„Es hat sich ein neuer Gründerspirit entwickelt“

Interview mit Mike Walber, Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz

Mike Walber (Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz)
Mike Walber (Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz)

Bildnachweis: Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz.

Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz investiert mit dem neuen Innovationsfonds III weiter in Start-ups aus ihrem Bundesland. Wie es den Jungunternehmen dort geht und welche Veränderungen bei den Start-ups spürbar werden, berichtet Venture Capital-Abteilungsleiter Mike Walber.

VC Magazin: Wie geht es den Start-ups und Grown-ups in Rheinland-Pfalz? Was belastet Ihre Portfoliounternehmen aktuell am meisten?

Walber: Die Akquirierung von neuem Kapital für die Finanzierungsrunde gestaltet sich derzeit schwierig, da einige Venture Capital-Gesellschaften zurückhaltend agieren. Hinzu kommen oft sehr lange Vertriebswege und -zeiten, insbesondere bei öffentlichen Kunden und Mid Cap-Unternehmen. Wie in vielen anderen Branchen stellt zudem die Gewinnung von Fachkräften eine große Herausforderung dar, wobei speziell bei Start-ups gilt, dass der Ausbau des Teams entsprechendes Wachstum erfordert, um die Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Nichtsdestoweniger gilt für uns der Grundsatz, dass wir die Situation jedes Unternehmens auf seine individuelle Perspektive hin betrachten.

VC Magazin: Sie können über frisches Beteiligungskapital aus dem Innovationsfonds III Rheinland-Pfalz verfügen. Was müssen Start-ups mitbringen, um für eine Finanzierung infrage zu kommen?

Walber: Der Fokus liegt auf jungen, technologieorientierten Start-ups, die ein innovatives
Produkt oder Verfahren entwickeln. Es gibt keinen festen Branchenfokus, jedoch muss das Unternehmen ein vielversprechendes Geschäftskonzept mit deutlichen Wachstumsperspektiven und einem hohen Wertschöpfungspotenzial vorweisen können. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, dass der Unternehmenssitz in Rheinland-Pfalz liegen muss.

VC Magazin: Wie viel Kapital können pro Unternehmen, Finanzierungsrunde und insgesamt aus dem Fonds III investiert werden?

Walber: Der Innovationsfonds III wird ein Zielvolumen von 50 Mio. EUR haben, wobei die Mittel sukzessive über die EFREFörderperiode durch die EU und das Land Rheinland-Pfalz bereitgestellt werden. Je Unternehmen können hierbei Mittel von bis zu 2 Mio. EUR gewährt werden. In der ersten Finanzierungsrunde beteiligen wir uns in der Regel mit bis zu 500.000 EUR, abhängig vom konkreten Finanzierungsbedarf des Start-ups und möglichen Co-Investoren. Grundsätzlich investieren wir gerne gemeinsam mit anderen Investoren, um das Kapital optimal zu streuen und das Risiko zu minimieren.

VC Magazin: Wie haben sich die Qualität und die Quantität des Dealflows in den letzten Jahren verändert?

Walber: Die Quantität der Start-ups hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
Allerdings zeigt sich, dass viele Geschäftsmodelle recht ähnlich sind und häufig nur Teillösungen bieten, was eine Differenzierung erschwert. Gleichzeitig hat sich die Qualität einzelner Start-ups deutlich verbessert, sowohl in Bezug auf die Technologie als auch auf die Teams. Dies liegt zum Teil daran, dass vermehrt Mehrfachgründer involviert sind, die bereits Erfahrungen mitbringen. Darüber hinaus hat sich das Umfeld für Start-ups, insbesondere in der Spitze, deutlich weiterentwickelt. Gründernetzwerke, universitäre Gründungsbüros, Hubs und Inkubatoren bieten mittlerweile eine erheblich verbesserte Infrastruktur, was das Angebot für Start-ups spürbar erweitert hat.

VC Magazin: Was sind für Ihr Haus absolute No-Gos im Due Diligence- und Investitionsprozess?

Walber: Fehlende oder ungenaue Informationen sowie eine unzureichende Kommunikation
mit potenziellen Investoren stellen häufige Herausforderungen dar. Darüber hinaus kann es zu mangelnder Kompromissbereitschaft kommen – sowohl seitens der Start-ups als auch der Investoren. Ein weiterer entscheidender Faktor ist der fehlende realistische Blick auf die aktuelle Situation des Start-ups und dessen Umfeld, was die Chancen auf eine erfolgreiche Finanzierung zusätzlich erschweren kann.

VC Magazin: Vervollständigen Sie zum Abschluss doch bitte folgenden Satz: 2024 ist ein guter Gründerjahrgang, weil …

Walber: … sich nach den schwierigen Vorjahren und den weltweiten Auswirkungen ein neuer Gründerspirit entwickelt hat, der sich trotz aller Widrigkeiten durchsetzt.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Interviewpartner:

Mike Walber leitet die Venture Capital-Abteilung der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Zum Portfolio der Landesförderbank zählen rund 150 Start-ups.