VC Magazin: Apax hat sich über die Jahre auf zunehmend größere Transaktion spezialisiert. Welche Kriterien sollte ein Unternehmen heute erfüllen, damit es für Apax ein interessantes Investitionsobjekt ist?
Näther: Nachdem wir ursprünglich aus der Frühphasenfinanzierung kommen, hat sich ein Kernelement bis zum heutigen Tage erhalten: Der Fokus auf Unternehmen, die Wachstumspotenzial haben. Dieses kann sich aus organischem Wachstum ergeben, aus Anschlussakquisitionen oder einer möglichen Internationalisierung – ein Bereich, in dem wir unsere globale Präsenz ausspielen können. Interessant sind für uns dabei vor allem die Unternehmen, die in unseren Kernsektoren zu Hause sind: Retail/Consumer, Medien, Telecom/Tech, Business/Financial Services oder Gesundheitswesen. In diesen Sektoren haben wir über die letzten 15 Jahre eine ganze Reihe von Deals gemacht und extrem viel Erfahrung gesammelt. Heute jedoch konzentrieren wir uns auf größere Transaktionen, wo wir pro Unternehmen mehr Mittel investieren wollen.
VC Magazin: Welche Art von Deals schließen Sie aus?
Näther: Wir investieren nicht in Restrukturierungen oder Zerlegungen. Auch der Maschinenbau im engeren Sinne, also reines Projektgeschäft, ist nicht unser Gebiet.
VC Magazin: Im Sommer 2006 haben Sie in einem Interview angesichts hoher Einkaufspreise und gestiegener Fremdkapitalanteile bei Übernahmen vor einer Überhitzung des Buyout-Marktes gewarnt. Wie schätzen Sie den Markt heute ein?
Näther: Die Fremdkapitalanteile in Buyout-Transaktionen sind sicherlich noch immer auf dem gleichen hohen Niveau wie im Sommer letzten Jahres. Die Zinssätze haben jedoch schon ein Stück weit angezogen, was einen weiteren Anstieg des durchschnittlichen Verschuldungsgrades sicherlich eher abbremst. Grundsätzlich bleibt es aber dabei: Je höher der Leverage ist, desto geringer ist – unter ceteris paribus-Annahmen – der Raum für Fehler und damit das Risiko.
VC Magazin: Sind die Bewertungen immer noch zu hoch?
Näther: Alles ist relativ: Natürlich erscheinen die Bewertungen hoch, aber im Vergleich zu Bewertungen aus dem Jahr 2000/2001, wo beispielsweise H&M mit 30x EBITDA an der Börse gehandelt wurde, sind sie niedrig. Ganz generell kommt es derzeit aber sicherlich noch stärker als in der Vergangenheit darauf an, operativ wirklich Mehrwert zu leisten und das Geschäft auf der Ergebnisseite konsequent zu verbessern.
VC Magazin: Marktbeobachter erwarten, dass Ihr aktuell im Fundraising befindlicher Fonds ein Volumen von 11 Mrd. Euro erreichen könnte, womit er der größte jemals in Europa aufgelegte Private Equity-Fonds wäre. Wo liegt der Anreiz, das Fondvolumen immer weiter zu steigern? Ist der Wettbewerb der Private Equity-Investoren bei den größeren Deals geringer?
Näther: An geringerem Wettbewerb liegt es sicher nicht. Es gibt vielleicht weniger Wettbewerber, aber die sind um so ernster zu nehmen und agieren sehr professionell. Bei uns ist der Hintergrund eher, dass wir in der Vergangenheit viele Transaktionen syndiziert haben, die wir zukünftig alleine machen können, um für unsere Investoren den kompletten Ertrag zu erwirtschaften. Insofern ändert sich weniger, als man zunächst annehmen würde.
VC Magazin: Wann ist ein Syndikat wünschenswert?
Näther: Neben dem Finanzierungsvolumen können auch sich ergänzende Beiträge zur zukünftigen erfolgreichen Entwicklung eines Unternehmens ein Grund für ein Syndikat sein. Beispielsweise könnten wir eine ganz besondere Erfahrung auf der Vertriebsseite in einem bestimmten Land einbringen, die für das Unternehmen wichtig ist, während eine andere Beteiligungsgesellschaft z. B. ihr spezifisches Produktions-Know-how beisteuert.
