Koalition muss Rahmenbedingungen für Angel Investments verbessern

Dr. Roland Kirchhof & Dr. Ute Günther (BAND)
Dr. Roland Kirchhof & Dr. Ute Günther (BAND)

Bildnachweis: BAND.

Nur wenn wegen der hohen Ausfallraten eine ausreichende Zahl an Startups an den Start geht, kann sich eine breite Startup Szene entwickeln. Für diese Breite spielen Business Angels die zentrale Rolle: Drei Viertel der Finanzierungen von Startups in der Frühphase werden in Deutschland von ihnen gestemmt.

In der letzten Legislaturperiode wurde die Förderung von Angel Investments in der
Frühphase zurückgeführt. Bestes Beispiel ist der Rückbau des INVEST-Zuschusses.
Aufgrund der verschlechterten Rahmenbedingungen für ihr Engagement orientieren sich
viele Angel Investorinnen und Investoren jetzt um. Sie investieren vermehrt im Ausland oder in anderen Asset-Klassen. Im Gegensatz zu Venture Capital Fonds können sie das jederzeit tun und sind nicht an Anlagekonditionen gebunden.

Um die Frühphasenfinanzierung nicht austrocknen zu lassen und das Vertrauen in eine
nachhaltige Unterstützung von Angel Investments wieder herzustellen, hat BAND der neuen
Koalition folgende Verbesserungen vorgeschlagen.

  1. Die Pflicht, die Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen in einem notariellen Vertrag
    beurkunden zu müssen (§ 15 Abs. 3 und 4 GmbHG), gehört abgeschafft und ist
    beispielhaft für überbordende Bürokratie. Dieses Relikt aus dem 19. Jahrhundert
    gibt es nur in Deutschland. Es erschwert Eigenkapitalfinanzierungen, ist
    zeitaufwändig und für die Startups mit oft erheblichen Kosten verbunden.
  2. Das bewährte Programm „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“ wurde in den
    letzten beiden Jahren auf ein Minimum von 15% Förderanteil reduziert, das
    Gesamtvolumen der Investments pro Business Angel wurde stark begrenzt und
    Anschlussinvestitionen wurden von der Förderung ausgeschlossen. Dadurch wird
    Angel-Erfahrung, die für Startups besonders wichtig ist, bestraft. Es sollte zu den
    früheren Konditionen der INVEST-Förderung zurückgekehrt werden.
  3. Sobald weitere Finanzierungsrunden stattgefunden haben, ist es oft sinnvoll, wenn
    Angels ihre Beteiligung im Rahmen eines Secondaries veräußern können. So
    können sie die Erlöse schneller für erneute Investments in der Frühphase nutzen.
    Für Secondaries gibt es in Deutschland bislang keine ausreichenden
    Marktstrukturen. Der Staat sollte daher den Aufbau solcher Programme
    unterstützen.
  4. Der Bund sollte nach dem Muster des ausgelaufenen „European Angels Funds“,
    einen Co-Investment Fonds aufbauen, der gemeinsam mit Business Angels unter
    gleichen Bedingungen investiert. Vorteil wäre ein geringer Personalaufwand des
    Fonds, weil der Business Angel die Beteiligung managt, und Business Angels
    können ihrerseits das Finanzierungsvolumen für das Startup erhöhen.
  5. Das deutsche Steuerrecht ist nicht auf die Problematik ausgerichtet, dass
    einerseits Beteiligungen an einer GmbH – anders als Aktien – nicht fungibel sind
    und andererseits die Geschäftsentwicklung junger Startups einem ständigen
    Wechsel unterworfen ist. Die Folge ist, dass der Erwerb, die Übertragung oder
    Vererbung einer solchen Beteiligung mit teilweise massiven steuerlichen Risiken
    verbunden sind.
  • Die “Dry Income”-Problematik in derartigen Kontexten muss gelöst werden:
    Steuern auf Anteile sollten erst im Zuge eines Liquiditätsereignisses fällig werden,
    denn erst dann sind sie verlässlich werthaltig.
  • Parallel dazu sollte eine Steuerrichtlinie zur Bewertung von Startup-Anteilen den
    risikobehafteten Interpretationsspielraum hinsichtlich des geldwerten Vorteiles bei
    einer Zuteilung von Anteilen aus einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm
    eliminieren.

6. Angels, die als natürliche Personen investieren, versteuern Veräußerungserlöse im
Wege des Teileinkünfteverfahrens zu 60% mit ihrem persönlichen Steuersatz
beziehungsweise im Rahmen der Abgeltungssteuer mit 25%. Dies betrifft etwa die
Hälfte der Business Angels in Deutschland. Mit einem steuerlichen Roll-over sollte
ein Anreiz zum Re-Investment von Exiterlösen in Startups geschaffen werden.
Durch eine Anpassung des § 6 Abs. 10 EStG sollte die Besteuerung eines
Veräußerungserlöses aus einer Beteiligung an einem Startup gestundet werden,
wenn und soweit ein Business Angel als natürliche Person die Veräußerungserlöse
innerhalb von drei Jahren erneut in ein innovatives Startup im Sinne der INVEST-
Richtlinie investiert. Die Stundung würde mit dem Ende der neu eingegangenen
Beteiligung beendet werden.

Business Angels Handbuch von Ute Günther, Dr. Roland Kirchhof (Herausgeber)
Business Angels Handbuch von Ute Günther, Dr. Roland Kirchhof (Herausgeber)

Fazit

Der Business Angels Markt tritt, das zeigen unsere Befragungen, nach dem Rückgang
2023 auch 2024 auf der Stelle. Es wird höchste Zeit, dass die politischen
Rahmenbedingungen wieder besser werden.

Über die Autoren:

Dr. Ute Günther und Dr. Roland Kirchhof sind der Vorstand der Business Angels Deutschland (BAND). Der Verband organisiert die deutschen Angels-Netzwerke, betreibt Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit und fördert die Professionalisierung und Forschung der Szene in Deutschland.