Aktives Engagement bringt Wissenszuwachs
Auch das Versorgungsgeschäft unterliegt dem technischen Wandel, die zutreffende Einschätzung der technologischen Entwicklung bedeutet einen wichtigen Wettbewerbsvorteil. Für eine Optimierung der Geschäfte gilt es, möglichst frühzeitig über bedeutsame Innovationen informiert zu sein. Research allein reicht zur Informationsbeschaffung nicht aus; die neuesten Trends werden am zuverlässigsten durch aktives Engagement aufgespürt. Diese Erkenntnis bewog den Essener Versorgungskonzern RWE, der mit seinen Geschäftsbereichen Energie, Gas, Wasser und Umwelt im Jahr 2003 einen Umsatz von rund 43 Mrd. Euro erzielte, in das VC-Geschäft einzusteigen.
Die Unabhängigkeit gewährleisten
Im Jahr 2001 wurde ein Fonds mit einem Volumen von 50 Mio. Euro aufgelegt. Die Organisationsstruktur wurde konsequent auf die Anforderungen des VC-Geschäfts ausgerichtet. Das Kapital wurde über die RWE Venture Capital Fonds GmbH, die eine reine Holdingfunktion hat, investiert; als Investment-Manager fungiert die RWE Dynamics Venture Capital Management GmbH, die zu 100 % den beiden Geschäftsführern Dr. Dietmar Bauer und Dr. Ulrich Gleissner gehört. Das Management ist damit von den Berichts- und Entscheidungsstrukturen des RWE-Konzerns vollständig losgelöst. Die Unabhängigkeit der Geschäftsführer spiegelt sich auch in ihren Lebensläufen wider: Beide haben ihre Erfahrungen in Unternehmensberatungen, in der Industrie und der VC-Branche – sämtlich außerhalb des Konzerns – gesammelt.
Flexibilität ist Trumpf
Mit der Holding wurde ein Managementvertrag geschlossen, der den Gepflogenheiten der VC-Branche entspricht. „Nur auf Basis unserer Unabhängigkeit haben wir die Möglichkeit, erfolgreich als Frühphasenfinanzierer zu agieren“, sagt Dr. Gleissner: „Wir brauchen schnelle Entscheidungsprozesse, sonst kommen wir nicht zum Zuge und können uns unter anderem auch gar nicht an Syndikaten beteiligen.“ Zwar müssen Investmententscheidungen über mehr als eine Mio. Euro letztendlich von dem vierköpfigen Advisory Board, in dem zwei Sitze von den Konzernvorständen Dr. Klaus Sturany und Jan Zilius besetzt sind, abgesegnet werden. Es ist aber festgelegt, daß eine Entscheidung innerhalb einer Woche getroffen werden muß.
Strategische Vorteile suchen
„Bei einem Fondsvolumen von 50 Mio. Euro hat unsere Performance natürlich keinen spürbaren Einfluß auf die Erfolgsrechnung des RWE-Konzerns“, räumt Dr. Bauer ein, „dennoch ist unser wirtschaftlicher Erfolg notwendige Bedingung für die Nachhaltigkeit des RWE-Engagements im VC-Geschäft.“ Das über den finanziellen Erfolg hinausgehende strategische Interesse des Konzerns richtet sich darauf, frühzeitig zu erfahren, mit welchen neuen Technologien in den Kerngeschäftsbereichen in der Zukunft zu rechnen ist. Zwar ist RWE ein Betreiber und Nutzer von Technologien und steht damit nicht im unmittelbaren Produktwettbewerb, dennoch ist beispielsweise bei Verhandlungen über die Einlizenzierung von Technologien eine genaue Kenntnis der kommenden Innovationen unverzichtbar und kann erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen.
Innovationssprünge finanzieren
Dementsprechend sucht RWE Dynamics Beteiligungen an Unternehmen, die an bahnbrechenden (disruptiven) Innovationen mit Affinität zum Kerngeschäft von RWE arbeiten. Entscheidende Voraussetzung für ein Engagement ist außerdem ein kompetentes und branchenerfahrenes Managementteam. Das entwickelte Produkt sollte einen dringenden Bedarf im Markt befriedigen können, attraktive Margen versprechen und ein skalierbares Geschäftsmodell ermöglichen. Zudem sollte in überschaubarer Zeit der Break-Even erreicht werden können.
Selektion durch Kooperation
Bei der Vorbereitung des Deal-Flow arbeitet RWE Dynamics eng mit der Unternehmensentwicklung des Konzerns zusammen. Die Entwicklungsabteilung beobachtet systematisch den Markt und die Technologietrends, RWE Dynamics identifiziert die „Investment Spaces“ und geht dann aktiv auf die attraktivsten Unternehmen des betreffenden Bereichs zu. Aus dem so und über das Netzwerk der Geschäftsführer generierten Deal-Flow selektiert RWE Dynamics in einem transparenten Ausleseprozeß die attraktivsten Investments. Bei der technischen Beurteilung greift man dabei auch auf die Ressourcen der RWE-Gruppe zurück.
Starthilfe ist unverzichtbar
Bislang wurden vier Beteiligungen eingegangen, die fünfte steht unmittelbar vor dem Abschluß. Damit wäre das Fondsvolumen dann zu etwa einem Drittel investiert. Bei den Beteiligungen besetzt RWE Dynamics regelmäßig einen Sitz im Aufsichtsgremium und versucht, auch unter Rückgriff auf die Ressourcen der Muttergesellschaft, vielfältige Starthilfe zu leisten. Oftmals ist der RWE-Konzern der Türöffner für die jungen Unternehmen und verschafft erste Kundenbeziehungen und Referenzen. „In unseren Branchen sind die Kunden meistens Großunternehmen. Da ist es für Start-ups ganz schwierig, ins Geschäft zu kommen“, erläutert Dr. Gleissner. So hat das Beteiligungsunternehmen Margan Business Development Limited, das eine neuartige Prüfmethode für Druckleitungen von Kraftwerken und chemischen Anlagen entwickelt hat, durch die Verbindung zu RWE die Möglichkeit bekommen, ein Pilotprojekt für den Verband der Großkraftwerkbetreiber abzuwickeln. „Das wäre ohne diese Unterstützung nicht möglich gewesen“, so Dr. Bauer.
Ralf Thielemann
Investitionskriterien RWE Dynamics
– Innovatives High-Tech-Unternehmen
– Affinität zu den Kernaktivitäten von RWE
– Erfahrenes Managementteam
– Kurzer Weg zum Break-Even
– Skalierbares Geschäftsmodell
– 0,5 bis 5,0 Mio. Euro
– Start-up, First und Second Round
– Realistische Unternehmensbewertung