VC Magazin: Bei der Übernahme von Kion waren neben der Höhe des Kaufpreises auch Zusicherungen an Standorte und Mitarbeiter eine Voraussetzung für den Zuschlag an KKR. Könnte das Beispiel Schule machen?
Näther: Generelle Absichtserklärungen waren auch vorher schon Gang und Gäbe. Dabei muss man unterscheiden, ob sie die Profitabilitätsentwicklung eines Unternehmens behindern oder nicht. Im zweiten Fall werden sie einfach in den Kaufpreis einkalkuliert, dann lässt sich das ohne weiteres machen.
VC Magazin: Apax würde solche Zugeständnisse also ebenfalls machen?
Näther: Ja.
VC Magazin: Eine andere Entwicklung ist in UK zu beobachten, wo sich vor wenigen Wochen beispielsweise CVC Capital Partners feindliche Übernahmen explizit von ihren Investoren erlauben ließ. Ist das ein Thema, das an Bedeutung gewinnen könnte?
Näther: Generell ja, wobei es auf das Verständnis des Begriffs der feindlichen Übernahme ankommt. Gegen die Hauptgesellschafter und gegen das Management kann ich mir kaum vorstellen, dass man überhaupt auf die Idee kommen könnte, so etwas zu versuchen. Es gibt aber so viele Spielarten; welcher Sachverhalt liegt beispielsweise vor, wenn ein Mehrheitsaktionär gegen den Willen des Managements verkaufen will? Kann man dann noch von einer feindlichen Übernahme sprechen?
VC Magazin: Also wäre eine feindliche Übernahme auch durch Apax denkbar…
Näther: Nein, wir machen keine feindlichen Übernahmen.
VC Magazin: Anderes Thema: Sie haben vor kurzem ein Büro in Indien eröffnet. Welche Chancen sehen Sie in diesem Markt?
Näther: Wir versuchen in Indien Unternehmen zu finden, die gemeinsam mit europäischen oder amerikanischen Unternehmen globale Strategien umsetzen können. Es gibt einige Branchen, wo der Vorteil der indischen Industrie auf der Hand liegt, z. B. in der pharmazeutischen Industrie oder in verschiedenen Produktionsbereichen. Da sind viele Varianten vorstellbar, bei denen Zusammenschlüsse zwischen indischen produzierenden Unternehmen und europäischen Unternehmen, die den Zugang zu einem attraktiven Markt haben, eine Menge von Synergien freisetzen würden.
VC Magazin: Mit Tommy Hilfiger haben Sie im letzten Jahr einen börsennotierten Modekonzern übernommen. Wären solche Transaktionen grundsätzlich auch in Deutschland denkbar?
Näther: Diese sind denkbar, keine Frage – das aktienrechtliche Umfeld in Deutschland ist jedoch restriktiver als im angloamerikanischen Raum und in UK. Allein die Tatsache, dass Sie für ein komplettes Delisting 95% Zustimmung benötigen, zeigt, dass die Hürden für Public-to-Private-Transaktionen höher sind als in anderen Ländern. Trotzdem ist das ein Feld, auf dem auch wir uns bewegen.
VC Magazin: Wenn Sie auf das Buyout-Jahr 2007/2008 blicken. Wie werden sich die aktuell aufgelegten Fonds entwickeln: Gibt es Wolken am Horizont, bleiben die Returns so hoch – oder wird es gar noch besser?
Näther: Die Gruppe der großen etablierten Buyout-Häuser wird ihren Weg weitergehen. Die Transaktionen, die sich auch für 2007 anbahnen, deuten wieder auf ein interessantes Jahr hin. Ganz generell wird die Fähigkeit unserer Branche, als solches noch größere Transaktionen stemmen zu können, dazu führen, dass immer größere Unternehmen von Buyout-Fonds akquiriert werden.
VC Magazin: Auch in Deutschland?
Näther: Auch in Deutschland – Warum soll es Transaktionen wie den Kauf des Telekomkonzerns TDC in Dänemark nicht auch bei uns in Deutschland geben?
VC Magazin: Herr Dr. Näther, vielen Dank für das Interview!
andreas.uhde(at)vc-magazin.de