VC-Magazin: Beobachten Sie gegenwärtig eine Zunahme der Anzahl der Restrukturierungsfälle im Small- und Midcap-Bereich?
Fuchs: Im zweiten Halbjahr 2007 sind vermehrt Sub-Investment-Grade-Fälle aufgetaucht, bei denen die Finanzierung der absolut kritische Faktor ist. Die Schwierigkeit liegt für diese Unternehmen meist nicht darin, einen Eigenkapitalsponsor zu finden – hier gibt es nach wie vor ein Überangebot –, sondern darin, die Fremdkapitalgeber zu überzeugen.
Ludes: Auch wir sehen einen deutlichen Anstieg in diesem Bereich. Der Grund liegt vor allem in der Eintrübung der mittelfristigen Konjunkturaussichten, Gesellschafter von nicht so gut laufenden Unternehmen handeln jetzt. So setzt sich die Meinung durch: Lieber schnell noch verkaufen, als den nächsten Abschwung mitnehmen.
VC-Magazin: Gibt es ausreichend viele mit Turnaround-Situationen erfahrene Private Equity-Investoren in Deutschland?
Ludes: Auf jeden Fall hat der Markt deutlich zugenommen. Vor drei, vier Jahren konnte man diejenigen, die in Special Situations in Deutschland investiert haben, an einer Hand abzählen. Heute sind es mindestens 15 Gesellschaften. Hinzu kommen seit kurzem noch die Investmentbanken, die den Markt von der Debt-Seite angehen.
Fuchs: Zuletzt war tatsächlich eine Inflation von Special Situations-Investoren zu beobachten. Grundsätzlich ist das positiv, weil in diesem Segment noch viel Wert gehoben werden kann: Die Kaufpreise sind niedriger als bei gesunden Unternehmen, wodurch der Renditehebel im Erfolgsfall deutlich höher ausfällt. Allerdings muss sich auch hier über die Zeit beweisen, welche der Special Situation-Investoren letztendlich tatsächlich über Turn-around-Erfahrung verfügen, um Fälle drehen zu können.
VC-Magazin: Werden auch Unternehmen aus Private Equity-Besitz zunehmend in Schieflagen geraten, weil sie zu aggressiv finanziert wurden?
Ludes: Davon gehe ich aus. Die ersten „Breaches of Covenants“ haben wir in diesem Jahr bereits gesehen. Private Equity-Investoren handeln jedoch relativ rational und treten daher verstärkt als Verkäufer auf.
Fuchs: In den letzten drei Jahren war die Quote von strauchelnden Portfoliounternehmen sehr gering. Wenn der Markt schwieriger wird, wonach es 2008 aussieht, werden einige in eine deutliche Schieflage kommen und möglicherweise umfallen. Zahlreiche Fälle werden auch aus den standardisierten Mezzanine-Programmen geraten, wo ab 2009 erste Rückzahlungen fällig werden. Die genutzten Programme gibt es größtenteils nicht mehr, und sie werden zu diesen Konditionen auch nicht mehr kommen. Die Refinanzierung wird viele Unternehmen dazu zwingen, Eigenkapital aufzunehmen. Wer schon heute absehen kann, dass die Rückzahlung problematisch werden wird, sollte sich mit mindestens sechs bis neun Monaten Vorlauf um eine Strategie kümmern. Nur so kann er frühzeitig Alternativen aufbauen. In der Not und unter Zeitdruck wird es deutlich schwieriger – und falls es doch klappt, sehr viel teurer.
VC-Magazin: Wird diese Entwicklung sinkende Unternehmensbewertungen nach sich ziehen?
Fuchs: Das halte ich für wahrscheinlich. Firmen, die sich in den letzten Jahren als letztmögliche Finanzierungsform stark auf Programm-Mezzanine verlassen haben und sich gleichzeitig nicht deutlich in der Performance/Profitabilität verbessert haben, werden besonders unter Druck stehen. Bei diesen Firmen ist die Notwendigkeit, über Eigenkapital zu finanzieren, sehr hoch.
Ludes: Die hohen Bewertungen sind auf die Finanzierungsbereitschaft der Banken zurückzuführen, weshalb nun mit Sicherheit von Rückgängen auszugehen ist.
VC-Magazin: Was würden Sie einem Unternehmer raten, der sich in einer Krisensituation befindet?
Fuchs: Er sollte frühzeitig externe Berater konsultieren, die auf der operativen Ebene analysieren, was im Unternehmen falsch läuft. Wenn er finanziell stabil aufgestellt ist, kann das schon reichen, um die Lage in den Griff zu bekommen. Sobald jedoch Zahlungen fällig werden, kommen Corporate Finance-Häuser wie wir ins Spiel. Wir sind kein M&A-Berater, werden also alles dafür tun, um einen Verkauf zur Unzeit – was eine Krisensituation zweifellos ist – zu vermeiden. Wir versuchen, die Finanzierung zu restrukturieren, um zusätzliche Mittel freizusetzen. Das kann beispielsweise über neue Finanzierungspartner oder auch über neue Finanzierungsinstrumente wie Leasing und Factoring gelingen; wenn das nicht reicht, auch über eine Kapitalerhöhung. Hierfür einen Partner zu finden, stellt normalerweise kein Problem dar – die Frage ist eher, ob der Unternehmer für diesen Schritt bereit ist.
Ludes: Wenn sein Unternehmen zwischen 50 und 500 Mio. Euro Umsatz macht, würde ich ihm raten, mit EQT Opportunity zu sprechen.
VC-Magazin: Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Andreas Uhde.
Zu den Gesprächspartnern
Arno Fuchs ist Gründer und Geschäftsführer der FCF Fox Corporate Finance GmbH mit Sitz in München. Als Finanzierungsspezialist ist FCF auf die Beratung von Small- und Midcap- Unternehmen spezialisiert. Dr. Ernst Ludes ist als Partner für den Opportunity Fund der Private Equity-Gesellschaft EQT verantwortlich. Der skandinavische Finanzinvestor verwaltet rund 11 Mrd. Euro über elf Fonds und unterhält u. a. Büros in Frankfurt und München.