Steuerlicher Ausblick für 2025

Andreas Kortendick (YPOG)
Andreas Kortendick (YPOG)

Bildnachweis: YPOG, VentureCapital Magazin, Pexels.

Der Blick in die etwas verstaubte Glaskugel verspricht wieder einige Dynamik im
Steuerrecht. Aufgrund der Schnelllebigkeit durch wöchentliche Verwaltungs-anweisungen und Urteile sowie die quasi obligatorischen „Jahressteuergesetze“ bleibt es niemandem erspart, die Entwicklungen auch im Jahr 2025 dauerhaft zu verfolgen. Die politische Lage wird ebenfalls einen Einfluss haben. In jedem Fall müssen sich Marktteilnehmer laufend auf den Wandel einstellen und diesen frühzeitig adaptieren.

Mitarbeiterbeteiligung

Lange wurde für die Verbesserung der Rahmenbedingen der Mitarbeiterbeteiligung gekämpft – zum Beispiel über den Startup-Verband. Auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt wurden, war das Ergebnis der ersehnte Schritt in die richtige Richtung und hat nach den gesetzgeberisch verbesserten Rahmenbedingungen zum Beginn dieses Jahres bereits für mehr Traktionskraft
in der Praxis geführt. Im Kern wurde das Thema der Dry Income-Besteuerung – sprich der Besteuerung ohne korrespondierenden Liquiditätsfluss – bei dem Erwerb werthaltiger Anteile adressiert und ein Besteuerungsaufschub erreicht. Dieses Mittel wird als Ergänzung der bislang jedenfalls in der Breite weiterhin dominierenden Instrumente des VSOP und ESOP auch 2025
vermehrt eingesetzt werden. Anstoß hierfür dürfte auch eine jüngst mit Wirkung zum neuen Jahr erfolgte Erweiterung des Gesetzes auf Beteiligungen an Konzernunternehmen sein. Konkret kann künftig ein Besteuerungsaufschub auch bei einer Beteiligung an dem (inländischen oder ausländischen) Mutterunternehmen des Arbeitgeberunternehmens erfolgen. Das war eine relevante Fußfessel in der bisherigen Praxis und wird den Anwendungsbereich im neuen Jahr spürbar erweitern. Die gesetzgeberischen Modifikationen erlauben weitere strukturelle Möglichkeiten, zum Beispiel Varianten der Beteiligung über Genussrechte. Daher werden sich die Formen der Mitarbeiterbeteiligungssysteme, insbesondere des gehobenen Managements, im nächsten Jahr weiter entfalten.

Digitalisierung und Compliance

Ein leidiges und oft unterschätztes Thema eines aufstrebenden, in einer starken Wachstumsphase befindlichen Unternehmens ist der Aufbau einer eigenen Infrastruktur für Rechnungswesen, Finanzen und Steuern, einschließlich digitaler Prozesse und Tax Compliance-Systemen. Es klingt für ein innovatives und auf die exzeptionelle Geschäftsentwicklung fokussiertes Team wenig interessant, zumal die Gründer und ihre Teams in der Wachstumsphase wahrlich wichtigere Themen haben – so die Annahme. Fakt ist, dass einem dahin gehende Versäumnisse in der Finanz- und Steuerfunktion nicht nur beim Exit auf die Füße fallen können – von empfindlichen Abschlägen beim Kaufpreis bis zu Deal-Breakern in Verhandlungen kann alles passieren. Vielmehr nehmen die gesetzlichen Verpflichtungen der Unternehmen in diesem Bereich zu, und auch die Finanzverwaltung wird zunehmend digitalisiert (in kleinen, aber beständigen Schritten). Die Prüfungsmöglichkeiten werden stetig ausgeweitet. Die Anforderungen steigen, ebenso wie der Dokumentationsaufwand. Dies betrifft insbesondere grenzüberschreitende Sachverhalte, die in jedem innovativen Unternehmen zu finden sind. Bei Nichterfüllung drohen empfindliche Zuschläge und anderweitige Sanktionen. Das wird ein Thema sein, auf das Wachstumsunternehmen frühzeitig reagieren müssen, im nächsten Jahr und darüber hinaus.

Aktivierung von Management Fees

Auch im Bereich der Fondsbesteuerung ist für Dynamik gesorgt. Eine vor wenigen Jahren zur Absicherung eines früheren Besteuerungsansatzes der Finanzverwaltung eingeführte Vorschrift ist zunehmend Gegenstand von Kontroversen. Die Finanzverwaltung vertritt in einigen Fällen eine überschießende Auslegung der Norm, wonach – anders als früher – sämtliche Management Fees eines Venture Capital- oder Private Equity-Fonds aktivierungspflichtig und demnach nicht mehr als sofort abzugsfähiger Aufwand zu berücksichtigen seien. Ein jüngst veröffentlichter Entwurf einer bundeseinheitlichen Verwaltungsanweisung löst dieses Mysterium auch nicht auf. Es ist daher absehbar, dass einschlägige Fälle streitig gestellt werden (müssen), um eine unsachgerechte Besteuerung für die Investoren zu vermeiden. Die Finanzverwaltung könnte die absehbaren Rechtsstreitigkeiten – von denen im Grundsatz jeder Fonds betroffen wäre – durch eine dahin gehende Klarstellung in der finalen Fassung der Verwaltungsanweisung noch abwenden. Das ist wenig wahrscheinlich, aber die Hoffnung lebt.

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Über den Autor:

Andreas Kortendick ist Partner bei YPOG und Practice Group Leader Tax. Er berät steuerlich auf allen Ebenen des Venture-Ökosystems: Fonds, Investoren, Gründer, Unternehmen.