dem Wachstumschancengesetz aus dem Frühjahr 2024 noch einmal deutlich aufgewertet. Neu eingeführt wurde dabei unter anderem, dass kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) eine höhere Förderquote erhalten können. Statt bisher 25% können KMUs ab diesem Jahr 35% Förderung erhalten. Auch die maximale Bemessungsgrundlage – also die höchstmögliche Kostenförderung – wurde von 4 Mio. auf 10 Mio. EUR angehoben. Angesetzt werden können Personalkosten für Angestellte, Kosten für externe Auftragnehmer und neuerdings auch die Anschaffungskosten für Maschinen und anderes Equipment.

Wie wird die Forschungszulage beantragt?

Der erste Schritt ist das Einreichen eines Förderantrags bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ). Darin werden das Projekt und dessen Zielstellung vorgestellt und argumentiert, warum es sich dabei um R&D handelt. Für eine erfolgreiche Beantragung muss das Projekt die drei Kriterien von R&D erfüllen: Neuartigkeit, Ungewissheit und Systematik. Relevant sind technologische und wissenschaftliche Gesichtspunkte. Die Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells fällt also nicht darunter; die Entwicklung neuer Technologie, die den aktuellen Stand der Technik übertrifft, hingegen durchaus. Die Herausforderung: aufzuzeigen, dass in einem Projekt tatsächlich neue Produkte oder Verfahren entwickelt werden, welche auf eigenen Lösungsansätzen beruhen. Gerade das Kriterium der Ungewissheit ist ein häufiger Stolperstein: Es muss aufgezeigt werden, welche projektspezifischen Hürden technischer oder wissenschaftlicher Natur dazu führen könnten, dass ein Projekt scheitert. So argumentieren viele Gründer, gerade gegenüber Investoren, natürlich tendenziell nicht. Für die Forschungszulage ist es jedoch zwingend notwendig, diese zu benennen. Hilfreich ist dabei, über Limitationen bisher verfügbarer Technologie oder die Widersprüchlichkeit der angestrebten Zielparameter nachzudenken.

Wie lange dauert es bis zum Erhalt der Förderung?

Nach der Einreichung des Förderantrags dauert es maximal drei Monate, bis die BSFZ eine Entscheidung trifft. Diese wird, inklusive Begründung, in Form eines Bescheids übermittelt. Ist die Entscheidung positiv ausgefallen, kann mit dem zweiten Schritt begonnen werden. Für alle abgeschlossenen Wirtschaftsjahre, in denen ein Projekt lief, ist ein sogenannter Antrag auf Forschungszulage beim Finanzamt zu stellen. Darin werden die tatsächlich angefallenen Kosten detailliert. Das Finanzamt ist letztlich dafür verantwortlich, die Höhe der Förderung für das jeweilige Jahr festzulegen. Daher prüft das Finanzamt die Dokumentation und Belege für diese Kosten sehr genau.

Was ist zu berücksichtigen?

Deshalb sollte auf eine korrekte Dokumentation geachtet werden. Die Forschungszulage ist zwar auch hier vergleichsweise leichtgewichtig, aber gerade der Zeiterfassung sollte Beachtung geschenkt werden. Dafür sollte ein Tool genutzt werden, das gleichzeitig auch Logs anlegt, um Nachweise über die zeitnahe Erfassung erbringen zu können. Darüber hinaus muss erfasst werden, welche Tätigkeiten die Projektbeteiligten durchführen. Damit wird festgestellt, ob die Tätigkeiten tatsächlich als R&D zu werten sind. Sind auch externe Auftragnehmer am Projekt beteiligt, sollte der Leistungsgegenstand im Vertrag so beschrieben werden, dass der Beitrag zum Projekt klar erkennbar ist. Auch die Rechnungen sollten das widerspiegeln. Die bürokratischen Hürden, die zeitaufwendige Antragstellung und mögliche Unsicherheiten bei der Anerkennung der Projekte können potenzielle Fördernehmer bremsen. Allerdings machen die Beständigkeit, eine breite Anwendbarkeit und die hohe Förderquote die Forschungszulage unbestritten zu einer interessanten und wirksamen Chance für innovative Unternehmen.

Über den Autor:

Arne Wittern ist Co-Founder von Coup (getcouped.com), einem Unternehmen, das Softwarelösungen und Beratung kombiniert, sodass die Forschungszulage einfach zugänglich wird.